Tagebuch Eines Vampirs 02. Bei Dämmerung
an. Damon war aufgestanden und hielt ihr den Stuhl hin.
Bevor Elena etwas antworten konnte, erklang Margarets dünnes Stimmchen von der Tür her. „Willst du mein Kätzchen sehen, Matt? Tante Judith sagt, ich darf es behalten. Ich werde es Schneeball nennen.“
Elena drehte sich um und hatte eine Eingebung. „Sie ist süß.“
Matt beugte sich hinunter und streichelte das kleine, weiße Fellknäuel in Margarets Armen. Er war überrascht, als Elena ihm das Kätzchen praktisch unter der Nase entriß. „Komm, Margaret. Zeigen wir dein Kätzchen mal Roberts neuem Freund“, sagte sie und stieß das Tier Damon praktisch ins Gesicht. Die Hölle brach los. Schneeball schwoll zur doppelten Größe an, als sich ihr Fell sträubte. Sie machte ein zischendes Geräusch, wie Wasser, das auf eine heiße Ofenplatte fällt. Dann verwandelte sie sich in ein fauchendes, spuckendes Ungeheuer, das nach Elena kratzte, nach Damon mit den Krallen ausschlug und die Wand hochging, bevor es aus dem Zimmer raste.
Einen kurzen Moment hatte Elena die Genugtuung, daß sich Damons schwarze Augen wie unter Schock ein wenig weiter öffneten als gewöhnlich. Dann senkten sich seine Lider und verbargen seinen Blick. Elena wandte sich den anderen im Zimmer zu.
Margaret öffnete den Mund, um einen Schrei loszulassen.
Robert versuchte, das zu verhindern, indem er sie mit sich schleppte, um nach der Katze zu suchen. Bonnie stand völlig verzweifelt mit dem Rücken platt an die Wand gepreßt.
„Ich glaube, du hast kein Händchen für Tiere“, sagte Elena zu Damon und setzte sich an den Tisch. Sie nickte Bonnie zu, die sich zögernd von der Wand löste und schnell Platz nahm, bevor Damon ihren Stuhl berühren konnte. Ihr Blick folgte ihm, als er sich selber setzte.
Nach ein paar Minuten kehrte Robert mit der verheulten Margaret zurück und blickte Elena streng an. Matt zog sich schweigend einen Stuhl heran. Seine hochgezogenen Augenbrauen sprachen Bände.
Als Tante Judith hinzukam und das Essen begann, schaute Elena den Tisch rauf und runter. Ein heller Schleier schien über allem zu liegen. Ein Gefühl der Unwirklichkeit überkam sie. Wie eine Szene aus einem Werbefilm, dachte sie. Eine stinknormale, amerikanische Familie beim Truthahnessen.
Da hätten wir zunächst die leicht aufgeregte, altjüngferliche Tante, die sich Sorgen macht, ob die Erbsen zu matschig sind und die Brötchen vielleicht zu dunkel. Dann den gutgelaunten zukünftigen Onkel der Familie, eine hellblonde Nichte im Teenageralter und ihre flachshaarige kleine Schwester. Ferner einen blauäugigen, sympathischen
Jungen
von
nebenan,
eine temperamentvolle Freundin und einen toll aussehenden Vampir, der gerade die Röstkartoffeln weiterreicht. Wie gesagt, ein ganz normaler, amerikanischer Haushalt. Bonnie verbrachte die erste Hälfte des Essens damit, Elena wortlos mit den Augen zu signalisieren: ,Was soll ich tun?’
Als Elena nur zurückfunkte ,nichts’, ergab sie sich in ihr Schicksal und begann zu essen. Elena hatte selbst keine Ahnung, was sie unternehmen sollte. Es war für sie demütigend und beleidigend, so in der Falle zu sitzen. Und Damon wußte das genau. Tante Judith und Robert waren seinem Charme völlig ausgeliefert. Er machte Komplimente über das Essen und redete mit Robert über dessen alte Uni.
Selbst Margaret lächelte ihn jetzt an, und bald würde auch Bonnie
kapitulieren. „Fell's Church feiert nächste Woche seinen Gründungstag“, erzählte Tante Judith ihm gerade. Ihre dünnen Wangen waren vor Aufregung rosig überhaucht. „Es wäre sehr nett, wenn Sie zu unserem Fest kommen könnten.“ „Gern“, erwiderte Damon warm. Tante Judith schien sich zu freuen. „In diesem Jahr spielt Elena dabei eine wichtige Rolle. Sie wurde auserwählt, den Gründungsgeist von Fell's Church zu verkörpern.“ „Sie müssen sehr stolz auf sie sein“, erwiderte Damon. „Oh, das sind wir alle“, erklärte Tante Judith. „Und Sie werden versuchen zu kommen?“ Elena, die gerade wütend viel zuviel Butter auf ihr Brötchen strich, unterbrach sie: „Ich habe Neuigkeiten von Vicki. Erinnerst du dich? Das ist das Mädchen, das angegriffen wurde.“ Sie schaute bedeutungsvoll auf Damon. Es entstand eine kurze Stille. Dann sagte Damon: „Tut mir leid, aber ich kenne sie nicht.“ „Aber sicher doch. Sie ist ungefähr so groß wie ich, hat braune Augen, hellbraunes Haar ... ist auch egal. Jedenfalls geht es ihr schlechter.“ „Die Arme“, meinte Tante Judith
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