Tagebuch eines Vampirs 7 - Schwarze Mitternacht
rückblickend betrachtet.
Einige Sekunden lang, die als die schlimmsten in ihrem
Leben durchgehen konnten, hagelten Heu, Steine und
Staub von altem Dung auf sie herab.
Als es endlich vorüber war, schaute sie sich niesend und
hustend um und stel te fest, dass sie immer noch auf dem
Thurg saß. Der Stock war zerbrochen, aber es war ein
genügend großes Stück übrig geblieben, das sie benutzen
konnte. Stefano fragte hektisch, sowohl laut als auch mittels
Telepathie, ob es ihr gut gehe. Bonnie schlitterte auf dem
Eis hin und her, als wol e sie ihnen al en die Richtung
weisen, und Damon schimpfte mit ihr und befahl ihr, zurück
an Land zu gehen und dort zu bleiben.
In der Zwischenzeit schob Elena sich zentimeterweise den
Rumpf des Thurgs hinauf. Sie hatte den zerstörten
Tragebehälter für die Vorräte bereits hinter sich. Endlich
erreichte sie den Lenkersattel direkt hinter dem
kuppelförmigen Kopf und ließ sich darauf nieder.
Und dann kratzte sie mit dem Stock den Thurg hinter den
Ohren.
»Elena!«, rief Stefano, und dann: Elena, was hast du vor?
»Ich weiß es nicht!«, rief sie zurück. »Ich versuche, den
Thurg zu retten!«
»Das kannst du nicht«, unterbrach Damon Stefanos
Antwort mit einer Stimme, die so eisig kalt war wie der Ort,
an dem sie sich befanden.
»Biratz kann es schaffen!«, rief Elena wild – eben deshalb,
weil sie selbst Zweifel hegte, dass das Tier eine Chance
hatte. »Ihr könntet helfen, indem ihr an ihrem Zügel zieht.«
»Das ist sinnlos«, rief Damon, vol führte eine
Kehrtwendung und ging lautlos in den Nebel hinein.
»Ich werde es versuchen. Wirf den Zügel vor sie hin«, sagte
Stefano.
Elena warf den geknoteten Zügel mit al er Kraft nach vorn.
Stefano musste beinahe bis zum Rand des Eises laufen,
um ihn aufzufangen, bevor er im Wasser verschwinden
konnte. Dann hielt er ihn triumphierend hoch. »Ich hab ihn!«
»In Ordnung, zieh! Zeig ihr eine Richtung, in die sie sich
bewegen kann.«
»Al es klar!«
Elena kratzte Biratz abermals hinter dem rechten Ohr. Das
Tier gab ein schwaches Raunen von sich und dann nichts
mehr. Elena konnte sehen, wie Stefano sich gegen den
Zügel stemmte.
»Komm schon«, sagte Elena und versetzte dem Tier einen
scharfen Schlag mit dem Stock.
Das Thurg-Weibchen hob einen riesigen Fuß, wagte ihn
weiter aufs Eis hinaus und kämpfte. Sobald sie das tat,
schlug Elena ihr kräftig hinter das linke Ohr.
Dies war der entscheidende Augenblick. Wenn Elena
Biratz daran hindern konnte, das gesamte Eis zwischen
ihren Hinterbeinen zu zerquetschen, hatten sie viel eicht
eine Chance.
Das Thurg-Weibchen hob zaghaft das linke Hinterbein und
streckte es, bis es auf das Eis traf.
»Gut, Biratz! Jetzt!«, rief Elena. Wenn Biratz jetzt nur einen
Satz nach vorn machen würde …
Unter Elena setzten sich gewaltige Massen in Bewegung.
Sekundenlang dachte sie, dass Biratz viel eicht mit al en
vier Beinen durch das Eis gebrochen war. Dann veränderte
sich das Gestrampel und wurde zu einer wiegenden
Bewegung, und plötzlich wusste Elena, dass sie gewonnen
hatten, und ihr wurde ein wenig schwindlig angesichts ihres
Erfolgs.
»Ganz ruhig jetzt, ganz ruhig«, rief sie dem Tier zu und
versetzte ihm einen sanften Stoß mit dem Stock. Und
langsam und behäbig bewegte Biratz sich vorwärts. Ihr
kuppelförmiger Kopf sank immer weiter nach unten und sie
strauchelte am Rand einer Nebelbank und brach wieder
durchs Eis. Aber diesmal sank sie nur wenige Zentimeter
tief ein, bevor ihre Füße auf Schlamm trafen.
Einige weitere Schritte, und sie waren auf festem Boden.
Elena musste nach Luft schnappen, um einen Schrei zu
unterdrücken, als Biratz den Kopf nach unten sacken ließ
und ihr eine kurze, beängstigende Fahrt hinunter bis dorthin
verschaffte, wo die Stoßzähne sich wieder aufwärtsbogen.
Irgendwie schlitterte sie direkt zwischen ihnen hindurch und
kletterte hastig von Biratz’ Rüsseln.
»Es war sinnlos, das zu tun«, erklang Damons Stimme
irgendwo neben ihr im Nebel. »Dein eigenes Leben aufs
Spiel zu setzen.«
»Was m-meinst du mit s-sinnlos?«, fragte Elena. Sie hatte
keine Angst; sie war halb erfroren.
»Die Tiere werden ohnehin sterben. Die nächste Prüfung
werden sie nicht bestehen können, und selbst wenn sie es
könnten – hier wächst nichts, kein einziger Halm. Statt
eines schnel en, sauberen Todes im Wasser werden sie
langsam verhungern.«
Elena antwortete nicht; die einzige Antwort, die ihr
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