Tagebuch der arabischen Revolution (German Edition)
ein Berg, der zuvor Militärgebiet war, einfach auf die Bezirksverwaltung umgewidmet, die ihn dann wiederum zu einem symbolischen Preis an die Familie verkauft hatte. Heute gilt der Berg als beste Wohngegend mit einem Quadratmeterpreis von bis zu 2000 Dollar.
Im Studio des Radiosenders Mosaïque zelebrieren sie zwischen den Musikeinlagen enthusiastisch das neue Tunesien. Ein Anwalt erzählt den Hörern aufgeregt, dass die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Ben Ali, seine Frau und die „Familie“ eröffnet habe, um den Vorwurf zu untersuchen, sie habe illegal angehäufte Vermögen ins Ausland transferiert.
Der Direktor der ersten privaten tunesischen Radiostation, die vor sechs Jahren gegründet worden war, lächelt. „Auch bei uns waren sie beteiligt“, sagt Noureddine Boutar. „Leilas Familie kannte noch nicht einmal unsere Adresse, aber am Ende des Jahres haben wir ihnen immer ihr Geld gebracht“, erzählt er. Das System Trabelsi war einfach, schildert er in einem Satz: „Keine lukrative Beteiligung der Familie, keine Lizenz.“
Milliarden beiseite geschafft
Korruptionsexperte El-Heni zitiert französische Medien, laut denen das Vermögen Ben Alis und der „Familie“ im Ausland auf fünf Milliarden Dollar geschätzt wird. „Staaten und ausländische Banken sollten dieses Vermögen einfrieren und dem rechtmäßigen Besitzer, dem tunesischen Volk, zurückgeben“, fordert er. Die Schweiz hat bereits den Zugriff auf Konten und Immobilien der Familie blockiert, die EU diskutiert ähnliche Maßnahmen. Wie ein Taxifahrer in Tunis meint: „Nachdem die Europäer jahrzehntelang vor Ben Alis Polizeistaat die Augen verschlossen haben, sind sie uns heute wenigstens diesen Dienst schuldig.“
Tweet auf Twitter
22. Januar 2011, 13:26 Meine Koffer sind gepackt. Ich verlasse das aufregende Tunesien und mache mich wieder auf den Weg zurück nach Kairo.
Kairo: Die Tage des Zorns
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24.1.2011
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Die Ägypter kündigen ihren Aufstand auf Facebook an und verlieren auf der Straße ihre Angst
Arabesken, tazblog 24.1.2011
Adieu Aufstand in Tunis und Hallo „Tag des Zorns“ in Kairo
Für morgen, den 25. Januar, wurde in Ägypten nach tunesischem Vorbild via Facebook, Twitter und Blogs zum Tag des Zorns gegen das Regime aufgerufen. Gegen das seit drei Jahrzehnten herrschende Regime Hosni Mubarak sollen eine Menge dezentraler Aktionen stattfinden.
In dem Aufruf heißt es: „Nachdem die tunesische Revolution dazu geführt hat, dass die Menschen ihre Hoffnung zurückbekommen haben, ihren eigenen Willen und ihre Rechte durchzusetzen, werden die Ägypter an diesem Tag ihre Meinung gegen die herrschende Macht zum Ausdruck bringen, die seit 30 Jahren eine Politik anführt, die nur der herrschenden Elite dient.“
Was genau wo stattfinden wird, ist noch unklar, genauso wie die Antwort auf die Frage, wie die Sicherheitskräfte reagieren werden, die sicherlich auch das tunesische Beispiel genau studiert haben. Ich habe heute Abend mehrmals Befürchtungen gehört, dass es in dieser Nacht im Vorfeld eine Verhaftungswelle geben könnte. Bisher scheint es aber ruhig zu sein. Das Ganze ist jedenfalls ein Testfall, ob man mit Facebook, Twitter und Blogs tatsächlich eine kritische Masse auf der Straße mobilisieren kann und das in mehreren Orten Ägyptens gleichzeitig. Ich werde das morgen auf mich zukommen lassen und dann sicherlich darüber berichten.
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25.1.2011
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Tweets auf Twitter
25. Januar 2011, 10:11 Hilfe: Ägypten ist heute zu Protesten nach dem Modell Tunesien aufgerufen. Und im Libanon gibt’s Schießereien zwischen Militär und Hariri-Leuten.
25. Januar 2011, 10:17 Die Straßen in Kairo sind aufgrund des Feiertages leer, aber überall ist Polizei. Bisher ist es ruhig.
25. Januar 2011, 12:58 Ich stehe mit Demonstranten vor Regierungspartei in Kairo. Sie rufen „Diebe, Diebe!“
25. Januar 2011, 12:58 Polizei schreitet nicht ein.
25. Januar 2011, 12:59 Ziehen weiter zum staatlichen Fernsehen.
Auf Facebook gepostet
25. Januar 2011, 13:51 Demo hat sich mindestens verdreifacht. Marschieren durch Abu El-Ella. Polizei ist verschwunden.
Tweets auf Twitter
25. Januar 2011, 14:25 Inzwischen wurde Demo von Polizei aufgehalten. An anderen Stellen in Kairo, z.B. in Schubra, hat die Polizei inzwischen begonnen zu prügeln.
25. Januar 2011, 14:26 Bin wieder zurück im Büro, muss schnell etwas schreiben und ziehe dann wieder los. Das verspricht ein
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