Tagebuch der arabischen Revolution (German Edition)
ich bin in einem Science-Fiction-Film.“
Muhsen hat uns auch geholfen, den gestrigen Beitrag für die ZIB 2 über den korrupten Trabelsi-Clan zu drehen, der Familie der Frau des geflohenen Diktators Ben Ali, Leila Trabelsi. Von den Tunesiern wird dieser Clan schlichtweg „Al-Aila“, „die Familie“ genannt, in Anspielung auf deren mafiöses Geschäftsgebaren. Die einstige First Lady, einst eine Friseuse (was im offiziellen Tunesien früher nie erwähnt werden durfte) hat ihre Familie von bescheidenem Hintergrund nach ihrer Heirat mit dem mächtigsten Mann des Landes schnell zur „First Family“ und zum reichsten Clan Tunesiens gemacht.
Heute fahren wir in den Badeort Hammamat, um eine kleine Reportage über das freie Tunesien und den darniederliegenden Tourismus zu drehen. Ich hoffe, der erholt sich schnell wieder. Die mutigen Tunesier, die ihren Diktator zum Teufel gejagt haben, hätten das verdient. Außerdem kann man jetzt endlich mit gutem Gewissen an den tunesischen Stränden baden gehen.
DiePresse.com, 20.1.2011
Wie „die Familie“ Tunesien ausplünderte
Jahrelang hat sich der Clan von Ex-Diktator Ben Alis Frau Leila hemmungslos mit mafiösem Geschäftsgebaren bereichert: Kein lukratives Geschäft lief ohne sie. Jetzt sitzen 33 Mitglieder der „Familie“ in Haft.
Das Schild der Werbeagentur im Zentrum von Tunis ist abgeschraubt, so als hätte es sie nie gegeben: „Bien Vue“ war eines der Unternehmen in den Händen der berüchtigten Trabelsi-Familie. Der Clan von Leila Trabelsi, ihres Zeichens Frau von Tunesiens vertriebenem Diktator Zine El-Abidine Ben Ali, hatte die gesamte tunesische Wirtschaft kontrolliert.
Al-Aila – „die Familie“ – haben die Tunesier den Clan schlicht genannt. Die zehn Geschwister der First Lady, Kinder und angeheiratete Schwiegersöhne und -töchter haben mit mafiösem Geschäftsgebaren das Land ausgesaugt. 33 Mitglieder der Familie sind rund um die Flucht Ben Alis verhaftet worden, gab die Übergangsregierung in der Nacht auf Donnerstag bekannt. Ein Pilot der Linienmaschine nach Lyon, der partout mit dem Start nicht auf Familienmitglieder Ben Alis warten wollte – und das lag nicht an deren Übergepäck –, wird als Held gefeiert.
Vor der Werbefirma steht derweil der ehemalige Pförtner und beschwert sich lautstark darüber, dass er sein letztes Gehalt nicht bekommen habe. Das Gitter ist offen, aber die Tür dahinter zu, man reagiert auf kein Klopfen. Die Profiteure der Diktatur von gestern wollen heute Journalisten keine Fragen beantworten.
„Die Familie war die Mafia“
Dagegen kann Zied El-Heni endlich laut darüber reden, womit er sich seit Jahren im Stillen beschäftigt hat: der Korruption der Diktatur im Allgemeinen und der einstigen First Lady im Speziellen, die vom bescheidenen Hintergrund als Friseuse nach ihrer Heirat mit dem mächtigsten Mann des Landes ihre Großfamilie schnell zum reichsten Clan des Landes gemacht hatte.
„Die Familie Trabelsi war nicht wie die Mafia, sie war die Mafia. Sie hat ihre Macht genutzt, um sich an allen lukrativen Geschäften zu beteiligen“, erklärt El-Heni. Erst am Dienstag hat er in Tunis eine neue Organisation mit dem Namen „Transparency Tunisienne“ ins Leben gerufen. Die Gründungsveranstaltung war in die Zentrale der Bank Al-Fellahi verlegt worden, als El-Heni am gleichen Tag einen Anruf von einer aufmerksamen Bankangestellten erhielt, dass Vertreter der alten Regierung in der Bank aufgetaucht seien und die Herausgabe von Akten forderten. El-Heni hatte alle seine Mitstreiter zusammengetrommelt und war sofort zur Bank geeilt, um erfolgreich die Akten zu sichern. „Wir haben viel Arbeit vor uns“, grinst er.
Kooperation oder Ruin
Schon heute kann er genug über den Clan erzählen, der an Banken, einer Fluglinie, Immobilien, Telekommunikations- und Medienunternehmen beteiligt war: „Haben sie irgendwo ein Geschäft gewittert, sind sie gekommen und haben eine zwanzigprozentige oder noch höhere Beteiligung gefordert. Wer nicht kooperierte, dessen Geschäft haben sie kaputtgemacht. Schließlich konnte die Frau Ben Alis einigen Ministern direkte Anweisungen geben, wie mit welchem Unternehmen umzugehen sei“, sagt El-Heni und nennt Beispiele. Die Anteile an der Generalvertretung einer wichtigen Automarke hatte einer der Schwiegersöhne als Hochzeitsgeschenk erhalten. Sie waren zuvor mit einem Scheck bezahlt worden, der nie eingelöst wurde. Oder der Fall eines vornehmen Bezirks nahe Tunis: Dort wurde
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