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Tage des letzten Schnees: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)

Tage des letzten Schnees: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)

Titel: Tage des letzten Schnees: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Costin Wagner
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ich, dass sie traurig ist. Mein Schwesterherz, traurig. Läuft alles gut, sagt sie, aber ihre Stimme klingt TRAURIG . Was ja kein Wunder ist, so gesehen. So alles in Betracht ziehend.
    Jawoll, Herr Beck. Stillgestanden.
    Wird bestimmt ein liebes Kind, sage ich, und Mari lacht, traurig.
    Willst du es vielleicht doch wegmachen?, frage ich, und Mari lacht, dieses Mal laut.
    Bisschen spät fürs Wegmachen, sagt sie.
    Jo, sage ich.
    Sind nur noch acht Wochen, sagt sie.
    Aha.
    Dann sagt sie etwas Komisches. Dass wir mal über früher reden könnten. Wenn ich will. Über FRÜHER . So damals, zu Hause, sie und ich und Mama und …
    HÄ ?
    Nur wenn ich will, sagt sie.
    Jo.
    Mal Pizza essen gehen, sagt sie. Was trinken, reden. So. Über alles. Oder so.
    Special Guest, denke ich, später, als das Telefon stumm und gut und Ende und Nacht ist.
    Special Guest, uninvited, der ungebetene Gast.
    In Schwester Maris Bauch.
    Und auf der Konzertbühne, bald, im Wald, auf der Insel, im falschen Märchenland.

JULI
63
    Der Mann, der hinter der Scheibe saß, schwieg.
    »Was ist eigentlich los mit dem?«, fragte Seppo, und Kimmo Joentaa dachte, dass der Mann schwieg und nickte und niemals den Kopf schüttelte.
    »Der wird doch irgendwann mal was sagen, oder«, sagte Seppo, und Joentaa konzentrierte sich auf den merkwürdigen Dialog, auf die leisen Worte und das Schweigen, jenseits der Scheibe, Westerberg sprach, ruhig und klar, und Markus Sedin nickte.
    »Ihnen ist bewusst, dass unsere Kriminaltechnik Möglichkeiten besitzt, nachzuweisen, dass sich Frau Réka Nagy und Herr Victor Dinu in Ihrer Wohnung befunden haben.«
    Sedin nickte.
    »Und Sie verstehen, dass wir, falls das der Fall sein sollte, auch nachweisen können, dass die beiden dort gestorben sind.«
    Sedin nickte.
    »Ihnen ist bewusst, dass Sie, sollten entsprechende Untersuchungen den Verdacht erhärten, unter dringendem Tatverdacht stehen?«
    Sedin nickte.
    »Sie bleiben dabei, dass Sie keinen Anwalt hinzuziehen möchten?«
    Sedin nickte.
    »Sie waren mit Réka Nagy liiert?«
    Sedin schwieg, schien darüber nachzudenken.
    »Befreundet?«, fragte Westerberg.
    Sedin nickte.
    »Sie haben sich in Belgien kennengelernt? In Ostende vermutlich, im Rahmen von Verhandlungen mit dem belgischen Bankhaus De Vries?«
    Sedin nickte.
    »Sie haben im April dieses Jahres eine Wohnung gekauft, in der Frau Nagy gelebt hat?«
    Sedin nickte.
    »Besitzen Sie einen Pool? Ein Schwimmbad? Im Garten Ihres Wohnhauses vielleicht?«
    Sedin schwieg. Lange. Dann nickte er.
    »Haben Sie … Réka Nagy getötet?«
    Sedin schwieg.
    »Victor Dinu?«
    Sedin schwieg.
    »Ist Frau Nagy in Ihrer Wohnung ums Leben gekommen?«
    Sedin schwieg. Er schien zu nicken, aber kaum merklich, er schien sich nicht entschließen zu können, ob er nur schweigen oder schweigend nicken sollte.
    »Gut«, sagte Westerberg. »Wir werden diese Aufnahme beizeiten um die Angaben zu Ihrer Person ergänzen müssen, und ich möchte Sie darum bitten, dann auch zu sprechen. Sie müssen nur Ihren Namen sagen.«
    Sedin nickte.
    »Wir machen jetzt eine Pause. Ist Ihnen bewusst, dass Sie hierbleiben werden? Es wird Untersuchungshaft beantragt.«
    Sedin nickte.
    »Gut«, sagte Westerberg. Er stand auf und ging und war schon fast an der Tür, als Sedin sich aufrichtete. Joentaa sah es durch die Scheibe hindurch, und er hatte das Gefühl, dass Sedin erwachte, aus einem Tagtraum, den er geträumt hatte.
    »Taina und Ville«, sagte er.
    Westerberg, an der Tür stehend, drehte sich um.
    »Meine Frau und mein Sohn. Ich muss … jemand muss sie anrufen«, sagte Markus Sedin.

ZWEI STUNDEN FRÜHER, IN EINER GESCHICHTE, DIE NICHT ERZÄHLT WIRD
64
    Am Nachmittag kam Jarkko Falk in Brüssel an und erreichte den Zug nach Ostende, indem er die leichte Reisetasche über die Schulter warf, rannte und einem gelangweilt aussehenden Schaffner händeringend signalisierte, bitte die Tür geöffnet zu halten.
    Der Schaffner sagte etwas, das er nicht verstand, und er bedankte sich beim Schaffner, in einer Sprache, die dieser nicht zu verstehen schien. Jedenfalls verzog er keine Miene und schien ein wenig enttäuscht zu sein darüber, dass es dem späten Passagier doch noch gelungen war, einzusteigen.
    Als der Zug langsam anfuhr, fand Falk, schwer atmend, ein leeres Abteil, und er spürte für Momente Erleichterung, Freude, für Momente hatte er das Gefühl, rechtzeitig angekommen zu sein, eine Etappe zurückgelegt zu haben, auf dem Weg an ein Ziel, an einen magischen Ort,

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