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Tagebuch der Lust

Tagebuch der Lust

Titel: Tagebuch der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava Pink
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und obendrein sein Eigentum. Ich war keine seiner Sklavinnen, die er schlagen konnte, wann er wollte. Mit denen er Sex hatte, wenn er es wollte. Das ging so nicht weiter. Wenn ich jetzt nicht etwas unternahm, würde ich an Trostlosigkeit sterben.
    Molly steckte mein Haar hoch und setzte mir dann die Perücke auf. Die falsche Haarpracht bestand aus vielen kleinen weißen Locken, welche in die Höhe aufgetürmt waren und an die Renaissance erinnerten. Ich kam mir vor wie Marie Antoinette, nur ohne Prinz an meiner Seite. Mein Antlitz war mit einer dicken, weißen Puderschicht bedeckt, zudem färbte ich die Wangen und die Lippen rot und klebte mir ein Schönheitspflästerchen auf die Oberlippe. Abgerundet wurde das Bild von einem Kleid aus dunkelblauer Seide mit einem Reifrock, unter dem die gesamte Gesellschaft von South Carolina Platz gefunden hätte. Zufrieden betrachtete ich mein Spiegelbild. Wenn ich nun auch noch die Augenmaske aus Pfauenfedern trug, würde mich meine eigene Mutter nicht erkennen. Ich lächelte und erhob mich umständlich. Das Kleid war zwar bombastisch, jedoch ließ es mir nur wenig Bewegungsfreiheit. Ich wies Molly an, dass Ghost für mich gesattelt werden sollte und abermals ignorierte ich ihren Protest. Matthew hatte mir erzählt, dass Caleb das Pferd töten lassen wollte, denn Ghost ließ kaum einen Reiter auf seinem Rücken zu und hatte Caleb des Öfteren abgeworfen. Ich konnte mir ein schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen. Ich würde nicht zulassen, dass man dem Tier etwas tat. Ghost gehörte mir – das hatte ich vom ersten Moment an gespürt.
    Als ich die Treppe hinunter schwebte, lächelten mir die Diener aufmunternd zu. Keiner von ihnen würde Caleb etwas verraten, denn sie alle hassten ihren Herrn.
    Umständlich setzte ich mich auf Ghosts Rücken und ritt dann wie der Teufel in Richtung Atlanta. Ab heute würde ich mein Leben selbst bestimmen und mich nicht mehr von Caleb schikanieren lassen.
    Eilig band ich mir die Maske vor die Augen, ehe ich mich in das prächtige Stadthaus im viktorianischen Stil von Stadtrat Robert Dermott stahl. Ich konnte niemandem meine Einladung zeigen, denn sonst wäre ich aufgeflogen. Glücklicherweise fiel ich bei der Menge an großzügig herausgeputzten Herrschaften nicht sonderlich auf, sodass niemand Notiz von mir nahm. Der Tanzsaal wurde von einem Dutzend Kristallleuchtern erhellt, und auf einer Empore spielte eine Kapelle. Die Gäste waren allesamt in feinste Kleidung gehüllt, und auf langen Tischen standen die herrlichsten Speisen, die man sich nur vorstellen kann. Mein Blick glitt durch den Raum, und ich sah Alisha und Thomas auf der Tanzfläche. Ich würde mich von ihnen fernhalten, aber das sollte in dem Getümmel kein Problem sein. Ich sah auch Jethro, der mit ein paar jungen Männern sprach, und mein Herz tat einen Sprung. Er war komplett in Schwarz gekleidet und trug eine ebenso schwarze Maske über den Augen. In seinen engen Hosen kamen die langen Beine voll zur Geltung, und ich spürte wieder dieses heiße Gefühl in mir aufsteigen. Doch Jethro war für mich tabu. So sehr ich ihn auch begehrte, ich durfte mich dazu nicht hinreißen lassen. Schließlich war er ja so etwas wie mein Stiefsohn. Dieser Gedanke ließ mich verzweifeln, dennoch amüsierte es mich ein wenig. Aber ich war heute Abend nicht hier, um von Jethro zu schwärmen. Ich wollte mich vergnügen – auf meine Weise. Langsam schritt ich durch den Saal, nahm ein Glas Champagner, welches mir ein schwarzer Diener in roter Livree anbot, und genoss die neugierigen und anerkennenden Blicke, die man mir zuwarf. Ich bemerkte, dass auch Jethro in meine Richtung sah und mich musterte. Für einen Moment stockte mir der Atem, denn ich hoffte, er möge mich nicht erkennen. Doch er wurde von einer jungen Blondine abgelenkt, die ihn zum Tanzen aufforderte. Erleichtert atmete ich auf und suchte das Weite. Meine Flucht wurde von einem graumelierten Herrn Anfang Fünfzig gestoppt, der sich mir in den Weg stellte.
    „Wir hatten noch nicht das Vergnügen“, sagte er mit einem Lächeln, und sein Blick glitt an mir herunter und blieb an meinem freizügigen Dekolletee hängen.
    Ich brauchte einen Augenblick, um mich zu sammeln, doch dann streckte ich ihm lächelnd meine Hand entgegen, und er hauchte einen Kuss darauf.
    „Aaron McCarthy“, stellte der gutaussehende Fremde sich vor. „Und wer versteckt sich hinter dieser … zauberhaften Aufmachung?“
    „Nennen Sie mich einfach Antoinette, Mister

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