Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tag vor einem Jahr

Titel: Tag vor einem Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Geraghty
Vom Netzwerk:
bösen Geistes. Shane geht mit Bernard O’Malley vorbei, beide sind in ihre Unterhaltung vertieft, beide nicken. Keiner von beiden bemerkt mich, obwohl ich so laut wiehere, wie ich nur kann. Die Pinguine planen, sich bis zur Antarktis durchzugraben und fragen mich, ob sie sich mein Horn ausleihen können, das sich wie ein Phallus aus der Mitte meiner Stirn erhebt. Unter einer uralten Eiche küsst Patrick Caroline. Ich schüttle meine Mähne, mache ein
paar Schritte nach hinten und bleibe stehen. Jetzt laufe ich auf eine Ecke des Geheges zu. Meine Mutter befindet sich dort, allerdings ist sie eine Fledermaus mit Flügeln an den Hüften, die aussehen wie Hände. »Typisch Grace«, sagt sie mit hoher, dünner Stimme. »Muss immer im Mittelpunkt des Interesses stehen.« Sie hebt ihre Flügel und bewegt sie langsam auf und ab, ihr Körper hebt sich vom Boden. Sie ist jetzt ein Raubvogel und keine Fledermaus mehr. Ich laufe schnell, und die Welt verschwimmt, so wie sie es tut, wenn man sich zu schnell durch sie hindurchbewegt. Ich falle lange Zeit, erreiche nie den Boden.
    Ich wachte mit einem Ruck auf und fühlte mich erleichtert (Ich war kein suizidgefährdetes Einhorn.) und verwirrt (Was verdammt nochmal sollte das alles bedeuten?).
    Caroline war bereits zum Flughafen unterwegs, sie nahm den Nachtflug nach London, um an einer zweitägigen Versicherungskonferenz teilzunehmen. In ihrer neuen Stellung als Schadensmanagerin bei einem unserer Hauptkonkurrenten erwartete man von ihr, dass sie an solchen Veranstaltungen teilnahm. Vor ein paar Monaten war sie von der Konkurrenz abgeworben worden, und der Chef war noch immer nicht darüber hinweggekommen, vor allem seit er entdeckt hatte, dass sie eine kleine, aber gewinnbringende Gruppe von Kunden mitgenommen hatte.
    Sie hatte auf dem Küchentisch eine Nachricht für mich hinterlassen.
    Das Blind Date gestern Abend lief besser als erwartet. Tatsache ist, dass es sogar noch besser war als das! Verrate dir alles, wenn ich dich wiedersehe. Glaube, dass ich verliebt sein könnte!!! Habe keinen
Hunger (obwohl ich ehrlicherweise sagen muss, dass es 5 Uhr an einem Scheißmorgen ist). Trotzdem lächle ich heute Morgen, was ich, wie du ja nur zu gut weißt, im Allgemeinen selten vor dem Nachmittag mache. Ich habe ihn gefragt, ob wir uns am Samstagabend wiedersehen (Kannst du das glauben???). Bleibe eine zusätzliche Nacht in London (zum Einkaufen natürlich). Komme am späten Samstagnachmittag nach Hause. Cats
     
    PS. Okay, okay, er ist nicht unbedingt im klassischen Sinne gut aussehend, und sein Kleidergeschmack ist eindeutig ein Hilfeschrei. Aber seine Stimme ist so weich, und in seinen Grübchen könnest du paddeln. Warte, bis du ihn kennenlernst. Du wirst ihn lieben.
    Ich bereitete mir ein komplettes irisches Frühstück (Tasse Tee und eine Fluppe), bevor ich mich am Küchentisch niederließ und die Nachricht noch einmal las. Nein, da gab es nichts misszuverstehen. Caroline hatte das Wort »verliebt« in der hastig hingekritzelten Nachricht geschrieben, und obwohl da ein »glaube« und ein »könnte« im selben Satz standen, befand sich da das Wort »lieben«, so rein und leuchtend wie ein Einhorn in einem Pinguingehege.
    Seit ich Caroline kannte, hatte sie nie eine länger andauernde Beziehung gehabt. Sie war eine Seriendaterin und trieb in dem unverbindlichen Versuch, den Richtigen oder sogar den einzig Richtigen zu finden, von Abendessen über Kinobesuche zu linksgerichteten Theatervorstellungen.
    Meine Theorie zu dieser lahmen Liste von Möchtegernbewerbern basierte auf den zwei S: Schönheit und Scharfsinn. Eine tödliche Kombination, bei der sich ein erwachsener Mann vor Angst bepinkeln konnte. Caroline hatte
keine Ahnung von der verheerenden Wirkung, die ihre körperliche Gegenwart auf diese gewöhnlichen Sterblichen hatte. Wie schade! Schön zu sein, und es noch nicht einmal zu wissen. So etwa musste es sein, wenn man Billionär ist und glaubt, bei der Bank das Konto überzogen zu haben. Wäre ich schön, würde ich viel Zeit zu Hause verbringen und mich in Spiegeln bestaunen. Ich würde Fotos von mir machen und sie Gefangenen schicken, die im Todestrakt sitzen, um sie angesichts ihres bevorstehenden Todes aufzumuntern.
    Ich fragte mich, wer der Knabe wohl sein mochte. Vielleicht hatte Caroline ja Recht. Vielleicht war er der Richtige. Dieser Gedanke setzte sich in mir fest und bereitete mir Unbehagen, wie ein Kebab, den man nach Mitternacht auf einen mit Bier vollen Magen

Weitere Kostenlose Bücher