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Tagebuch der arabischen Revolution (German Edition)

Tagebuch der arabischen Revolution (German Edition)

Titel: Tagebuch der arabischen Revolution (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karim El-Gawhary
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Offizier auf den Platz und sagte zu den Leuten: „Bleibt auf dem Platz sitzen, bis es vorbei ist!“ Aber dann donnerte plötzlich ein Kampfjet über den Platz. Die Leute sind zunächst sehr erschrocken, die Kinder haben geschrien. Doch als dieser Kampfjet immer wieder gekommen ist, haben die Leute begonnen, das Siegeszeichen in die Luft zu machen. Neben mir stand ein ehemaliger General und sagte: „Jemand, der die Luftwaffe einsetzt, um sein eigenes Volk zu terrorisieren, der ist eigentlich am Ende.“ Er sagte zu den Demonstranten: „Freut euch über das, was da gerade passiert!“ Das heißt, Mubarak hat eigentlich nichts mehr in der Tasche.
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    31.1.2011
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    taz.de, 31.1.2011
    Das permanente Volksfest
    Das neue Ägypten entsteht auf der Straße. Auf dem Tahrir-Platz in Kairo üben die Ägypter die freie Debatte – und entdecken ihren Humor wieder.
    Kairo. Mein Büro liegt mitten im Geschehen, dort, wo die Revolution tobt. Ein paar hundert Meter Richtung Süden geht es zum Tahrir-Platz, direkt vor meiner Arbeitsstätte liegt das staatliche Fernsehgebäude.
    In meinem Büro selbst gibt es einen Fernseher und ein Fenster. Beide bilden derzeit höchst unterschiedliche Realitäten ab. Im ägyptischen Staatsfernsehen stehen gerade die neuen Minister Schlange, um vor Präsident Hosni Mubarak den Regierungseid zu schwören. Draußen vor dem Fenster ziehen immer wieder Gruppen mit dem Ruf „Stürzt Mubarak!“ in Richtung des zentralen Tahrir-Platzes, um dort mit hunderttausend anderen die Innenstadt zu blockieren. Die eine Seite, die im Fernseher, führt ein Rückzugsgefecht nach dem anderen, die andere, die vor dem Fenster, schafft auf den Straßen Fakten.
    Seit Tagen sitzen die Soldaten neben dem Ägyptischen Museum in unmittelbarer Nachbarschaft zum Platz der Befreiung, während um sie herum eine Art permanentes Volksfest tobt. Die Soldaten werden dort nicht als Fremdkörper behandelt, sondern stehen mittendrin in den Debatten darüber, wie es mit Ägypten weitergehen soll. Ihre Panzer sind vollgesprüht mit Slogans, die zum Sturz des Regimes aufrufen. Auf dem Platz sind die Soldaten und die Demonstranten schon längst zu einer Einheit verschmolzen. Da wirkt das Bild, in dem Mubarak inmitten der Militärführung sitzt und das stündlich im ägyptischen Fernsehen wiederholt wird, weit, weit weg.
    Seit den Morgenstunden ist auch die Polizei zurück. Die meist verhassten Einheiten, die Bereitschaftspolizei und die Männer der Staatssicherheit aber sind weiterhin auf wundersame Weise aus dem Stadtbild verschwunden. Und die Streifen- und Verkehrspolizisten haben den Befehl, sich keiner Demonstration zu nähern und den Tahrir-Platz zu umgehen.
    Die Polizei versucht, ihr Image als Beschützer des Regimes abzustreifen. „Aber wir sind doch auch eure Söhne“, sagt ein Polizeioffizier völlig verzweifelt, fast weinerlich, als er bei einer der unabhängigen Fernsehstationen anruft. Aber es gibt bei der Imagepflege einiges aufzuholen. Die Geschichten von Polizisten, die in Zivil beim Plündern erwischt wurden, sind inzwischen ins kollektive Gedächtnis eingegangen.
    Im Therapierausch
    So bleibt die Skepsis groß, dass die vorsichtige Rückkehr der Polizei der Versuch des Regimes ist, durch die Hintertür auf den Straßen wieder Präsenz zu gewinnen. Erst schaffen die Staatssicherheitsleute gezielt Unsicherheit und schließen die Gefängnisse auf, damit sie und das Regime dann als Retter in der Not erscheinen können. Aber wahrscheinlich haben die Ereignisse diesen Plan längst überholt, wenn er denn tatsächlich existiert hat.
    Denn auf dem Tahrir-Platz wird schon lange das neue Ägypten als eine Art Befreiungskirmes zelebriert. Zwischen den Zigarettenverkäufern und Menschen, die kostenlos Datteln verteilen, entsteht nicht nur ein neues Ägypten, sondern es greift auch ein neues Gefühl um sich. Die jahrelange kollektive Depression, die dieses eigentlich humorvolle Volk in den letzten Jahren im Griff hatte, ist verschwunden.
    Zunächst machten die Menschen ihrer Wut auf die Polizei Luft. Nun stehen sie auf dem Platz, und jeder kann sich frei über die letzten Jahre auslassen. Meist beginnt das mit dem Satz, „Weißt du, wie viel ich als … verdiene?“, und endet mit einer Aufzählung der wichtigsten Lebensmittelpreise, die in keinem Verhältnis dazu stehen. Die Menschen beschreiben im Detail, was sie in all den Jahren unterdrückt hat und hören sich dabei gegenseitig zu, um einander schließlich

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