Tagebuch der arabischen Revolution (German Edition)
Hip-Hop goes on with the uprising trend.“
Inzwischen hat die Internet-Protestgruppe „Anonymous“ eine Presseerklärung per YouTube herausgegeben, in der die Gruppierung schildert, warum sie die Webseiten der tunesischen Regierung angegriffen hat, die dadurch zeitweise nicht abrufbar und dann verunstaltet waren, nachdem Anonymous-Aktivisten die Server in die Knie gezwungen oder mit Hackereien verändert hatten.
Ein weiterer Tropfen hin zur Revolution:
Christen und Muslime demonstrieren nach Kirchenanschlag gemeinsam gegen Mubarak
Bis zu diesem Zeitpunkt lag das internationale Medieninteresse immer noch nicht in Tunesien. Das Jahr hatte turbulent, eine halbe Stunde nach Mitternacht, mit einem blutigen Anschlag auf eine koptische Kirche in Alexandria begonnen. Daher hatte ich mich zwar in meinem Blog mit Tunesien befasst, für meine Zeitungen und für das Fernsehen war ich während der ersten Tage des Jahres aber in Sachen „muslimisch-christliches Verhältnis“ in Ägypten unterwegs. Interessant war, dass die Medien immer wieder Artikel über das schlechte Verhältnis zwischen beiden Konfessionen bestellt haben. Aber in Kairos Straßen erlebte ich in diesen Tagen, wie nach dem Anschlag koptische und muslimische Demonstranten friedlich nebeneinander gegen das Regime Mubarak demonstrierten. Sie alle forderten einen besseren Schutz der Kirchen und viele warfen dem Regime vor, die konfessionellen Spannungen selbst geschürt zu haben, um von dem wachsenden Unmut gegen das Regime abzulenken. In diesen Tagen konnte man noch nicht ahnen, dass auch diese Demonstrationen ein Vorläufer für die spätere Revolution waren.
Arabesken, tazblog 14.1.2011
Der Blick fällt wieder auf Tunesien
Gestern Abend saß ich mit einem tunesischen Bekannten beim Abendessen. Er war wahnsinnig aufgeregt. Gerade seit einer Woche ist er aus Tunis zurück, hatte viel von den dortigen Demonstrationen zu erzählen und wir haben viel darüber diskutiert, welche Auswirkungen Tunesien auf den Rest der arabischen Welt haben könnte. Könnten die arabischen Regime wie ein Kartenhaus ähnlich wie einst in Osteuropa zusammenstürzen? Welche Form würde das etwa in Algerien oder in Ägypten annehmen? Aber vielleicht war hier auch der Wunsch die Mutter des Gedankens.
Die Gespräche wurden immer wieder von dem Klingelton des Handys meines tunesischen Bekannten unterbrochen. Anrufe aus Tunesien: Alle versuchten zu begreifen, was in Tunis nach der Rede des Präsidenten Ben Ali geschehen wird. Denn der hat sich an diesem Abend vor die Kamera gestellt und hat eine radikale verbale Kehrtwende gemacht.
„Ich werde es nicht dulden, dass ein weiterer Tropfen Blut vergossen wird“, sagte er. Er habe angeordnet, dass Sicherheitskräfte ihre Waffen nur noch dann einsetzen dürften, wenn sie bedroht würden. „Ich verstehe die Tunesier und ihre Forderungen. Ich bin traurig darüber, was nach 50 Jahren Dienst an meinem Land geschehen ist, nach dem Militärdienst und nach meinen 23 Jahren Präsidentschaft“, erklärte er und fügte hinzu: „Wir müssen es schaffen, bis 2014 eine angemessene Versöhnung zu erreichen.“
Zu diesem Zeitpunkt, hat er nämlich in derselben Rede versprochen, endet seine Amtszeit und er werde auch nicht wieder antreten. Er versprach bis dahin umfassende Reformen. Kurz darauf tauchten auch erstmals Oppositionsführer im staatlichen Fernsehen auf.
Die Frage, die im Raum steht: Reicht das, nach 66 Toten von den Händen der Sicherheitskräfte seit Beginn der Proteste Mitte Dezember? So viele hat die Internationale Föderation für Menschenrechte in Paris gezählt. Allein 13 in den letzten zwei Tagen. Ist das Ben Alis letzte Karte oder tatsächlich ein Schritt zu umfassenden Veränderungen?
Auf Facebook gepostet
14. Januar 2011, 19:40 Präsident Ben Ali hat laut Al Jazeera Tunesien verlassen. Premier übernimmt.
Arabesken, tazblog 15.1.2011
Gratulation an die Tunesier. Ich bin stolz auf euch. Ihr habt das gemacht, wovon der Rest der Araber träumt
Ich arbeite seit 20 Jahren als Korrespondent in der arabischen Welt. Dass ich das jetzt endlich erleben durfte, wie ein Regime abserviert wird, wie die Menschen einen Polizeistaat einfach ignorieren, die letzten verzweifelten Versuche der Polizei, mit einer Barrikade aus Tränengas vor dem Innenministerium die Kontrolle zu behalten. Die Bilder der Demonstrationen vor dem Innenministerium in Tunis und dann die Nachricht, dass Ben Ali das Land verlassen hat: Ich war gestern mehrmals
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