Tagebuch Eines Vampirs 05. Rückkehr Bei Nacht
sehen, und sein eigenes Gesicht spiegelte grimmiges Verstehen wider. Sie saßen in der Falle.
Es sei denn ...
»Zu spät«, sagte Damon scharf. »Ich habe euch doch gesagt, dass es etwas gibt, das ich tun muss.«
Anscheinend hatte er den Ast gefunden, nach dem er gesucht hatte. Jetzt hob er ihn hoch, schüttelte ihn leicht und ließ ihn mit einer einzigen peitschenden Bewegung niedersinken.
Und Matt wurde plötzlich von einem qualvollen Krampf geschüttelt.
Es war eine Art von Schmerz, die ihn nicht einmal in seinen schlimmsten Träumen heimgesucht hatte: Ein Schmerz, der aus seinem Inneren zu kommen schien, aber von überall, von jedem Organ in seinem Körper, jedem Muskel, jedem Nerv, jedem Knochen, und sie alle sandten unterschiedliche Arten von Schmerz aus. Seine Muskeln brannten und verkrampften sich, als seien sie aufs Äußerste gedehnt, würden aber gezwungen, sich noch weiter zu dehnen. Die Organe in seinem Inneren standen in Flammen. In seinem Bauch schienen Messer an der Arbeit zu sein. Seine Knochen fühlten sich so an wie sein Arm, als er einmal gebrochen gewesen war. Matt war damals neun Jahre alt, und ein Wagen hatte das Auto seines Dads an der Seite gestreift. Und seine Nerven ... Wenn es einen Schalter für die Nerven gäbe, den man von »Wohlbehagen« auf »Schmerz« stellen konnte - dann stünde sein Schalter jetzt auf »Qual«. Die bloße Berührung seiner Kleider auf seiner Haut war unerträglich. Die Luftströme, die über ihn hinwegstrichen, waren Folter. Er ertrug es fünfzehn Sekunden lang und verlor das Bewusstsein.
»Matt!« Elena war erstarrt, ihre Muskeln hatten sich verkrampft und es schien eine Ewigkeit zu vergehen, während derer sie sich nicht bewegen konnte. Plötzlich befreit, rannte sie zu Matt hinüber, zog ihn auf den Schoß und starrte in sein Gesicht.
Dann blickte sie auf.
»Damon, warum? Warum?« Plötzlich begriff sie, dass Matt sich trotz seiner Bewusstlosigkeit immer noch unter Schmerzen wand. Sie musste sich zwingen, die Worte nicht zu schreien, sondern nur mit Nachdruck auszusprechen. »Warum tust du das? Damon! Hör auf damit.«
Sie schaute zu dem jungen Mann hinauf, der ganz in Schwarz gekleidet war: schwarze Jeans mit einem schwarzen Gürtel, schwarze Stiefel, schwarze Lederjacke, schwarzes Haar und diese verdammte Ray Ban.
»Ich habe es dir doch gesagt«, antwortete Damon lässig. »Es ist etwas, das ich tun muss. Das ich beobachten muss. Ein qualvoller Tod.«
»Tod!« Elena starrte Damon ungläubig an. Und dann nahm sie all ihre Macht zusammen - auf eine Art und Weise, die noch wenige Tage zuvor so mühelos und instinktgesteuert gewesen war, damals, als sie stumm und der Schwerkraft nicht unterworfen war. Eine Macht, die sich jetzt jedoch nur schwer beherrschen ließ und ihr fremd war. Entschlossen sagte sie: »Wenn du ihn nicht loslässt - sofort -, werde ich mit allem auf dich einschlagen, was ich habe.«
Er lachte. Sie hatte Damon noch nie zuvor wirklich lachen gehört, nicht so. »Und du erwartest, dass ich deine winzige Macht auch nur wahrnehmen werde?«
»Gar nicht so winzig.« Elena unterzog ihre Macht einer eingehenden Prüfung.
Sie war tatsächlich nicht stärker als jene Macht, die jedem menschlichen Wesen innewohnte - die Macht, die Vampire den Menschen neben ihrem Blut nahmen -, aber seit sie ein Geist gewesen war, wusste sie diese Macht zu benutzen. Wusste, wie man damit angriff. »Ich denke, du wirst es spüren, Damon. Lass ihn los - SOFORT!«
»Warum nehmen die Leute immer an, dass Lautstärke Erfolg haben wird, wo Logik keinen hat?«, murmelte Damon.
Elena zeigte es ihm.
Oder zumindest bereitete sie sich darauf vor. Sie tat den notwendigen, tiefen Atemzug, hielt ihr inneres Ich ganz still und stellte sich vor, einen Ball aus weißem Feuer zu halten, und dann ...
Matt stand auf den Füßen. Er sah aus, als sei er auf die Füße gezogen worden und als würde er wie eine Marionette dort festgehalten. Seine Augen tränten unwillkürlich, aber es war besser als sein vorangegangener Zustand, als er sich auf dem Boden gewunden hatte.
»Du stehst in meiner Schuld«, sagte Damon lässig zu Elena. »Ich werde die Schuld später eintreiben.«
Zu Matt sagte er im Tonfall eines wohlgesinnten Onkels und mit diesem ihm eigenen Lächeln, von dem man sich niemals ganz sicher sein konnte, ob man es tatsächlich gesehen hatte: »Mein Glück, dass du so ein robustes Exemplar bist, nicht wahr?«
»Damon.« Elena hatte Damon schon früher in seiner
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