Tagebuch der Apokalypse 01
grünen Bandes um den Schornstein, das andere um das Gehäuse des Dachventilators und formte so eine einfache Schlinge. Er packte die Thermoskanne in die Schlinge und ging zum anderen Ende des Daches. Er verschwand aus meinem Blickfeld und spannte das grüne Band. Das schien mir ganz schön lange zu dauern. Schließlich sah ich das Band hochfliegen und hörte es dann, keine Sekunde später, wie eine Peitsche knallen.
Die Thermoskanne war auf einer Flugbahn unterwegs, die sie mehr oder weniger auf meinem Grundstück landen lassen musste. Die zehn bis fünfzehn Untoten, die um Johns Haus herum wankten, bemerkten nicht, dass sein Päckchen seinem Ziel entgegenflog.
Ich hörte ein lautes KA-PATSCH , als die Thermoskanne auf einem Trittstein meines Hofes landete.
Das Päckchen hatte über hundert Meter zurückgelegt. Doch nicht gänzlich folgenlos. Das Geräusch war laut ausgefallen. Zwei Gestalten wandten sich von Johns Haus ab, als hätten sie es gehört, und machten sich in meine Richtung auf. Ich vergeudete keine Zeit. Ich zog sofort Handschuhe und Maske über und schnappte mir eine Pistole. Ich hielt es für unnötig, bei einer Expedition ins Vorgärtchen ein Gewehr mitzunehmen.
Ich war in weniger als fünfzehn Sekunden unten, hob die verbeulte Thermoskanne auf und lief. John zuwinkend, ins Haus zurück. Er konnte mich sehen, und ich sah ihn, aber die Dinger konnten uns dort, wo wir waren, nicht in den Blick nehmen. Im Haus öffnete ich Johns Päckchen. Es enthielt zwei Behälter mit acht AAA- Duracell- Batterien und folgende Gegenstände: eine Notiz von John und ein Walkie-Talkie.
Die Leichen schafften es schlussendlich bis in die ungefähre Richtung meines Grundstücks, doch das Aufschlaggeräusch war so kurz gewesen, dass sie nicht wussten, wo genau sie hinmussten. Ich packte die Batterien (vier AAAs waren nötig) in das Walkie-Talkie und hielt es an mein Ohr. John versuchte bereits, mich auf Kanal 7 zu erreichen. Wir unterhielten uns ziemlich lange. Ich erfuhr, dass er das Gymnastikband seiner Frau benutzt hatte, um die Thermoskanne zu mir rüber zu schießen. Darüber mussten wir beide lachen. Ich hatte Angst, mich nach seiner Frau zu erkundigen, deswegen fragte ich lieber, ob er, seit es losgegangen war, jemanden verloren hatte. Er antwortete nur: »Hat wahrscheinlich jeder.«
Ich stocherte nicht weiter rum. Ich erkundigte mich nach seinen Plänen und dem Bestand seiner Vorräte. Seine Antwort war, dass er noch immer einen Überlebensplan sowie als Alternative eine Fluchtmöglichkeit entwarf und über jede Menge Nahrung und Wasser verfügte. Außerdem besaß er ein halbautomatisches Gewehr vom Kaliber .22 und massenhaft Munition. Mehr als ich.
Ich fragte ihn, warum die Dinger sein Haus belagerten, und er erwiderte, es läge an seinem Hund: Er hatte ein paar Untote angebellt und musste nun einen Maulkorb tragen. Ich fragte nach der Rasse des Hundes und bekam zu hören, es sei ein italienischer Windhund (die Zwergversion des normalen Windhundes), und sein -ihr - Name sei Annabelle. Ich war neidisch auf seine Gesellschaft. Mein voller Navy-Dienstplan ließ leider kein Haustier zu, da ich andauernd zu den unmöglichsten Zeiten aus dem Haus musste. Ich erzählte, dass ich einen Freund namens John in der Staffel hatte. John meinte, wir sollten Batterien sparen und uns nützlichere Sachen überlegen, die wir am Abend diskutieren müssten. Er will sich pünktlich um 18.00 Uhr wieder melden. Ich war einverstanden, und wir beendeten das Gespräch.
Vorratslage: GUT!
19.50 Uhr
Um 18.00 Uhr war John wie angekündigt auf Sendung. Wir besprachen die gegenwärtige Lage und entwickelten Theorien, wie alles angefangen hatte. Ich fragte John, ob Kugeln sie töteten. Er wusste es nicht. Ich berichtete von meinem gestrigen Lagerfeuerchen, und er erwiderte, er hätte es gesehen und sich gefragt, was genau da passiert sei. Schließlich erzählte er mir von seiner Frau. Als alles losgegangen war, war sein Sohn auf dem College in Purdue gewesen. Seine Frau war einem Ding zum Opfer gefallen. Es war vor einigen Tagen vor Sonnenaufgang über sie hergefallen, als sie zum Schuppen hinausgegangen war, um Nägel für die Bretter zu holen, mit denen sie das Haus verrammeln wollten - ein Penner, der in der Nacht zuvor gestorben war und Zuflucht in ihrem Schuppen hinter dem Haus gesucht hatte. John hatte seine Frau um Hilfe rufen hören, war aber zu spät gekommen. Als er mit einem Baseballschläger aufgetaucht war, hatte sie schon
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