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Tagebuch Eines Vampirs 01. Im Zwielicht

Tagebuch Eines Vampirs 01. Im Zwielicht

Titel: Tagebuch Eines Vampirs 01. Im Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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Grabsteine. Elena hatte den Ort nie gemocht. „Er sieht anders aus, findet ihr nicht? Im Dunkeln, meine ich“, fügte sie unsicher hinzu. Sie wußte nicht, wie sie ihre wirklichen Gefühle ausdrücken sollte. Nämlich, daß das kein Platz war, an dem Lebende verweilen sollten. „Wir können einen Umweg machen“, schlug Meredith vor. „Aber das bedeutet zwanzig Minuten mehr Fußmarsch.“ „Meinetwegen müssen wir das nicht machen.“ Trotzdem schluckte Bonnie nervös. „Ich wollte immer schon auf dem alten Teil des Friedhofs beerdigt werden.“ „Hör endlich auf, andauernd von Tod und Beerdigungen zu reden!“ fuhr Elena sie an, während sie ohne weiteres Zögern losging. Doch je weiter sie den schmalen Pfad hinunterging, desto mehr verstärkte sich ihr unbehagliches Gefühl. Sie verlangsamte ihr Tempo, bis Bonnie und Meredith sie eingeholt hatten. Als sie sich dem ersten Grabstein näherten, begann ihr Herz wie wild zu klopfen. Sie versuchte, nicht darauf zu achten, aber ihre Haut prickelte vor Anspannung, und die feinen Härchen auf ihren Armen stellten sich auf. Jedes Geräusch zwischen den Windböen erschien ihr unnatürlich laut. Das Knirschen ihrer Schritte auf dem laubbedeckten Weg war geradezu ohrenbetäubend. Die alte Kirche war jetzt nur noch ein schwarzer Schatten hinter ihnen.
    Der schmale Pfad führte an mit Flechten bedeckten Grabsteinen vorbei, von denen viele größer waren als Meredith. Die sind riesig genug, daß sich jemand dahinter verstecken kann, dachte Elena ängstlich. Einige der Steine waren an sich schon furchteinflößend genug. Der Puttenengel zum Beispiel, der wie ein richtiges Baby aussah, nur, daß man seinen abgeschlagenen Kopf sorgsam neben den Körper gelegt hatte. Die weitaufgerissenen Augen in dem kindlichen Gesicht starrten blicklos vor sich hin. Elena konnte sich nicht von dem Anblick losreißen, und ihr Herz begann wie wild zu klopfen. „Warum halten wir an?“ fragte Meredith. „Es ist... tut mir leid“, flüsterte Elena, doch als sie sich zwang, sich von dem Grab wegzudrehen, erstarrte sie. „Bonnie?“ rief sie. „Bonnie, was ist los?“ Bonnie schaute über den Friedhof. Ihre Augen waren so leer wie die des kleinen Engels aus Stein. Angst kroch in Elena hoch. „Bonnie, hör auf! Hör auf! Das ist nicht mehr lustig!“ Bonnie antwortete nicht. „Bonnie!“ rief auch Meredith.
    Sie und Elena sahen sich an, und plötzlich wußte Elena, daß sie weg mußte. Sie begann, den Pfad weiter entlangzulaufen, als plötzlich hinter ihr eine fremde Stimme ertönte. Erschrocken fuhr sie herum. „Elena“, sagte die Stimme. Sie gehörte nicht Bonnie, doch sie kam aus ihrem Mund. Bonnie starrte weiter über den Friedhof. Ihr Gesicht, das schneeweiß in der Dämmerung leuchtete, war völlig ausdruckslos. „Elena“, ertönte es wieder. Bonnies Kopf drehte sich in ihre Richtung, und das Fremde, das aus ihr sprach, fuhr fort: „Es wartet da draußen jemand auf dich.“ Elena sollte nie erfahren, was in den nächsten Minuten wirklich geschah. Es schien etwas aus dem Gewirr der schwarzen, unförmigen Grabsteine auf sie zuzukommen. Es hob und senkte sich zwischen ihnen. Elena und Meredith schrien gleichzeitig auf und rannten los. Und plötzlich war auch Bonnie wieder sie selbst. Sie schrie ebenfalls und floh mit ihnen. Elena raste den schmalen Pfad entlang. Hier und da stolperte sie über Steine und Grasbüschel. Fast schluchzend kämpfte Bonnie hinter ihr um Atem. Selbst die coole Meredith schnappte hektisch nach Luft.
    Plötzlich hörten sie ein wildes Flügelschlagen in der Eiche über ihnen, gefolgt von einem lauten, rauhen Krächzen, und Elena merkte, daß sie noch schneller rennen konnte. „Etwas ist hinter uns“, rief Bonnie schrill. „Oh, Gott, was passiert mit uns?“ „Zur Brücke“, keuchte Elena. Ihre Lungen fühlten sich an wie Feuer.
    Sie wußte nicht, warum, aber sie spürte, daß sie es dorthin schaffen mußten. „Bleib nicht stehen, Bonnie. Schau dich nicht um.“ Sie packte die Freundin am Ärmel und zog sie mit sich.
    „Ich kann nicht mehr.“ Bonnies Tempo wurde langsamer. „Oh, doch, du kannst“, entgegnete Elena scharf, verstärkte ihren Griff und schleppte Bonnie hinter sich her. „Komm schon!
    Komm, komm, komm!“ Sie sah als erste das silberne Glitzern des Wassers. Und da war die Lichtung zwischen den Eichen und die Brücke gleich dahinter. Elenas Beine fühlten sich an wie Gummi, und ihr Atem ging pfeifend, aber sie wollte auf keinen Fall

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