Tagebuch eines Vampirs 7 - Schwarze Mitternacht
widerstehen, ihn zu
schlucken – vor al em da der Thurg, auf dem sie ritten,
stehen blieb.
»Bleib hier«, sagte Elena zu Bonnie. Sie zog einen
weiteren Vorhang beiseite und schaute viel zu tief hinunter
auf weißen Grund. Gott, diese Thurgs waren groß! Doch im
nächsten Moment war Stefano auf dem Boden und streckte
ihr die Arme entgegen.
»Spring!«
»Kannst du nicht raufkommen und mich schweben lassen?
«
»Tut mir leid. Irgendetwas an diesem Ort behindert meine
Macht.«
Elena ließ sich keine Zeit zum Nachdenken. Sie schwang
sich in die Luft und Stefano fing sie geschickt auf. Spontan
klammerte sie sich an ihn und spürte den vertrauten Trost
seiner Umarmung.
Dann sagte er: »Komm und sieh dir das an.«
Sie hatten eine Stel e erreicht, an der das Land endete und
der Nebel sich teilte, wie Vorhänge, die zu beiden Seiten
weggezogen wurden. Direkt vor ihnen lag ein zugefrorener
See. Ein silbriger, zugefrorener See, in seiner Form
beinahe ein perfektes Rund.
»Der Spiegelsee?«, fragte Damon und legte den Kopf
schräg.
»Ich dachte immer, das sei ein Märchen«, meinte Stefano.
»Wil kommen in Bonnies Märchenbuch.«
Der Spiegelsee sah tatsächlich aus wie ein Spiegel – ein
Taschenspiegel, nachdem man ihn sanft angehaucht hatte.
»Und was wird mit den Thurgs?«, fragte Elena – oder
vielmehr flüsterte sie es. Sie konnte nicht anders als
flüstern. Der stil e See bedrängte sie, ebenso wie der
Mangel an jeglichem natürlichen Geräusch: Kein Vogel
sang, nichts raschelte in den Büschen – es gab gar keine
Büsche! Keine Bäume! Stattdessen war da nur der Nebel,
der das gefrorene Gewässer umgab.
»Die Thurgs«, wiederholte Elena eine Spur lauter. »Sie
können unmöglich über den See gehen!«
»Das hängt davon ab, wie dick das Eis ist«, sagte Damon
und ließ sein altes Zweihundertfünfzig-Kilowatt-Lächeln
aufblitzen. »Wenn es dick genug ist, wird es für sie
genauso sein, als gingen sie über Land.«
»Und wenn es nicht dick genug ist?«
»Hm … schwimmen Thurgs im Wasser?«
Elena warf ihm einen verärgerten Blick zu und sah Stefano
an. »Was meinst du?«
»Ich weiß es nicht«, erwiderte er zweifelnd. »Es sind sehr
große Tiere. Lasst uns Bonnie nach den Kindern in dem
Märchen fragen.«
Nachdem Stefano Bonnie geholt hatte – immer noch
eingewickelt in Pelzdecken, an deren Säumen sich
langsam Eisklumpen sammelten, während sie über den
Boden schleiften –, betrachtete sie den See mit grimmiger
Miene. »Die Geschichte ist nicht ins Detail gegangen«,
sagte sie. »Es hieß nur, dass sie immer weiter gegangen
seien, immer weiter und weiter, und dass sie Mutproben
bestehen mussten und ? und dass sie ihren Verstand unter
Beweis stel en mussten, bevor sie ihr Ziel erreichten.?
»Glücklicherweise«, bemerkte Damon lächelnd, »besitze
ich große Mengen von beidem, Mut und Verstand, um den
gänzlichen Mangel meines Bruders an diesen Dingen
auszugleichen …«
»Hör auf damit, Damon!«, platzte Elena heraus. Sobald sie
sein Lächeln gesehen hatte, drehte sie sich zu Stefano um
und begann, ihn zu küssen. Sie wusste, was Damon sehen
würde, wenn er sich wieder ihnen zuwandte – sie und
Stefano in einer innigen Umarmung, Stefano, der kaum
wahrnahm, was gesprochen wurde. Zumindest konnten sie
einander immer noch mit ihrem Geist berühren. Und es ist
faszinierend, dachte Elena, Stefanos warmer Mund,
während al es andere in der Welt kalt ist. Sie sah schnel
Bonnie an, um sich davon zu überzeugen, dass sie sich
nicht aufgeregt hatte, aber Bonnie wirkte durchaus heiter.
Je weiter ich Damon von mir wegzutreiben scheine, umso
glücklicher ist sie, dachte Elena. Oh Gott … das ist ein
Problem.
Stefano begann, leise zu sprechen. »Bonnie, es läuft
darauf hinaus, dass es deine Entscheidung sein muss.
Versuch nicht, Mut oder Verstand oder sonst irgendetwas
anderes zu benutzen außer deinen tiefsten Gefühlen. Wohin
gehen wir?«
Bonnie schaute zu den Thurgs zurück, dann betrachtete sie
den See.
»Geradeaus«, erklärte sie ohne jedes Zögern und deutete
direkt über den See.
»Wir sol ten besser einige der Kochsteine, einen Teil des
Brennstoffs und ein paar eiserne Rationen selbst tragen«,
schlug Stefano vor. »Auf diese Weise werden wir uns, fal s
es zum Schlimmsten kommt, immer noch versorgen
können.«
»Außerdem«, warf Elena ein, »wird es die Last der Thurgs
verringern – wenn auch nur ein klein wenig.«
Es kam ihr
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