Tagebuch Eines Vampirs 01. Im Zwielicht
das Wunder vollbracht haben. Als Stefan diesen schwierigen Passierball gefangen hat, wäre ich fast ohnmächtig geworden. Oder hätte mich übergeben.“ „Bonnie, bitte!“ warnte Meredith. „Und Matt, wie der sich bewegt... absolut sexy.“ „Keiner von beiden gehört mir“, stellte Elena nüchtern richtig. Unter Merediths geschickten Fingern verwandelte sich ihr hellblondes, dichtes Haar in ein wahres Kunstwerk. Das Kleid war ebenfalls ideal.
Das helle Violett brachte Elenas dunkelblaue Augen vorteilhaft zur Geltung. Aber selbst sie mußte zugeben, daß sie blaß und angespannt aussah. Ihr Gesicht war nicht rosig überhaucht in freudiger Erwartung, sondern bleich und entschlossen wie das eines sehr jungen Soldaten, der in die vordersten Linien geschickt wird. Gestern, in der Pause des Footballspiels, war die diesjährige Ballkönigin bekanntgegeben worden. Als Elena ihren Namen aus den Lautsprechern hörte, hatte sie nur ein Gedanke beherrscht: Jetzt konnte er sich nicht weigern, mit ihr zu tanzen. Wenn er überhaupt kam, konnte er der Ballkönigin schlecht einen Tanz abschlagen. Und jetzt vor dem Spiegel wiederholte Elena sich das immer wieder. „Heute abend wird dir keiner widerstehen können“, versuchte Bonnie sie zu beruhigen. „Wenn du Matt abschiebst, darf ich ihn dann trösten?“ „Und was soll Raymond davon halten?“ fragte Meredith ätzend. „Och, den kannst du trösten. Aber ehrlich, Elena. Ich mag Matt. Wenn's zwischen dir und Stefan erst mal gefunkt hat, ist er doch sowieso außen vor. Also...“ „Mach, was du willst. Matt verdient es, daß man sich um ihn kümmert.“
Und ich werde nicht diejenige sein, dachte Elena. Sie konnte immer noch nicht recht glauben, daß sie ihm das antat. Aber im Moment konnte sie sich keine Gewissensbisse leisten. Sie brauchte all ihre Kraft und Konzentration. „Fertig.“ Meredith befestigte die letzte Haarnadel in Elenas Haar. „Achtung, Bühne frei für die Ballkönigin und ihren Hofstaat. Na, jedenfalls für einen Teil des Hofstaats. Sind wir nicht wunderschön?“ „Du meinst natürlich nur mich mit diesem königlichen ,wir’“, scherzte Elena. Aber Meredith hatte recht. Sie sahen alle drei super aus. Merediths Kleid aus burgunderfarbenem Satin hatte eine enge Taille und fiel von der Hüfte aus in Falten bis auf den Boden. Sie trug ihr langes, schwarzes Haar offen. Bonnie sah in ihrem pinkfarbenen Kleid mit den schwarzen Pailletten zum Anbeißen aus. Und sie selbst... Elena betrachtete sich kritisch und überlegte. Das Kleid war in Ordnung. Es erinnerte sie an kristallisierte Veilchen. Ihre Großmutter hatte ein kleines Glas davon besessen. Es waren richtige Blüten, die in Zucker getaucht und dann gefroren wurden. Sie gingen gemeinsam nach unten, wie sie das seit der siebten Klasse bei jedem Schulball getan hatten. Doch in den Jahren zuvor war Caroline bei ihnen gewesen. Leicht überrascht stellte Elena fest, daß sie nicht einmal wußte, mit wem Caroline heute abend zum Schulball kam. Tante Judith und Robert, der bald Onkel Robert werden sollte, warteten zusammen mit Margaret im Wohnzimmer. Die Kleine war schon im Schlafanzug. „Oh, ihr drei Mädchen seht ja wunderschön aus!“ Tante Judith war so aufgeregt, als würde sie selbst zum Ball gehen. Sie küßte Elena. Margaret wollte von Elena umarmt werden. „Du bist hübsch“, sagte sie bewundernd. Robert musterte Elena ebenfalls. Er blinzelte, öffnete den Mund und schloß ihn wieder. „Was ist los, Bob?“ „Oh.“ Er blickte rasch zu Judith. Das Ganze schien ihm peinlich zu sein. „Nun, mir ist gerade eingefallen, daß Elena eine andere Version des Namens Helena ist. Und da mußte ich an die schöne Helena aus dem alten Troja denken.“ „Schön und verdammt“, gab Bonnie begeistert ihren Senf dazu. „Wenn man so will“, erwiderte Robert und machte dabei gar keinen glücklichen Eindruck. Es klingelte an der Tür. Matt stand draußen. Er trug seinen gewohnten, blauen Sportmantel. Bei ihm waren Ed Goff, Merediths Freund, und Raymond Hernandez, der mit Bonnie ging. Elena suchte nach Stefan. „Er ist vermutlich schon da.“ Matt hatte ihren Blick aufgefangen. „Hör mal, Elena...“ Aber was immer er sagen wollte, ging im Geplauder der beiden anderen Paare unter.
Bonnie und Raymond fuhren in Matts Auto mit und gaben bis zur Schule witzige Bosheiten über alles und jeden von sich.
Musik erklang aus den offenen Türen der festlich geschmückten Turnhalle. Beim Aussteigen packte Elena
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