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Tage des letzten Schnees: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)

Tage des letzten Schnees: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)

Titel: Tage des letzten Schnees: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Costin Wagner
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Hinter der Windschutzscheibe, weit entfernt, hing ein Flugzeug im Blau des Himmels, und das Haus von Ari und Virpi stand, wo es immer gestanden hatte, unter der Abendsonne am Rand des Waldes, als sie ankamen.
    Im Garten lachende Menschen, Girlanden, Luftschlangen und ein Grill, aus dem Rauch aufstieg. Kirsti stieg aus. Begann zu laufen, hielt inne, kehrte zurück. Öffnete die Beifahrertür.
    »Kommst du?«, fragte sie.
    »Sicher«, sagte Lasse Ekholm.
    Er lief hinter Kirsti auf das Haus zu, konzentrierte sich darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzen, und sah sie laufen, mit zielgerichteten Schritten. Aliisa, die Tochter der Kauppinens, rannte im Garten mit Markku, dem Sohn der Lövgrens, um die Wette. Schallendes Lachen, als Markku Aliisa zu fassen bekam, und Virpi Kauppinen kam ihnen entgegen, die Arme zur Begrüßung ausgestreckt.
    »Da seid ihr ja!«, rief sie. Eine Spur zu laut, ihr Lächeln ein wenig zu breit. Virpi umarmte Kirsti, und Lasse Ekholm stellte sich vor, Kirsti zu umarmen.
    Im Garten warteten die Gäste. Lächelnd. Ari löste sich vom Grill und kam auf sie zu, der Druck seiner Hand war fest, und Marisa Lövgren, die Frau seines Kompagnons, stand im Hintergrund, kaum merklich den Kopf schüttelnd, als wolle sie zum Ausdruck bringen, dass sie irgendetwas nicht glauben könne, nicht glauben wolle, was auch immer. In jedem Fall der Ausdruck des Bedauerns auf ihrem Gesicht, kaum merklich, aber sichtbar, und Lasse Ekholm dachte, dass es nicht zur Sprache kommen würde. Das, woran alle dachten. Einen Abend lang erfolgreich um die Lücke herum sprechen.
    Marisas Hand lag schlaff in seiner, und ihre Stimme brach, als sie ansetzte, um etwas zu sagen. Sie räusperte sich und schwieg, und Aliisa, die Tochter der Kauppinens, näherte sich unschlüssig und wendete sich ab, als Ekholms Blick ihre Augen streifte. »Ich geh rein zu Markku, der wollte mir was am Laptop zeigen«, rief sie und verschwand im Haus.
    Virpi drückte Ekholm ein Glas in die Hand. Ari begann, einen Toast auszusprechen. Kirsti stand ihm gegenüber und lächelte erstarrt.
    »Ich freue mich, dass ihr alle heute gekommen seid«, sagte Ari Kauppinen. »Ich freue mich sogar sehr darüber. Ich möchte, dass wir heute und jetzt auf diese Freundschaft trinken. Und … ganz besonders auf Kirsti und Lasse. Darauf, dass ihr beide heute … hier seid … bei uns …«
    Er schwieg. Alle hoben ihre Gläser, tranken. Die Kinder rannten wieder durch den Garten, Aliisa rutschte aus, fiel, schmiss fast den Grill um, und Virpi rief:
    »Seid bitte vorsichtig!«
    Die Kinder reagierten nicht, rannten weiter.
    »In Oulu hat sich ein Mädchen Verbrennungen zugezogen bei einem Grillfest. Das stand heute im …«
    Ari runzelte die Stirn, Virpi hielt inne, die Stille breitete sich aus, schneller als sonst in den Pausen zwischen Sätzen.
    Kirsti half Virpi und Marisa dabei, den Tisch zu decken, und Lasse Ekholm stand neben Ari Kauppinen und Sven Lövgren und versuchte die Worte aufzufangen, die Ari sprach, aber es gelang nicht. Er sah Kirsti lachen, hell, verzerrt, ein Teller fiel ihr aus der Hand, Ekholm hörte das kurze, dumpfe Klirren in dem Moment, in dem der Teller zersprang.
    »Kein Problem, ich mache das«, rief Virpi.
    Marisa lachte, Kirsti lachte. Virpi fegte die Scherben auf, lachend.
    »Die Frauen amüsieren sich«, sagte Ari Kauppinen, und Ekholm hatte den Eindruck, dass das Gewicht des Glases in seiner Hand zunahm, es wurde schwer und schwerer. Er nahm einen Schluck, das Getränk prickelte wie Brause, er ging ins Badezimmer, verschloss die Tür und schüttete alles in den Ausguss.
    Als er zurückkehrte, rief Virpi: »Zu Tisch! Es gibt Fondue, und wer davon nicht genug bekommt, wird von unserem passionierten Grillmeister Ari mit Sonstigem versorgt.«
    Ekholm setzte sich neben Kirsti und hielt einen Spieß mit Fleisch in brodelndes Öl. Kirsti reichte die Salatschüsseln an, Ari erzählte von einem Urteil, das gesprochen worden war, und Ekholm gelang es endlich, nach den Worten zu greifen, die Ari sprach. Ein Urteil, das Aris Mandanten freigesprochen hatte von Schuld, Ari sprach verklausuliert, den Mandanten nannte er X, den Anwalt Y, den Fall – Tötungsdelikt, Eifersuchtsdrama – wollte er nahebringen.
    Ekholm hörte zu und dachte, dass er Ari Kauppinen mochte. Vermutlich würde Ari den Fall gewinnen. Ihren Fall. Falls der Blitz, das Licht, das aus dem Nichts gekommen war, irgendwann einer Person würde zugeordnet werden können. Was möglicherweise

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