Tagebuch Eines Vampirs 06. Seelen Der Finsternis
einem Traum– es war nicht wie sein Traum von Elena, die er ständig aus den Augenwinkeln zu sehen schien und die weinte. Sondern wie in einem fiebrigen Albtraum. Er konnte seine Muskeln nicht länger wirksam einsetzen. Sein Körper war zerschunden, und selbst während er seine Beine heilte, fügte ihm ein anderer Vampir einen tiefen Schnitt quer über den Rücken zu. Er hatte mehr und mehr das Gefühl, als sei er in einem Albtraum gefangen, in dem er sich nur noch in Zeitlupe bewegen konnte. Gleichzeitig flüsterte etwas in seinem Gehirn ihm zu, dass er sich ausruhen solle. Einfach ausruhen… und es wäre alles vorüber.
Schließlich fielen sie in größerer Zahl über ihn her und dann erschien irgendjemand mit einem Pflock.
» Gut, dass wir den los sind«, sagte der Mann mit dem Pflock.
Sein Atem stank nach schalem Blut, und sein hohngrinsendes Gesicht war grotesk verzerrt, während er mit leprös aussehenden Fingern Damons Hemd aufriss, um kein Loch in die feine schwarze Seide zu machen.
Damon spuckte ihn an und bekam dafür einen harten Tritt ins Gesicht.
Für einen Moment wurde er ohnmächtig, dann holte ihn der Schmerz langsam ins Bewusstsein zurück.
Der Schmerz und der Lärm. Die hämische Menge vollführte trunken von Grausamkeit einen stampfenden, rhythmischen, improvisierten Tanz rund um Damon, und die Vampire und die Dämonen brüllten vor Lachen, während sie mit imaginären Pflöcken zustießen.
Das war der Moment, in dem Damon klar wurde, dass er wirklich sterben würde.
Es war eine schockierende Erkenntnis, obwohl er gewusst hatte, um wie Vieles gefährlicher diese Welt war als jene, die er vor Kurzem verlassen hatte. Und selbst in der menschlichen Welt war er dem Tod mehr als einmal nur um Haaresbreite entkommen. Aber jetzt hatte er keine mächtigen Freunde und keine Schwachen in der Menge, die er hätte ausbeuten können.
Er hatte das Gefühl, als dehnten sich die Sekunden plötzlich zu Minuten, jede einzelne von unschätzbarem Wert. Was war wichtig? Elena zu sagen…
» Blendet ihn zuerst! Setzt diesen Stock in Brand!«
» Ich werde seine Ohren nehmen! Jemand soll mir helfen, seinen Kopf festzuhalten!«
Elena sagen… irgendetwas… entschuldige…
Er gab auf. Ein weiterer Gedanke versuchte, in sein Bewusstsein einzudringen.
» Vergesst nicht, ihm die Zähne auszuschlagen! Ich habe meiner Freundin eine neue Kette versprochen!«
Ich dachte, ich sei darauf vorbereitet, überlegte Damon langsam. Aber… nicht schon so bald.
Ich dachte, ich hätte meinen Frieden gemacht… Aber nicht mit der einen Person, die zählt… ja, die mehr als alle anderen zählt.
Er ließ sich keine Zeit, um länger über dieses Thema nachzudenken.
Stefano, sandte er einen Gedanken aus, so stark wie möglich und gleichzeitig für andere so verdeckt, wie er es in seinem benommenen Zustand vermochte. Stefano, höre mich! Elena ist gekommen, um dich zu befreien – sie wird dich retten! Sie hat Kräfte, die mein Tod freisetzen wird. Und ich bin … ich bin …
In diesem Moment geriet der Tanz, der um ihn herum im Gange war, ins Stocken. Schweigen senkte sich auf die trunkenen Männer herab. Einige von ihnen neigten hastig den Kopf oder wandten den Blick ab.
Damon wurde ganz still und fragte sich, was um alles in der Welt den wild gewordenen Mob mitten in seinem Fest hatte erstarren lassen.
Jemand kam auf ihn zu. Der Neuankömmling hatte langes bronzefarbenes Haar, das ihm in einzelnen ungebärdigen, verfilzten Locken über die nackte Brust bis auf die Taille herabhing. Um diesen Körper würde ihn sogar der stärkste Dämon beneiden. Seine Brust sah aus wie aus glänzendem Bronzestein gemeißelt mit überall hervortretenden Muskeln. An seinem hochgewachsenen, löwenhaften Leib war kein Gramm Fett zu viel. Er trug schmucklose schwarze Hosen, unter denen sich die Muskeln seiner Beine bei jedem Schritt zusammenzogen.
Über die Länge eines nackten Arms erstreckte sich eine lebensechte Tätowierung von einem schwarzen Drachen, der ein Herz fraß.
Und er war nicht allein. Er hielt zwar keine Peitsche in der Hand, doch an seiner Seite lief ein schöner und auf unheimliche Weise intelligent wirkender schwarzer Hund, der jedes Mal in Habachtstellung stehen blieb, wenn sein Herr innehielt. Er musste an die zweihundert Pfund schwer sein, aber auch er hatte kein Gramm Fett zu viel am Leib.
Und auf einer Schulter trug der Mann einen großen Falken.
Der Falke hatte im Gegensatz zu den meisten Beizvögeln keine
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