Tag vor einem Jahr
Schlafzimmer
Kleider vom Boden aufheben und in eine hängende Position bringen (z. B. im Kleiderschrank) oder in den Waschkorb oder unter das Bett, wenn Kleiderschrank / Waschkorb voll sind
Wechseln der Betttücher / Bettdecke / Kissenbezüge
Staubsaugen, aber nur, wenn unbedingt notwendig
Die Wohnung fühlte sich schon sauberer an, und ich entschloss mich zu einem schnellen Kaffee, bevor ich weitermachte. Nach zwei Zigaretten, einer Tasse Kaffee und einem kleinen Tanz rund um die Küche (Tom Dunne spielte Kate Bushs »Wuthering Heights«, und ich kann das Lied nicht hören, ohne diese Arme-und-Haare-Show abzuziehen) ging ich an die Arbeit. Hausarbeit ist ein bisschen wie Zähneziehen. Das Vorgefühl ist immer so viel schlimmer als die eigentliche Sache. Ich bleichte und polierte und staubsaugte und scheuerte und wischte Staub und klopfte den Dreck aus Teppichen und Fußmatten, und dann musste ich wegen all dem Dreck, der aus den Teppichen und Fußmatten gefallen war, nachdem ich ihn aus Teppichen und Fußmatten geklopft hatte, wieder staubsaugen und Staub wischen.
Um neun war die Wohnung nicht wiederzuerkennen, und zwar im positiven Sinn. Saubere Wäsche hing über dem Ständer, die Waschmaschine krümmte sich unter der Last der dritten Ladung, und die Wäschemangel präsentierte stolz zwei ordentliche Stapel frisch gebügelter Kleidungsstücke: einer für Caroline und der andere für mich.
Ich dagegen lag auf dem Sofa, nur noch die Hülle meiner Selbst mit wirren Haaren. Meine Hände waren rissig und trocken. Der Geruch von Bleichmitteln umwehte mich, wenn ich mich bewegte, und ich klebte vor Schweiß. Dennoch, man konnte sein Abendessen aus der Kloschüssel essen und man konnte sich mangels der Nahrungsmittelreste, die sich zuvor zwischen den Kissen gesammelt hatten, nun hungrig zur Couch begeben. Hätte ich die Kraft dazu gehabt, hätte ich gelächelt.
Jeder Posten auf meiner Liste war abgehakt, in beiden Schlafzimmern leuchteten aus Vasen (eine angeschlagen, die andere eigentlich ein Bierglas) frische Blumen aus dem Garten, und es bestand kein Zweifel daran, dass das auf dem Boden des Wohnzimmers ein Teppich war, und zwar in einem feinen Beigeton. In der Wohnung gab es nichts, über das Shane sich beschweren konnte. Na ja, vielleicht eine Sache: Flüchtig hatte ich mein orangefarbenes Spiegelbild im Kugelbauch des Wasserkessels gesehen. Mein Telefon klingelte auf der Ablage und lenkte mich von der Farborgie auf meinem Gesicht ab. Es war eine SMS von Caroline:
Diese ganze Arschkriecherei und Bauchpinselei hat mich völlig erledigt. Kann’s kaum erwarten, heimzukommen. Hab unseren Chef heute gesehen. Sieht immer noch angefressen aus, wenn er mich sieht, so als hätte ihm einer in die Suppe gepinkelt und es zugegeben, nachdem er den Teller ausgeleckt hatte. Bis Samstag.
Alles Liebe, Cats
XX
Ich lächelte hinterhältig. Der Chef hatte sich, anders als letztes Jahr, wo er Caroline dorthin mitgenommen hatte, nicht auf die Londoner Konferenz gefreut. Damals führte er sich auf wie eine Katze, die eine Schüssel Sahne und dazu eine sich am Rand tummelnde italienische Mäusefamilie bekommen hatte. Caroline war bis dahin unser Star unter den Schadenssachbearbeitern gewesen, und der Chef genoss es, sie wenigstens einmal im Jahr vor unseren wichtigsten Kunden zur Schau zu stellen. Er nahm sie zur letztjährigen Konferenz aus folgenden Gründen mit:
Caroline war nicht einfach nur gut in ihrer Arbeit. Sie war brillant. Sie war das wandelnde ABC des Versicherungsgesetzes, ihre detektivischen Fähigkeiten ließen Inspector Morse wie einen Schwachkopf aussehen, und sie konnte einen Schadensanspruch bis auf einen Cent genau einschätzen.
Wenn unsere Kunden erst einmal ihr anfängliches Entsetzen über ihr resolutes Auftreten überwunden hatten, beteten sie Caroline an.
Caroline war wunderschön, und der Chef liebte es, mit diesem bezaubernden Wesen an der Seite die Straßen von London entlangzustolzieren. Obwohl sie normalerweise zwei Schritte vor ihm lief und er Mühe hatte mitzuhalten. Ich stellte mir seine stolzgeschwellte Brust vor, als er die neidischen (ungläubigen) Blicke der männlichen Bevölkerung von London zählte, während sie unterwegs waren.
Wenn Caroline in London war, übernachtete sie bei Freunden, sodass der Chef, der bis zu einem gewissen Grad geizig war, sein Reisebudget nicht für ihre Übernachtungskosten strapazieren musste. So war es für ihn in jeder Hinsicht eine
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