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Tagebuch der Apokalypse 02

Tagebuch der Apokalypse 02

Titel: Tagebuch der Apokalypse 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.L. Bourne
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knallte und für einen Moment Sterne sah. Ich schüttelte sie beiseite und lauschte erneut. Ich erkannte das Geräusch eines schrill und rhythmisch laufenden Motors und fühlte mich an einen elektrischen Rasenmäher erinnert. Ich versuchte in die Richtung zu schauen, aus der das Geräusch zu kommen schien, aber sosehr ich meine Augen auch anstrengte, ich konnte nichts sehen. Das Geräusch verstummte so schnell, wie es erklungen war. Ich hockte eine Weile da und fragte mich, was ich wohl gehört hatte. Ein Motorrad? Nein. Motorräder klangen anders. Trotzdem war es mir vertraut vorgekommen.
    Ich trank, bis ich nicht mehr konnte. Dann füllte ich die Feldflasche in meinem Tornister und ging weiter, wobei ich ständig zehn Meter von der Straße entfernt blieb. Unterwegs sah ich jede Menge Zeug, das ein Mensch besser nie zu sehen kriegen sollte. Rings um die Straßensperre lagen verwesende Leichen. Sie wirkten, als lägen sie in einem Bett aus Altblech; als hätte hier vor Monaten ein Heer versucht, sich seiner Fußkranken zu entledigen. Tote Menschen standen in winterschlafähnlicher Benommenheit auf dem Highway herum, als könne nichts sie motivieren. Ich nehme an, dass sie auf diese Weise Energie sparen. In der Ferne sah ich eine über ein Feld hetzende Hundemeute. Der Wind kam aus ihrer Richtung, deswegen bin ich ziemlich sicher, dass sie nicht ahnten, wie nahe ich ihnen war. Ansonsten fand ich nirgendwo Anzeichen menschlichen Lebens.
    Die Sonne sank dem Horizont entgegen. Für mich war es an der Zeit, ein Nachtquartier zu finden, damit meine Nerven sich entspannen und ich mich geistig sammeln konnte. Etwa drei oder vier Kilometer hinter der Kreuzung fiel mir ein Haus auf, das in der Ferne hinter einer Baumreihe stand. Ich ging vorsichtig näher, hielt nach allen Seiten Ausschau und blickte öfter als nötig hinter mich. Es war sehr still, und ich war von den Ereignissen des Tages noch sehr aufgewühlt. Meine Nieren waren voller Wasser; ich musste pieseln. Es erinnerte mich an meine Kindheit. Immer wenn wir Verstecken spielten, musste ich pieseln. Das Haus hatte zwei Stockwerke und stammte aus den 1950 er Jahren. Die Farbe schien vor meinen Augen abzublättern.
    Ich setzte mich hin und beobachtete das Haus sehr lange. Ein vom her neuer, doch ausgebrannter Chevrolet, der einige Meter neben dem Haus stand, fiel mir auf. Motorhaube und Karosserie wiesen Einschusslöcher auf. Die Hausfenster im Parterre waren mit Brettern vernagelt; davor lagen menschliche Überreste. Ich lauschte und spähte aus, bis das verblassende Licht mich zwang, eine Entscheidung zu fällen. Das Haus machte einen verlassenen Eindruck. Ich umrundete es und hielt nach potenziellen Zugängen Ausschau. Vorder- und Hintertür waren ebenfalls verrammelt. Die einzige Möglichkeit, hineinzugelangen, bestand darin, aufs Dach zu klettern und durch ein unverrammeltes Fenster in der oberen Etage einzusteigen.
    Ich nahm all meinen Mut zusammen, hievte meinen wehen Körper die Vorbaustützen hinauf und kletterte auf den Überhang, der zu einem der oberen Fenster führte. Hätte ich früher bei der Marine und auch zu Hause nicht täglich Klimmzüge gemacht, wäre es mir nie gelungen. Oben angekommen, setzte ich mich hin, bewunderte die Aussicht und lauschte meiner Umgebung. Hinter dem Fenster war es dunkel, und zwar so dunkel, dass ich um keinen Preis in das Haus einsteigen wollte. Das Fenster war vielleicht um zwanzig Zentimeter hochgeschoben, so dass ein Teil der weißen Gardine sich leicht bewegte. Der Wind ließ sie wehen, aber vielleicht ließ auch mein Atem sie flattern. Meinem Gefühl zufolge brachte ich da oben Stunden zu. Ich wollte nicht rein. Ich nahm mir fest vor, im Freien zu schlafen, doch das ging wiederum nicht, weil ich Angst hatte, ich könnte vom Vordach rollen und in die ausgestreckten Arme der Untaten fallen. Das Licht der Sonne wurde von der Atmosphäre rot gefärbt, als sie sich am westlichen Horizont verabschiedete. Ich griff in meinen Tornister und entnahm ihm die Taschenlampe.
    Ich streckte den Arm zum Fenster hin aus und glaubte, als ich es berührte, einen Stromschlag zu spüren. Ich wollte es mit einer Hand nach oben schieben, aber es hatte so lange in seiner Stellung verharrt, dass es nicht nachgeben wollte. Mit Einsatz beider Hände und Beine gelang es mir, es so hoch zu schieben, dass ich einsteigen konnte. Ich teilte den Vorhang und drehte das Endstück meiner Lampe. Der Raum kam mir so normal vor, wie ein Raum in einem

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