Tagebuch Eines Vampirs 02. Bei Dämmerung
beeindrucken, und Alaric möchte vermeiden, daß dieses Schockerlebnis einen bleibenden Einfluß auf unser Leben bekommt. „Das hältst du im Kopf nicht aus!“ stöhnte Ed. Stefan gelang es gerade noch, ein Lachen in ein Husten zu verwandeln. Er war eigentlich nicht belustigt und hatte seine Frage an Bonnie auch nicht aus reiner Neugier gestellt. Elena wußte es. Sie konnte fast körperlich spüren, daß er aus einem bestimmten Grund gefragt hatte. Stefan empfand das für Alaric Saltzman, was die meisten im Zimmer ihm selbst entgegenbrachten: nämlich Argwohn und Mißtrauen. „Ist schon komisch, daß er vor der Klasse so getan hat, als sei die Party eine spontane Idee, wo er sie doch ganz klar geplant hat.“ Elena reagierte unbewußt auf Stefans unausgesprochene Worte. „Noch merkwürdiger kommt mir vor, daß eine Schule einen Lehrer einstellt, ohne ihm zu sagen, wie sein Vorgänger ums Leben gekommen ist“, fügte Stefan hinzu. „Alle haben darüber geredet. Es muß sogar in der Zeitung gestanden haben.“ „Aber nicht in allen Einzelheiten“, erklärte Bonnie fest.
„Tatsache ist, daß die Polizei manche Dinge verschwiegen hat, von denen sie glaubt, daß sie sie auf die Spur des Mörders bringen könnten. Zum Beispiel das.“ Sie senkte ihre Stimme.
„Wißt ihr, was Mary erzählt? Dr. Feinberg hat mit dem Arzt gesprochen, der die Autopsie vorgenommen hat. Und der hat behauptet, daß sich in Tanners Körper kein Tropfen Blut mehr befunden hat. Kein einziger!“ Elena spürte einen eisigen Windstoß. Sie kam sich vor wie damals auf dem Friedhof. Die Worte blieben ihr im Hals stecken. Statt dessen fragte Ed: „Wo soll das ganze Blut denn geblieben sein?“ „Ist wahrscheinlich auf den Boden getropft“, erwiderte Bonnie. „Auf den Altar, zum Beispiel. Das untersucht die Polizei gerade. Aber es ist sehr ungewöhnlich, daß eine Leiche kein Blut mehr in sich hat.
Normalerweise sammelt sich der Rest auf der Unterseite des Körpers. Man nennt das Leichenblässe. Sieht aus wie riesige blaue Flecken. Was ist los?“ „Du bist so wunderbar sensibel, daß ich mich gleich übergeben muß“, sagte Meredith gequält.
„Können wir nicht mal das Thema wechseln?“
„Können wir nicht mal das Thema wechseln?“ „Na, hör mal. Du warst schließlich nicht mit Tanners Blut beschmiert“, begann Bonnie beleidigt, doch Stefan unterbrach sie. „Haben die Ermittlungen schon irgendwas ergeben? Hat die Polizei eine heiße Spur?“ „Ich weiß es nicht.“ Bonnie runzelte die Stirn.
Plötzlich strahlte sie. „Da fällt mir was ein. Elena, du hast doch behauptet...“ „Halt den Mund“, bat Elena verzweifelt. Wenn es einen falschen Ort gab, um das zu besprechen, dann war es hier, in einem überfüllten Zimmer, wo sie von vielen Leuten umgeben waren, die Stefan haßten. Bonnie riß die Augen weit auf, dann nickte sie und schwieg. Trotzdem kam Elena nicht zur Ruhe. Stefan hatte Mr. Tanner nicht ermordet. Doch dieselben Indizien, die Damon belasteten, konnten genausogut zu Stefan führen. Und genau das würde geschehen, denn niemand außer ihr und Stefan wußte, daß es Damon gab. Er war irgendwo da draußen in den Schatten und wartete auf sein nächstes Opfer. Wartete vielleicht auf Stefan -
oder auf sie. „Mir wird schrecklich heiß“, sagte sie abrupt. „Ich werde mal nachsehen, welche Erfrischungen der liebe Alaric für uns vorbereitet hat.“ Stefan machte Anstalten aufzustehen, doch Elena bedeutete ihm sitzenzubleiben. Für Kartoffelchips und Cola hatte er wenig Verwendung. Außerdem wollte sie ein paar Minuten allein sein, wollte sich in der Masse bewegen, um sich zu beruhigen. Doch bei Bonnie und Meredith hatte sie sich in falscher Sicherheit gewiegt. Nachdem sie die beiden verlassen hatte, sah sie sich wieder den schrägen Blicken und plötzlich zugewandten Rücken gegenüber. Diesmal machte es sie wütend. Betont lässig schritt sie durch das Zimmer und hielt jeden Blick fest, der sie zufällig traf. Ist der Ruf mal ruiniert, lebt es sich recht ungeniert, dachte sie spöttisch. Sie würde sich jedenfalls nichts mehr gefallen lassen. Elena war hungrig. lm Eßzimmer hatte jemand einen Tisch mit Häppchen hergerichtet, die erstaunlich lecker aussahen. Sie nahm einen Pappteller und legte ein paar Selleriesticks mit Käsecreme darauf. Dabei übersah sie die Typen völlig, die sich um den gebleichten Eichentisch scharten. Sie würde sie nicht als erste ansprechen. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt dem Essen.
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