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Tage des letzten Schnees: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)

Tage des letzten Schnees: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)

Titel: Tage des letzten Schnees: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Costin Wagner
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Kontext zu bringen, vielleicht sogar sanft abzumildern.
    Vielleicht bildete Lasse Ekholm sich das ein, vielleicht war es Zufall, aber es erschien ihm einleuchtend. Auch dass er jedes gesprochene Wort auf Kirsti und sich bezog und auf Anna, wunderte ihn nicht, er hatte gewusst, dass es so kommen würde. Kirsti neben ihm lachte schrill auf.
    »Hoppla!«, rief Sven.
    »Markku!«, rief Marisa.
    Der kleine Markku war vom Stuhl gefallen. Ekholm hatte den Aufprall nicht gehört. Sven Lövgren grinste schief, Virpi kicherte, und Kirstis Lachen mündete in ein Prusten. Sie leerte ihr Glas.
    Er wollte sie umarmen.
    Er versuchte, nach ihrer Hand zu greifen, unter den Tisch, aber er konnte sich nicht bewegen. Er sah dem kleinen Jungen dabei zu, wie er sich aufrappelte. »’tschuldigung …«, murmelte er. Sein Gesicht war gerötet, er setzte sich wieder.
    »Nichts passiert«, sagte Marisa.
    Dennoch hatte der Aufprall, den Lasse Ekholm nicht gehört hatte, Stille ausgelöst. Alle schienen sich, mit einem Schlag, daran erinnert zu haben, dass sie nicht lachen durften.
    Virpi fragte ihn, in die Stille hinein, ob er wieder angefangen habe zu arbeiten. Die Frage hallte nach, bis wieder Stille herrschte, und es fiel ihm schwer, sie zu beantworten. Es war keine schwierige Frage. Er war Virpi dankbar dafür, dass sie sie gestellt hatte. Er war allen dankbar für das, was sie taten. Sie versuchten, es richtig zu machen, jeder auf seine Weise.
    Sein Blick streifte die Kinder, Aliisa und Markku, die sich aufgerichtet hatten und den Atem anzuhalten schienen. Sven Lövgren hielt den Blick gesenkt, Marisa war aufgestanden und fragte leise, ob sie vielleicht noch Wein nachschenken könne. Sven, sein Kompagnon, fixierte ihn. In seinem Blick war Sorge. Sven kannte die Antwort natürlich, aber er war dennoch gespannt darauf, was Lasse Ekholm sagen würde.
    Ekholm spürte Kirstis Hand in seiner.
    »Nein«, sagte er.
    Virpi nickte.
    »Nein, es ist … noch nicht die Zeit. Ich brauche noch«, präzisierte er.
    Virpi nickte wieder.
    »Ich muss da wirklich Sven sehr … danken«, sagte er und suchte Sven Lövgrens Augen. Sven saß schweigend, und Ekholm sagte: »Ich bin ab und zu im Büro, aber im Moment sicher eher Belastung als … jedenfalls, an dieser Stelle, danke, Sven.«
    Lövgren nickte, und Kirsti sagte: »Ich bin im Moment beruflich ziemlich viel beschäftigt, insofern … für mich ist es … ein Weg, auf dem ich gehen kann … es … lenkt ab … es läuft ganz gut.« Ihre Stimme klang fremd in Ekholms Ohren, vielleicht, weil sie beide für recht lange Zeit mit niemandem gesprochen hatten, außer mit sich selbst.
    Er hörte Kirsti erzählen. Manchmal machte sie eine Pause, dann warfen die anderen Fragen ein, erleichtert, weil Kirsti einen guten, einen stabilen Eindruck machte, und Kirsti sprach und trank von ihrem Wein. Vielleicht klang Kirstis Stimme fremd, weil er der Einzige war, der wusste, dass sie log.
    Einmal, vor vielen Jahren, waren sie beide restlos betrunken nach Hause gekommen. Es hatte keinen konkreten Grund für das Ausmaß des Rauschs gegeben, es war einfach eine gelungene Party gewesen, auch damals der Geburtstag eines Freundes. Sie waren ins Haus gestolpert, und Lasse Ekholm erinnerte sich daran, dass er im ersten Moment gedacht hatte, die Babysitterin würde mit einer Puppe spielen. Aber es war natürlich Anna gewesen, die neben der Babysitterin auf dem Sofa gesessen hatte, hellwach, gegen drei Uhr in der Nacht.
    Anna hatte nicht einschlafen können, weil Kirsti und Lasse nicht da gewesen waren, vorher hatte ihr das nie Probleme bereitet, aber dieses Mal hatte sie nicht schlafen können, und ausgerechnet in dieser Nacht waren Kirsti und er betrunken, berauscht nach Hause gekommen. Die Babysitterin hatte sich vielmals entschuldigt, obwohl sie sich für nichts hatte entschuldigen müssen, und in Annas Augen hatte Lasse Ekholm durch den Schleier seines Rauschs etwas gesehen, das sich eingeprägt hatte.
    Anna hatte gelacht, als sie den Raum betreten hatten, und in der darauffolgenden Sekunde hatte sie gespürt, dass etwas nicht stimmte, dass ihre Eltern nicht so gewesen waren, wie sie sie gekannt hatte, und in diesem Moment hatte Lasse Ekholm Angst in Annas Augen gesehen. Sie war zurückgewichen. Für einige Sekunden hatte Anna Angst gehabt, die beiden nahestehenden Menschen, die immer da waren, verloren zu haben.
    Der Moment war schnell vergangen, Ekholm hatte die Babysitterin hinauskomplimentiert, Kirsti hatte es

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