Tagebuch Eines Vampirs 05. Rückkehr Bei Nacht
Pension bin. Zuerst muss ich die Polizei anrufen.«
»Die Polizei?«
»Ja ... hör mal ... gib mir eine Stunde, okay? In einer Stunde werde ich bei euch sein.«
Als er schließlich vor der Pension vorfuhr, war es eher elf als zehn Uhr. Aber eine Dusche hatte ihm einen klaren Kopf beschert, auch wenn sie für seinen pulsierenden Arm nicht ganz so hilfreich gewesen war. Als er dann endlich bei den Mädchen erschien, wurde er von besorgter Weiblichkeit umfangen.
»Matt, was ist passiert?«
Er erzählte ihnen alles, woran er sich erinnern konnte. Als Elena mit zusammengekniffenen Lippen den Verband löste, den er um seinen Arm gewickelt hatte, zuckten sie alle zusammen. Die langen Kratzer hatten sich offensichtlich böse entzündet.
»Dann sind sie also giftig, diese Malach.«
»Ja«, erwiderte Elena angespannt. »Giftig für Körper und Geist.«
»Und du denkst, so etwas kann in Leute hineingelangen?«, fragte Meredith. Sie kritzelte auf einer Seite ihres Notizbuchs und versuchte, etwas zu zeichnen, das wie das Ding aussah, das Matt beschrieben hatte.
»Ja.«
Für einen kurzen Moment trafen sich Elenas und Meredith' Blicke - dann sahen sie beide nach unten. Schließlich fragte Meredith: »Und woher wissen wir, ob es ...
in ... jemandem ist... oder nicht?«
»Bonnie sollte imstande sein, das in Trance zu erkennen«, antwortete Elena gelassen. »Selbst ich könnte es vielleicht, aber ich werde dafür keine weiße Magie benutzen. Wir gehen nach unten und sprechen mit Mrs Flowers.«
Sie sagte das auf ihre ganz besondere Art und Weise, die Matt schon vor langer Zeit kennengelernt hatte, und die bedeutete, dass kein Argument etwas nutzen würde. Sie hatte ihre Entscheidung getroffen und damit war der Fall erledigt.
Und die Wahrheit war, dass Matt auch gar keine große Lust hatte, es mit Argumenten zu versuchen. Er hasste es, sich zu beklagen - er hatte ganze Footballspiele mit einem gebrochenen Schlüsselbein, einem verstauchten Knie oder einem verrenkten Knöchel bestritten -, aber dies war etwas anderes. Sein Arm fühlte sich so an, als würde er jeden Augenblick explodieren.
Mrs Flowers war unten in der Küche, aber auf dem Tisch im Wohnzimmer standen bereits vier Gläser mit Eistee.
»Ich werde gleich bei euch sein«, rief sie durch die Schwingtür, die die Küche von dem Raum abtrennte, in dem sie sich befanden. »Trinkt den Tee, vor allem der junge Mann, der verletzt ist. Es wird ihm dabei helfen, sich zu entspannen.«
»Kräutertee«, flüsterte Bonnie den anderen zu, als sei dies ein Betriebsgeheimnis.
Der Tee war gar nicht schlecht, obwohl Matt eine Cola lieber gewesen wäre.
Aber dann betrachtete er ihn als Medizin, und während die Mädchen ihn allesamt wie Habichte beobachteten, schaffte er es, mehr als die Hälfte davon zu trinken, bevor die Vermieterin herauskam.
Sie trug ihren Gartenhut - oder zumindest einen Hut mit künstlichen Blumen darauf, der aussah, als sei er für die Gartenarbeit benutzt worden. Aber auf einem Kekstablett trug sie eine Anzahl von Instrumenten, allesamt glänzend, als seien sie gerade ausgekocht worden.
»Ja, Liebes, ich bin eine«, sagte sie zu Bonnie, die schützend vor Matt getreten war. »Ich war früher mal Krankenschwester, genau wie deine Schwester. Damals ermutigte man Frauen noch nicht dazu, Ärztinnen zu werden. Aber mein Leben lang war ich eine Hexe. Man fühlt sich dabei irgendwie einsam, nicht wahr?«
»Gar so einsam wären Sie nicht«, bemerkte Meredith verwirrt, »wenn Sie nicht so weit von der Stadt entfernt leben würden.«
»Ah, aber dann würden ständig Leute mein Haus anstarren und Kinder würden Mutproben daraus machen, es zu berühren oder einen Stein durch mein Fenster zu werfen, oder Erwachsene würden mich jedes Mal schief ansehen, wenn ich einkaufen gehe. Und wie könnte ich dann jemals in Ruhe meinen Garten pflegen?«
Das war die längste Ansprache, die die Freunde je von ihr gehört hatten. Es überraschte sie so sehr, dass es einen Moment dauerte, bis Elena sagte: »Ich verstehe nicht, wie Sie ihren Garten ausgerechnet hier draußen in Ruhe pflegen können. Bei all den Hirschen und Kaninchen und anderen Tieren.«
»Nun, der größte Teil davon ist ohnehin für die Tiere gedacht, müsst ihr wissen.«
Mrs Flowers lächelte selig und ihr Gesicht schien von innen aufzuleuchten. »Sie finden gewiss großen Gefallen daran. Aber sie finden keinen Gefallen an den Kräutern, die ich anbaue und die man auf Kratzer, Schnittwunden,
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