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Tagebuch der arabischen Revolution (German Edition)

Tagebuch der arabischen Revolution (German Edition)

Titel: Tagebuch der arabischen Revolution (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karim El-Gawhary
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noch weiter im Osten gelegene Stadt Adschdabiya, die nur 160 Kilometer von Bengasi entfernt liegt. Auch dorthin sollen Bodentruppen des Regimes unterwegs sein.
    Drinnen in der Kaserne steht ein übergelaufener Offizier der Armee vor einem Flugabwehrgeschütz und erklärt den Gebrauch, wie es sich drehen, nachladen und damit schießen lässt. Eine Gruppe von hundert Jugendlichen hört aufmerksam zu. Immer wieder dröhnen ein paar Salven von der benachbarten Kaserne herüber. Dorthin gehen die Jugendlichen als Nächstes, wenn sie diesen Schnellkurs durchlaufen haben, und dort wird zu Übungszwecken auch ein paar Mal scharf gefeuert.
    „Zu Gaddafis Zeiten mussten sich die Jugendlichen zwangsweise einem militärischen Training unterziehen“, erzählt ein älterer Mann namens Mustafa, der an diesem Morgen ebenfalls in die Kaserne gekommen ist. Alle hätten versucht, sich zu drücken und ärztliche Atteste beigebracht. „Schau sie dir an, jetzt kommen sie zu Hunderten freiwillig an, um ihre Stadt zu verteidigen“, sagt er begeistert.
    Mohammed sieht recht verwegen aus mit seiner Camouflage-Uniform und dem locker um die Schulter geworfenen Patronengürtel, den er bei der Befreiung Bengasis in einer der Kasernen erbeutet hat. Er habe am Morgen im Fernsehen von der Gegenoffensive gehört, erzählt Mohammed. Da sei er sofort hierhergekommen. „Jeder, der eine Waffe hat, sollte jetzt nach Brega gehen oder sich in einen der Verteidigungsringe rund um Bengasi einteilen lassen“, fordert er. „Und wenn wir mit denen in Brega fertig sind, dann marschieren wir weiter durch die von Gaddafi kontrollierte Syrte bis nach Tripolis“, sagt er. „Sie haben vielleicht bessere Waffen, aber wir haben Gott und unseren Mut in unserem Herzen“, sagt er.
    „Wir werden Gaddafi nie wieder nach Bengasi zurücklassen, eher sterben wir“, fährt Mohammed fort. Ein anderer Jugendlicher schiebt sich vor, mit einer Kufiya um den Hals gebunden und einer revolutionär drapierten Baskenmütze. „Bengasi wurde nicht von irgendwelchen Soldaten befreit, sondern von uns Jugendlichen“, sagt er stolz und berichtet von der Schlacht um die „Katiba“, die Kaserne von Gaddafis Eliteeinheit im Zentrum der Stadt, vor mehr als einer Woche. „Gaddafis Truppen waren stark, aber wir haben sie besiegt, mit unseren eigenen Methoden.“ Um seine Aussage zu unterstreichen, holt er ein Päckchen Dynamit aus der Tasche. „Das wirkt Wunder“, grinst er.
    Nebenan feuert schon wieder das auf einen Lkw montierte Flugabwehrgeschütz. Es ist die Abschiedssalve. Die ersten zwei Dutzend Jugendlichen sitzen auf der Ladefläche. Langsam kommt das Gefährt aus dem Kasernentor heraus und reiht sich draußen in den Verkehr ein. Alle Autos hupen, um die Jugendlichen auf dem Weg in die umkämpften Gebiete anzufeuern.
    taz.de, 3.3.2011
    Rebellen fordern Flugverbotszone
    Der Sprecher der Aufständischen fordert gegenüber der taz Luftangriffe der internationalen Gemeinschaft. Den Einsatz von Bodentruppen lehnt er aber ab.
    Bengasi. Der Sprecher des Militärrates der libyschen Aufständischen lässt keinen Zweifel daran, welches Handeln er von der internationalen Gemeinschaft erwartet: „Wir fordern Luftangriffe und die Einrichtung einer Flugverbotszone, so schnell wie möglich, am besten sofort. Denn jeden Tag sterben hier nicht Dutzende, sondern Hunderte unserer Leute“, sagt Oberst Abdullah Al-Mahdi in einem Gespräch mit der taz. Er stehe persönlich für die Forderung vor der UN und dem UN-Sicherheitsrat gerade.
    Der Militärrat ist das oberste militärische Gremium der Aufständischen mit Sitz in Bengasi. Er koordiniert sich mit dem politischen Gremium, dem Nationalrat, der ebenfalls in der zweitgrößten Stadt Libyens angesiedelt ist. „Wir stimmen in dieser Frage mit dem Nationalrat überein, von dem wir unsere Befehle erhalten“, erklärt der von Gaddafis Armee zu den Rebellen übergelaufene Al-Mahdi. Er legt allerdings auch Wert darauf zu betonen, dass die Aufständischen keinen Einsatz ausländischer Bodentruppen im Land wünschen. „Das ist ganz klar unsere rote Linie“, sagt er.
    Auf die Frage, ob seine Forderung nach einer ausländischen militärischen Einmischung nicht Gaddafis Propaganda gelegen komme, winkt der Oberst ab: „Gaddafi lässt ausländische Söldner einfliegen, wer redet also hier von einer ausländischen Einmischung?“, meint er dazu. „Wir brauchen keine ausländischen Soldaten auf unserem Boden, sondern nur Luftangriffe und eine

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