Tage wie in einem Rausch
und hatte die Faxe, die seit einigen Tagen von ihrer Agentin eingetroffen waren, nur überflogen: Entschuldigungen, weil sie die Flitterwochen störte, und die aufgeregte Mitteilung über eine Preisverleihung in London. Elena war nicht interessiert. Irgendwann würde sie die Faxe genau durchlesen, darüber nachdenken und sie beantworten. Aber nicht jetzt. Noch nicht.
Sie fuhr ins Dorf, gab Pilar zwei weitere Wochen Urlaub und zog sich dann erleichtert wieder in die Einsamkeit zurück.
Elena war im Garten und jätete Unkraut zwischen den üppigen Büscheln blühender Nelken, als sie den Wagen hörte. Missmutig über die Störung, strich sie ihr einfaches Baumwollkleid glatt und ging durchs Haus zum Eingang. Und ihre Stimmung sank noch tiefer, als sie Jed sah, der seiner Mutter gerade aus dem Wagen half.
Sie hatte keine Ahnung, was die beiden hier wollten oder was sie sagen sollte - besonders zu Catherine Nolan, einem der nettesten Menschen, denen sie je begegnet war.
Catherine wirkte wie ausgewechselt. In den zwei Wochen ihres Aufenthaltes auf "Netherhaye", dem Landsitz der Familie in Hertfordshire, hatte Elena eine von Trauer gezeichnete Mutter kennen gelernt. Nur zur Hochzeit hatte Catherine sich aufgerafft und die Gärtner und Angestellten des Cateringservice herumgescheucht, um den kleinen Empfang auf Netherhaye so perfekt wie möglich zu gestalten.
"Elena!" Catherine strahlte, als sie ihre Schwiegertochter erblickte.
"Wie schön, dass du einverstanden bist, wenn ich einige Tage hier bleibe - länger werde ich nicht stören, ich verspreche es!"
Jed hatte ihr also nichts von den Problemen erzählt, die ihre Ehe null und nichtig gemacht hatten. Sonst würde Catherine nicht wie eine aufgeplusterte, zufriedene Glucke aussehen. Was eigentlich kein Wunder war, da Jed schon immer alles getan hatte, um seinen Eltern eine heile Welt vorzugaukeln.
"Schön, dich zu sehen." Elena rang sich ein Lächeln ab und ließ sich von Catherine gehorsam auf die Wange küssen. Im Hintergrund holte Jed gerade das Gepäck aus dem Kofferraum. Und im Hintergrund musste er bleiben, wenn sie nicht verrückt vor Schmerz und Zorn werden wollte. Und sie hatte sich eingeredet, das alles sei vorbei! "Wie wäre es mit einem Drink?"
"Oh, ich danke dir. Es ist doch ziemlich weit vom Flughafen in Jerez bis hierher. Die Landschaft ist so schön - und erst dieser Hof!
All die Lilien und Geranien! Zu Hause werden sie nicht annähernd so groß!"
Elena hörte die überschwänglichen Komplimente über ihr Haus kaum, während sie ihre Schwiegermutter in das helle, luftige Wohnzimmer führte. Catherine ließ sich in einen tiefen Sessel sinken und streifte sich erleichtert die Schuhe von den Füßen.
"Ich hole dir einen Drink." Elena war froh, in die Küche entkommen zu können. Sie sah, wie Jed das Gepäck die Treppe hinauf schleppte, biss die Zähne zusammen und schloss die Küchentür hinter sich. Sie hätte ihn zur Rede stellen, ihn fragen können, warum er seine Mutter ausgerechnet jetzt hierher brachte. Ihre Ehe war praktisch zu Ende, und er ließ Catherine glauben, dass sie, Elena, mit dem Besuch einverstanden wäre.
Doch sie war es nicht. Sie wollte ihm aus dem Weg gehen.
Während der vergangenen Woche hatte sie sich eingeredet, mit der schrecklichen Situation fertig zu werden. Sich beim Wiedersehen wie eine intelligente, vernünftige Frau zu benehmen. Schließlich hatte sie dasselbe schon einmal durchgemacht. Also würde sie ihre Wunden lecken und weiterleben.
Doch es tat weh, schrecklich weh.
Elena griff nach zwei Gläsern und holte eine Flasche weißen Rioja aus dem Kühlschrank. Sie brauchte jetzt eine Aufmunterung, auch wenn es Catherine vielleicht nicht gefiel.
Doch die war sehr angetan. "So frisch, genau das Richtige! Wo bleibt denn Jed?"
"Er bringt dein Gepäck hinauf." Und braucht dafür sehr lange, dachte Elena nervös, obwohl sie sich bemühte, gelassen zu klingen.
Warum eigentlich, da Catherine früher oder später ja doch erfahren würde, dass Elena schon bald nur noch ihre ehemalige
Schwiegertochter sein würde?
Während Catherine heiter über den Flug plauderte, ließ Elena sich auf der Lehne eines Sessels nieder und dachte darüber nach, ob sie ihr jetzt schon alles sagen sollte. Denn sie war nicht bereit, Jeds Befehl zu folgen und so zu tun, als würde in ihrer Ehe alles zum Besten stehen.
Gerade überlegte sie, ob sie es ihrer Schwiegermutter behutsam beibringen oder ohne Umschweife mit der Wahrheit herausrücken
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