Tagebuch der arabischen Revolution (German Edition)
Flugverbotszone, den Rest erledigen wir selbst am Boden“, führt er aus. „Wir zahlen den Amerikanern sogar die Ausgaben für ihre Tomahawk-Raketen, wenn sie diese einsetzen, am besten von den Milliarden, die die Gaddafi-Familie ins Ausland geschafft hat“, sagt er zum Schluss.
Auf dem Platz vor dem obersten Gericht in Bengasi, dem Ort, an dem sich die Aufständischen jeden Tag zu Demonstrationen treffen, findet an diesem Donnerstagmorgen der Beerdigungszug für zwei Männer aus Bengasi statt, die am Vortag bei den Gefechten um die 200 Kilometer weiter westlich gelegene Stadt Brega gestorben sind, als die Aufständischen eine Offensive Gaddafi-treuer Truppen zurückschlugen. Der Ort wird zwar noch von den Rebellen gehalten, aber die Luftwaffe flog am Donnerstag erneut mehrere Angriffe auf Brega.
„Wir fordern eine Flugverbotszone, damit die Gaddafi-Flugzeuge nicht auf uns schießen. Wir sind friedliche Menschen mit Rechten. Wir wollen aber keine Bodentruppen“, betont der Demonstrant Mustafa Al-Maghrebi. „Wir brauchen die Flugverbotszone, die verhindert, dass Gaddafi weitere Söldner einfliegen lässt. Wir sind ein friedliches Volk, das zunächst friedlich demonstriert hat, aber jetzt sind die Krankenhäuser mit uns gefüllt“, meint sein Nachbar. „Sie sollen diese Flugverbotszone schaffen und keine Bodentruppen schicken, und dann sollen sie bombardieren, und es ist auch ganz klar was, den Ort, an dem sich Gaddafi aufhält“, fordert ein anderer auf dem Platz.
Noch am Mittwoch hing an der Außenmauer des Gerichtsgebäudes, wo sich der Nationalrat der Aufständischen täglich trifft, ein großes Plakat mit der Aufschrift „Wir brauchen keine ausländischen Militärinterventionen, wir schaffen das alleine“. Am Donnerstagmorgen war es abgehängt.
Auf Facebook gepostet
5. März 2011, 8:25 Morgen geht’s von Bengasi zurück nach Kairo.
6. März 2011, 17:09 Bin wieder in Ägypten.
6. März 2011, 21:49 Ich bin angekommen. Bengasi–Kairo in 17 Stunden, da es im befreiten Teil Libyens und im revolutionären Ägypten dank abwesender Polizei keine Radar-Fallen mehr gibt.
10. März 2011, 12:35 Letzte Woche in einem völlig zerstörten Waffenlager der libyschen Aufständischen in Rajma, 50 km von Bengasi entfernt. Bei einem Angriff der Gaddafi-loyalen Militärs wurden zahlreiche von den Aufständischen dringend benötigte Waffen zerstört. Außerdem gab es dort mindestens 20 Tote. Als ich dort ankam, hielt mir einer der Aufständischen ein menschliches Hirn entgegen. Sie waren gerade dabei, die menschlichen Überreste nach der Explosion einzusammeln.
11. März, 23:44 Die Realität des libyschen Staatsfernsehens: „Möge die grüne Fahne Gaddafis bald wieder über allen Städten Libyens wehen“, sagte die Ansagerin gerade und spricht von der wieder „befreiten Stadt Al-Zawiya“. Deren Einwohner seien froh, nun wieder in Sicherheit zu leben.
12. März 2011, 17:19 Wird der politische arabische Frühling in Libyen zum arabischen Winter?, fragt mein Kollege und Freund Graham Usher in der Al-Ahram Weekly.
12. März 2011, 22:20 Ein Kameramann von Al Jazeera wurde in der Nähe von Bengasi in einem Hinterhalt erschossen. In einem einzigartigen Schritt in der arabischen Welt zur Verteidigung der Pressefreiheit sind in der letzten Stunde Tausende in Bengasi an dem Ort zusammengeströmt, an dem seine Kamera ausgestellt ist.
17. März 2011, 21:06 Gaddafi zu den Bewohnern von Bengasi: „Wir kommen heute Nacht und es wird keine Gnade geben.“ Kann er das wirklich, oder war das die letzte Rede des Diktators? Die Leute in Bengasi feiern aufsässig und trotzig. Unglaubliche Szenen.
18. März 2011, 01:21 Bengasi feiert: Der UN-Sicherheitsrat hat mit 10 Ja und 5 Enthaltungen (darunter Deutschland) eine Flugverbotszone und Maßnahmen zum Schutz der libyschen Bevölkerung beschlossen.
18. März 2011, 19:04 Nix Waffenstillstand – Augenzeugen in Misrata berichten davon, dass ihre Stadt von Gaddafis Truppen mit Artillerie beschossen wird.
taz.de, 22.3.2011
Im Windschatten Libyens
Jemen, Bahrain, Syrien – in der arabischen Welt finden so viele umwälzende Entwicklungen statt, dass man gar nicht weiß, wohin man zuerst blicken soll. Ein Überblick.
Kairo. In Libyen hält eine arabische Revolution die Welt im Bann, nicht zuletzt weil die UNO, die NATO, die Europäer und die USA nicht mehr Zaungast, sondern aktive Teilnehmer geworden sind. Noch kämpft die Welt mit dieser ungewohnten Rolle, die sich nicht mehr in
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