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Tage in Burma

Tage in Burma

Titel: Tage in Burma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Orwell
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sehr vage waren - war ein Dorf namens Thongwa, unweit des Lagers, wo Maxwell Teakbäume ringelte. Ein Weiksa oder Zauberer war angeblich aus dem Nichts aufgetaucht, hatte den Untergang der englischen Macht prophezeit und kugelsichere Zauberjacken
    verteilt. Mr. Macgregor nahm die Gerüchte nicht sehr ernst, aber er hatte um ein Sonderaufgebot von Militärpolizei ersucht. Es hieß, daß eine Kompanie indischer Infanterie unter dem Befehl eines britischen Offiziers nach Kyauktada geschickt würde.
    Westfield hatte sich natürlich bei der ersten Drohung von
    Unruhe, oder vielmehr Hoffnung darauf, eilig nach Thongwa
    begeben.
    »Gott, wenn es doch ausnahmsweise mal einen Ausbruch und
    eine richtige Rebellion geben würde!« sagte er zu Ellis, bevor er aufbrach. »Aber es wird wieder so eine verdammte Pleite sein wie meistens. Immer dasselbe mit diesen Aufständen - sie
    verlaufen sich, kaum haben sie angefangen. Ob du’s glaubst
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    oder nicht, ich hab noch auf keinen Kerl geschossen, nicht mal auf einen Banditen. Elf Jahre dabei, den Krieg nicht gerechnet, und nie einen Mann umgelegt. Deprimierend.«
    »Na ja«, sagte Ellis, »wenn sie sich nicht stellen wollen, kann man immer die Rädelsführer festnehmen und in aller Stille
    tüchtig durchpeitschen lassen. Das ist immer noch besser, als sie in unseren verdammten Sanatorien von Gefängnissen
    aufzupäppeln.«
    »Hm, wahrscheinlich. Aber das kann ich heutzutage nicht. All diese Glacehandschuh-Gesetze - die müssen wir wohl befolgen, wenn wir dumm genug waren, sie zu machen.«
    »Ach, Quatsch, diese Gesetze! Auspeitschen ist das einzige, was auf die Burmanen Eindruck macht. Hast du sie gesehen,
    nachdem sie ihre Prügel weghatten? Ich habe sie gesehen.
    Schreiend wurden sie vom Gefängnis auf Ochsenkarren
    rausgebracht, während ihre Weiber ihnen zerquetschte Bananen auf den Hintern klebten. Das ist etwas, was sie verstehen. Wenn es nach mir ginge, würde ich es ihnen auf die Fußsohlen geben, wie die Türken.«
    »Na ja. Hoffen wir, daß sie ausnahmsweise so viel Schneid
    haben und kämpfen. Dann rufen wir die Militärpolizei zu Hilfe mit Gewehren und so. Ein paar Dutzend von ihnen umlegen das wird die Luft reinigen.«
    Die erhoffte Gelegenheit kam jedoch nicht. Westfield und das Dutzend Polizisten, die er nach Thongwa mitgenommen hatte
    vergnügte rundgesichtige Gurkhajungen, die danach lechzten, mit ihren Kukris auf jemanden loszugehen -, fanden den Distrikt niederdrückend ruhig vor. Nicht der Hauch eines Aufstandes war zu spüren; nur der alljährliche Versuch der Dorfbewohner, so regelmäßig wie der Monsun, sich um die Kopfsteuer zu
    drücken.
    Das Wetter wurde immer heißer. Elizabeth hatte ihren ersten Anfall von Hitzepickeln gehabt. Tennis gab’s im Club so gut
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    wie gar nicht mehr; man spielte einen lustlosen Satz und sank dann in einen Sessel und trank literweise lauwarmen
    Limonensaft lauwarm, weil das Eis nur zweimal die Woche aus Mandalay kam und binnen vierundzwanzig Stunden nach seiner Ankunft schmolz. Die Wälder waren grell gefärbt. Die
    burmanischen Frauen strichen die Gesichter ihrer Kinder, um sie vor der Sonne zu schützen, mit gelber Hautcreme an, bis sie wie kleine afrikanische Medizinmänner aussahen. Rudel von grünen Tauben und Kaisertauben ließen sich auf den großen Bobäumen an der Basarstraße nieder, um deren Beeren zu fressen.
    Inzwischen hatte Flory Ma Hla May hinausgeworfen.
    Eine häßliche, schmutzige Sache! Er hatte einen
    ausreichenden Vorwand - sie hatte sein goldenes Zigarettenetui gestohlen und bei Li Yeik, dem chinesischen Krämer und
    illegalen Pfandleiher im Basar, verpfändet - aber trotzdem war es nur ein Vorwand. Flory wußte sehr wohl, und Ma Hla May
    wußte es und auch alle Dienstboten, daß er sie wegen Elizabeth loswerden wollte. Wegen der »Ingaleikma mit dem gefärbten
    Haar«, wie Ma Hla May sie nannte.
    Ma Hla May machte zunächst keine heftige Szene. Sie stand
    mürrisch zuhörend dabei, als er ihr einen Scheck über hundert Rupien ausschrieb - Le Yeik oder der indische Chetty im Basar nahm Schecks an - und ihr sagte, daß sie entlassen sei. Er schämte sich mehr als sie; er konnte ihr nicht ins Gesicht sehen, und seine Stimme wurde flach und schuldbewußt. Als der
    Ochsenkarren kam, um ihre Habseligkeiten abzuholen, schloß er sich ins Schlafzimmer ein und hielt sich dort versteckt, bis die Szene vorüber war.
    Karrenräder knirschten auf der Auffahrt, man hörte Männer
    schreien; dann plötzlich

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