Tagebuch Eines Vampirs 06. Seelen Der Finsternis
von Neuem begann: » Stefano? Ich bin mir nicht sicher, ob er versteht, wie es ist, wirklich geliebt zu werden.« Und während er über seine Antwort nachdachte, saß sie wie auf glühenden Kohlen.
Dann sagte er sehr leise und sehr langsam noch einmal: » Ja, Engel. Ich denke, du hast recht.«
Oh, sie liebte ihn. Er verstand sie immer. Und er war immer so mutig und liebevoll und verständnisvoll, genau dann, wenn sie diese Eigenschaften besonders brauchte.
» Stefano? Kann ich heute Nacht hierbleiben?«
» Es ist Nacht, entzückende Geliebte. Du kannst bleiben– es sei denn, sie kommen, um mich an einen anderen Ort zu bringen.« Plötzlich war Stefano sehr ernst und hielt ihren Blick fest. » Aber wenn sie kommen– versprichst du mir, dass du dann gehen wirst?«
Elena sah ihm direkt in seine grünen Augen und sagte: » Wenn es das ist, was du willst, verspreche ich es dir.«
» Elena? Hältst du… hältst du deine Versprechen oder nicht?« Plötzlich klang er sehr schläfrig, aber es war die richtige Art von Schläfrigkeit, keine Erschöpfung, sondern die Müdigkeit von jemandem, der erfrischt worden war und in einen perfekten Schlummer eingelullt wurde.
» Ich halte sie so gut ich kann«, flüsterte Elena. Aber du bist mir wichtiger als jedes Versprechen, dachte sie. Wenn jemand kam, um ihm wehzutun, würde der Betreffende schon erfahren, wozu ein körperloser Gegner imstande war. Was wäre zum Beispiel, wenn sie einfach in den Körper eines der Peiniger hineingriff und es schaffte, für eine Sekunde den Kontakt herzustellen? Lange genug, um sein Herz zwischen ihren hübschen weißen Fingern zu zerquetschen? Das wäre nicht schlecht.
» Ich liebe dich, Elena. Ich bin so froh… dass wir uns geküsst haben…«
» Es war nicht das letzte Mal! Du wirst sehen! Ich schwöre es!« Sie ließ neue heilende Tränen auf ihn hinabfallen.
Stefan lächelte nur sanft. Und dann war er eingeschlafen.
Am nächsten Morgen erwachte Elena in ihrem prächtigen Schlafzimmer in Lady Ulmas Haus– allein. Aber sie war um eine weitere Erinnerung reicher, die sie wie eine gepresste Rose an ihrem eigenen speziellen Ort in ihrem Inneren bewahren konnte.
Und irgendwo tief in ihrem Herzen wusste sie, dass diese Erinnerungen eines Tages vielleicht alles sein konnten, was sie von Stefano hatte. Aber sie würde diese süßen, zerbrechlichen Erinnerungen in Ehren halten. Bis Stefano nach Hause kam. Falls Stefano jemals nach Hause kam.
Kapitel Fünfundzwanzig
» Oh, ich will nur einen winzigen Blick darauf werfen«, stöhnte Bonnie und betrachtete das verbotene Skizzenbuch, in dem Lady Ulma ihre kostbaren Gewänder für die erste Party gezeichnet hatte, für jene Party, die heute Abend stattfinden würde. Daneben lagen, gerade in Reichweite, einige Muster von Stoffballen in schimmerndem Satin, sich kräuselnder Seide, transparentem Musselin und weichem, kräftigem Samt.
» Du wirst es in einer Stunde für die letzte Anprobe anziehen können– diesmal mit offenen Augen!«, lachte Elena. » Aber wir dürfen nicht vergessen, dass der heutige Abend kein Spiel ist. Wir werden natürlich einige Tänze tanzen…«
» Natürlich!«, wiederholte Bonnie ekstatisch.
» Aber unsere Aufgabe dort ist es, den Schlüssel zu finden. Die erste Hälfte des doppelten Fuchsschlüssels. Ich wünschte nur, es gäbe einen Sternenball, der uns das Innere des Hauses zeigen würde, in dem wir uns heute Abend befinden werden.«
» Nun, wir alle wissen ziemlich viel darüber; wir können darüber reden und versuchen, es uns vorzustellen«, meinte Meredith.
Elena, die mit dem Sternenball von besagtem Haus gespielt hatte, legte die leicht trübe Kugel jetzt beiseite und sagte: » In Ordnung. Fangen wir an.«
» Darf ich mich beteiligen?«, erklang eine leise, modulierte Stimme von der Tür. Alle Mädchen drehten sich um und erhoben sich gleichzeitig, um eine lächelnde Lady Ulma zu begrüßen.
Bevor sie Platz nahm, umarmte sie Elena mit einer besonders herzlichen Geste und einem Kuss auf die Wange, und Elena konnte nicht umhin, die Frau, die sie bei Dr. Meggar gesehen hatte, mit der eleganten Dame zu vergleichen, die ihr jetzt gegenüberstand. Damals war sie kaum mehr gewesen als Haut und Knochen, mit den Augen eines scheuen, wilden, unterdrückten Geschöpfes, und sie hatte einen gewöhnlichen Hausmantel getragen und dazu Männerpantoffeln. Jetzt erinnerte sie Elena an eine römische Matrone, ihr Gesicht war heiter und friedlich und begann unter einer
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