Tagebuch Eines Vampirs 02. Bei Dämmerung
Telefon wurde abgenommen, wenn es klingelte. Es folgte Stille und dann das Klicken, wenn die Verbindung abgebrochen wurde. Sie vermutete, daß es Mrs. Flowers war, aber das verriet ihr immer noch nicht, wo Stefan steckte.
Sie hatte große Lust, einfach zu ihm zu gehen. Doch draußen war es dunkel, und Stefan hatte sie eindringlich davor gewarnt, im Dunkeln draußen herumzustreifen, und auf keinen Fall sollte sie dem Friedhof oder dem Wald zu nahe kommen. Die Pension lag genau in dieser Gegend. Also mußte sie auf Stefans Anruf warten. „Keine Antwort?“ fragte Meredith, als Elena zurückkam und sich aufs Bett setzte.
„Sie hängt andauernd auf, die alte...“ Elena murmelte leise etwas sehr Unfreundliches. „...Kuh“, ergänzte Meredith. „Hört mal.“ Bonnie setzte sich auf. „Wenn Stefan sich melden will, wird er hier anrufen. Es gibt keinen Grund, warum du bei mir übernachten solltest.“
Doch, es gab einen. Obwohl Elena selbst nicht genau wußte, wie sie es erklären sollte. Schließlich hatte Damon Bonnie auf der Party von Alaric Saltzman geküßt. Es war Elenas Schuld, daß Bonnie sich überhaupt in Gefahr befand. Irgendwie fühlte sie, daß sie Bonnie beschützen konnte, wenn sie sich nur zur richtigen Zeit bei ihr befand. „Mom, Dad, Mary, alle sind zu Hause“, beharrte Bonnie. „Wir verschließen sowieso immer alle Türen und Fenster, seit Mr. Tanner ermordet worden ist. An diesem Wochenende hat Dad sogar zusätzliche Schlösser angebracht. Ich kapiere echt nicht, was du da noch tun könntest.
Elena konnte es selbst nicht erklären. Aber sie würde trotzdem mit Bonnie gehen. Sie ließ bei Tante Judith eine Nachricht für Stefan zurück, damit er wußte, wo sie war. Das Verhältnis zwischen ihr
und ihrer Tante war nach wie vor gespannt. Und so wird es wohl auch bleiben, bis sie ihre Meinung über Stefan ändert, dachte Elena. Bei Bonnie zu Hause bekam sie das Zimmer von Bonnies älterer Schwester, die jetzt aufs College ging. Als erstes überprüfte Elena das Fenster. Es war geschlossen und verriegelt, und draußen gab es nichts zum Hochklettern, weder ein Fallrohr noch einen Baum. So unauffällig wie möglich überprüfte sie auch Bonnies Zimmer und alle anderen, in die sie hineinkam. Bonnie hatte recht. Das Haus war total einbruchsicher. Von draußen kam niemand herein.
Elena lag in der Nacht lange wach, ohne Schlaf zu finden. Sie starrte an die Decke und erinnerte sich, wie Vickie halb in Trance den Striptease aufgeführt hatte. Was war bloß los mit dem Mädchen? Sie mußte unbedingt Stefan danach fragen, wenn sie ihn das nächste Mal sah.
Die Erinnerungen an Stefan waren schön, trotz der schrecklichen Ereignisse, die in der letzten Zeit passiert waren.
Elena lächelte in der Dunkelheit und ließ ihre Gedanken wandern. Eines Tages würde das ganze Elend vorüber sein, und sie und Stefan konnten ihr gemeinsames Leben. planen.
Natürlich hatte er noch nichts in dieser Richtung erwähnt, aber Elena war sich ganz sicher. Sie würde Stefan heiraten oder keinen. Und Stefan würde sie heiraten und keine andere...
Der Übergang vom Wachsein zum Traum war so fließend, daß Elena es kaum merkte. Doch irgendwann wußte sie, daß sie träumte. Es war, als würde ein kleiner Teil von ihr danebenstehen und den Traum wie ein Theaterstück betrachten.
Sie saß in einem langen Flur. An der einen Seite war er mit Spiegeln bedeckt, an der anderen befanden sich viele Fenster.
Sie wartete auf jemanden. Dann sah sie eine Bewegung, und Stefan erschien draußen vor einem der Fenster. Sein Gesicht war bleich und sein Blick verletzt und zornig.
Sie ging zu ihm, doch durch die Scheibe konnte sie nicht hören, was er sagte. In einer Hand hielt er ein Büchlein mit blauem Samteinband. Er deutete darauf und fragte sie etwas.
Dann ließ er das Bändchen fallen und drehte sich um.
„Stefan! Geh nicht. Laß mich nicht allein!“ flehte sie. Ihre ausgebreiteten Finger hoben sich weiß gegen das kalte Glas ab. Dann sah sie den Riegel an der einen Seite des Fensters, öffnete ihn und rief ihm nach. Doch er war bereits verschwunden, und alles, was sie sah, war wirbelnder weißer Nebel.
Untröstlich wandte sie sich von dem Fenster ab und ging langsam den Gang hinunter. Ihr Bild wurde glitzernd von den Spiegeln zurückgeworfen, als sie an einem nach dem anderen vorüberging. Dann fiel ihr etwas an einem der Spiegelbilder auf. Die Augen waren ihre Augen, doch der Blick war neu. Es war der verschlagene Blick
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