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Tage des letzten Schnees: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)

Tage des letzten Schnees: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)

Titel: Tage des letzten Schnees: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Costin Wagner
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dem er hätte sprechen müssen.
    Der Wagen der Polizisten stand auf dem Besucherparkplatz, er stieg ein, der Jüngere fuhr, der Ältere, Westerberg, telefonierte, bat seinen Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung, einen bestimmten Vernehmungsraum vorzubereiten, ein bestimmtes Aufnahmegerät.
    Was auch immer das bringen sollte.
    Alles, was er dem Älteren und dem Jüngeren sagen wollte, würde mit einem Aufnahmegerät kaum wiederzugeben sein, denn er würde in der Sprache des Schweigens sprechen müssen, in einer Sprache, die ohne Worte auskam.
61
    Sie standen wieder zu viert vor Réka Nagys Grab. Joentaa, Kramsu, Rékas Mutter, Rékas Bruder. Es regnete nicht, der Nachmittag wich einem warmen Abend. Die Mutter sprach, leise und schnell, aber Kramsu übersetzte nichts.
    »Ich verstehe sie nicht«, murmelte er, als er Joentaas fragenden Blick spürte. »Sie spricht … wie in einer Fantasiesprache.«
    Joentaa wendete sich wieder dem Grab zu, hörte die Frau in einer Sprache sprechen, die Kramsu, der Übersetzer, nicht verstand, und er dachte an den Mittag, als sie auch zu viert hier gestanden hatten, Seppo, Westerberg, er selbst und der Pfarrer. Er dachte, dass vielleicht die Worte des Pfarrers, die kristallklar gewesen waren, aber mit Réka Nagy nichts zu tun gehabt hatten, jetzt mit den fantasierten Worten der Mutter endlich zu einer Wahrheit verschmolzen.
    Am Ende, als die Mutter zu weinen begann, sagte der Bruder etwas. Er sprach leise und eindringlich, Kramsu räusperte sich, bevor er zu übersetzen begann.
    »Er sagt, dass alle Hilfeleistungen des Herrn … wie hieß er …«
    »Sedin?«, sagte Joentaa.
    »Genau. Er sagt, dass die Hilfe von dem Mann auf freiwilliger Basis geleistet worden sei, er gibt seiner Dankbarkeit Ausdruck, möchte aber betonen, dass seine Familie den Mann darum nicht gebeten hat und sich außerstande sieht, die entsprechenden Summen zurückzuzahlen.«
    Joentaa nickte. »Das … steht nicht im Mittelpunkt der Ermittlung«, sagte er.
    Er suchte den Blick des Bruders, suchte nach Trauer in seinen Augen und fand sie.
    »Also … ich vermute, dass die beiden wissen, dass die Tochter oder deren Freund den Mann ausgenommen hat, vielleicht waren sogar die Familienangehörigen involviert … aber dass der das ausgerechnet hier am Grab des Mädchens …«
    »Vermutlich hat er gelernt, dass gleich nach dem Tod ein neuer Überlebenskampf beginnt«, sagte Kimmo Joentaa.

IN EINER ANDEREN ZEIT, AN EINEM ANDEREN ORT
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    Das Festival, das alljährlich Kinder und Teenager auf die Insel der Mumins führt, ist eines der größten in Turku und Umgebung. Es treten Newcomer aus der Region gemeinsam mit etablierten Interpreten auf, die Headliner sind häufig landesweit bekannte Bands, die Stilrichtungen sind zahlreich, alles ist geboten, von Rock und Pop bis Jazz, Rap, Weltmusik.
    Ich bin einmal dort gewesen, vor einigen Jahren, mit Kari, und kann mich daran erinnern, dass ich viel getrunken habe, und je länger ich trank, desto größer wurde die Distanz zwischen mir und der Musik und den Menschen.
    Irgendwann war alles so fremd, dass ich das Gefühl hatte, gar nicht mehr da zu sein. Es war, als würde ich das Fest sehen und die Musik hören, aus der Perspektive eines Betrachters, der durch eine Scheibe schaut. Die Scheibe war ein wenig beschlagen, wie von Frost oder Kälte, obwohl es sehr warm war. Daran erinnere ich mich, es war ein sehr warmer Abend.
    Der Line-up für das Festival dieses Jahres steht schon fest. Weitestgehend zumindest, einige der lokalen Bands werden sicherlich noch kurzfristig bekannt gegeben, und vielleicht bemühen sich die Veranstalter hinter den Kulissen noch um den einen oder anderen »Special Guest«.
    Jo.
    Ich habe vergangene Woche mit der Herstellung der Rohrbomben begonnen, und es läuft recht gut. Ich halte mich peinlich genau an die Anleitung im Netz, die sehr gut ist. Einfach gehalten, verständlich, aber gleichzeitig so, dass man am Ende nicht mit irgendwelchen Attrappen durch die Gegend läuft.
    Ich habe einen kleinen Testlauf gemacht und kann sagen, dass bei mir noch alles dran ist – was ich nicht unbedingt erwartet hatte –, und die Explosion war fein. Klein, aber fein, offen gestanden sogar ein wenig stärker, als ich gedacht hatte.
    Jo. Das ist mein aktueller Stand.
    Mari hat angerufen, bimmel, bammel, und wir haben ein wenig GEREDET . Ich habe nach dem kleinen Ding gefragt, ihr wisst schon, in Maris Bauch, dem BABY .
    Läuft alles gut, sagt sie. Und dann denke

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