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Tag vor einem Jahr

Titel: Tag vor einem Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Geraghty
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Freitagabend Süßigkeiten mit nach Hause brachte? In einer braunen Papiertüte? Trigger-Schokoriegel und Kokosnuss-Marshmallows und Tayto-Käse-Zwiebel- Chips und flaschenweise TK-Limo. Es ist witzig, an welche Sachen man so denkt, wenn man Zeit hat.
     
    Alles Liebe, dein Patrick
XX

19
    Gegen zehn kam ich von Clare zurück. Caroline war noch nicht da, aber die Spur ihrer Vorbereitungen für das Blind Date zog sich bis ins Wohnzimmer. Offensichtlich war sie bei der Wahl der Oberbekleidung ziemlich unentschlossen gewesen. Bündel von Blazern, Mänteln und Strickjacken lagen über jedem verfügbaren Möbelstück. Angesichts der gähnenden Leere am Gardarobenständer fiel mir auf, dass sie sich schließlich für meine schwarze Lederjacke entschieden hatte.
    Ich packte die Rückseite der Couch und kippte sie so weit nach vorne, bis die Kleider, die darauf lagen, mit einem weichen Plumps auf den Boden fielen. Danach köpfte ich eine Flasche Bier, legte mich auf die Couch und angelte nach der Fernbedienung. Natürlich konnte ich sie nicht finden. Danach zu suchen, hätte allerdings Mühe und Geduld verlangt, beides konnte ich aber nicht aufbringen. Ich warf mich auf das abgenutzte Leder der Couch zurück, zündete mir eine Zigarette an und hauchte lautlos in die Dunkelheit des Zimmers hinein.
    Das Licht hatte ich ausgemacht, um meinen Verstand zu überlisten. Er sollte nicht glauben, dass die Wohnung wie am Ende des Winterschlussverkaufs bei A-Wear aussah. Es funktionierte. Ich mochte die Dunkelheit, sie beruhigte mich. Schließlich drangen entfernte Geräusche durch die Stille: das Knacken der alten Korridordielen, dass Rauschen des Wassers in den Rohren. Mr Jerkins Husten hatte
sich verschlimmert, wie ich an seinem feuchten Bellen hören konnte, als er vom Bingo zurückkam. Er spielte jeden Mittwochabend Bingo und war hingerissen von der Ausruferin, deren Namen er sich weigerte bekanntzugeben. »Eine zerbrechliche Person«, erklärte er, »eine wirkliche Dame.« Den Geräuschen von unten nach zu urteilen, schien es, als sei der alte Mann einmal mehr daran gescheitert, sie zu überreden mitzukommen, um sich seine Briefmarkensammlung anzusehen (er hatte wirklich eine). Ich schnippte ein beeindruckend langes Stück Zigarettenasche in den kleinen Kreis des Bierdeckels. Das schrille Piepsen meines Handys durchschnitt die Dunkelheit des Zimmers und ließ mich aufschrecken. Es war eine SMS von Ethan.
    Wie wäre es morgen mit Mittagessen, falls du nicht zu beschäftigt und wichtig bist? 13 Uhr? Üblicher Ort?
    Ich hatte meine neue Stelle noch nicht angetreten, aber dies hielt meine Freunde und Kollegen offensichtlich nicht davon ab, über meinen höheren Status herzuziehen. Ich tat zwar verärgert, insgeheim genoss ich es aber, war ich doch noch nie zuvor befördert worden. Ich smste zurück:
    Ich bin schrecklich wichtig, aber nicht sonderlich beschäftigt. Wir sehen uns um 13 Uhr.
    Die Stelle fing tatsächlich am nächsten Montag an. Der Nachteil daran war, dass ich eng mit der EDV-Abteilung zusammenarbeiten würde. Das bedeutete Bernard O’Malley, und das wiederum bedeutete ein Gefühlschaos aus Schuldgefühlen, Anspannung und etwas, das sich wie Schmetterlinge in meinem Bauch anfühlte, was mich wieder
geradewegs auf das Schuldgefühl zurückbrachte. Ich hatte mich bereits entschlossen, Shane nichts von meiner Untreue zu erzählen, doch jetzt fragte ich mich, ob ich das schaffen würde.
    Ich nahm einen Schluck Bier. Es war von meinen heißen Händen, die die Flasche hielten, warm geworden. Wenn ich es Shane erzählte, würde er nie wieder ein Wort mit mir sprechen. Daran bestand absolut kein Zweifel. Es war allerdings ziemlich heikel, unter solchen Umständen eine Beziehung mit jemandem aufrechtzuerhalten. Wenn ich es Shane nicht erzählte, würden mich Schuldgefühle und Scham auffressen. Mir blieb nichts anderes übrig. Wie man sich bettet, so liegt man. Ich hatte mich gebettet, hatte darin gelegen und Sex gehabt – drei Mal. Jetzt war es an der Zeit aufzustehen, die Bettwäsche zu wechseln, die Kissen aufzuschütteln und rechtzeitig vor Shanes Ankunft am Freitag das Deckbett aufzuschlagen. Das war meine Chance, vielleicht die letzte. Ich würde sie verdammt nochmal nicht verspielen. Ich ging zu Bett und träumte.
    Ich bin ein rosafarbenes und gelbes Einhorn, der Wildnis entrissen und in ein Pinguingehege des Dubliner Zoos gesperrt. Eine Frau mit Kopfhaar wie ein Vogelnest zeigt auf mich und lacht das Lachen eines

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