Tagebuch eines Vampirs 7 - Schwarze Mitternacht
wie ein Verbrechen vor, Bonnie einen Rucksack
aufzusetzen, aber diese bestand darauf. Schließlich sorgte
Elena dafür, dass ein Rucksack ausschließlich mit den
warmen, seltsam leichten Pelzkleidern gefül t wurde. Al e
anderen trugen Kochsteine, Nahrungsmittel und Dung –
den getrockneten Tierkot, der von nun an ihr einziger
Brennstoff sein würde.
Es war von Anfang an schwierig. Elena hatte kaum
Erfahrung mit Eis – aber eine dieser seltenen
Gelegenheiten, bei denen sie auf Eis gestanden war, wäre
für Matt beinahe zur Katastrophe geworden. Sie war darauf
vorbereitet, bei jedem Knacken, jedem Geräusch, das
brechendes Eis bedeutete, loszuspringen und
herumzuwirbeln. Aber es gab kein Knacken; kein Wasser,
das aus der Tiefe wal te, um über ihre Stiefel zu
schwappen.
Die Thurgs waren diejenigen, die tatsächlich dazu gebaut
schienen, über gefrorenes Wasser zu gehen. Ihre Füße
waren sehr elastisch und konnten sich beinahe auf das
Anderthalbfache ihrer ursprünglichen Größe ausdehnen,
sodass sie es vermieden, zuviel Druck auf eine einzige
Stel e im Eis auszuüben.
Sie kamen nur langsam voran, aber Elena konnte nichts
besonders Tödliches an dem See entdecken. Es war
einfach das glatteste Eis, das sie je erlebt hatte. Ihre Stiefel
wol ten Schlittschuh fahren.
»He, seht mal!« Bonnie fuhr Schlittschuh, genauso, als sei
sie auf einer Schlittschuhbahn, rückwärts und vorwärts und
seitwärts. »Das macht Spaß!«
»Wir sind nicht hier, um Spaß zu haben«, rief Elena zurück.
Sie sehnte sich danach, es selbst zu versuchen, hatte
jedoch Angst, Schnitte – oder auch nur Kratzer – in das Eis
zu machen. Und außerdem verbrauchte Bonnie damit
doppelt so viel Energie, wie notwendig gewesen wäre.
Sie wol te Bonnie das gerade zurufen, als Damon mit
verärgerter Stimme al jene Argumente vorbrachte, an die
sie gedacht hatte, und einige weitere dazu.
»Dies ist keine Vergnügungsfahrt«, sagt er knapp. »Es
geht um das Schicksal eurer Stadt.«
»Als würde dich das interessieren«, murmelte Elena,
drehte ihm den Rücken zu und berührte die Hand der
unglücklichen Bonnie, sowohl um sie zu trösten als auch um
sie wieder in angenehmer Reichweite neben sich zu
haben. »Bonnie, spürst du irgendetwas Magisches an dem
See?«
»Nein.« Doch dann schien Bonnies Fantasie einige Gänge
hochzuschalten. »Aber viel eicht sind dort sämtliche
Mystiker aus beiden Dimensionen zusammengekommen,
um Zauber auszutauschen. Oder viel eicht ist dies der Ort,
an dem sie das Eis wie einen echten magischen Spiegel
benutzt haben, um ferne Orte und Dinge zu sehen.«
»Viel eicht ist beides richtig«, erwiderte Elena, insgeheim
erheitert, doch Bonnie nickte ernst.
Und das war der Moment, in dem es kam. Das Geräusch,
auf das Elena gewartet hatte.
Es war kein fernes Dröhnen, das sie ignorieren oder
erörtern konnten. Sie waren mit einigem Abstand zwischen
sich über das Eis gegangen, um keinen zu großen Druck
darauf auszuüben, während die Thurgs hinter ihnen
herkamen, zu beiden Seiten – wie ein Schwarm Gänse
ohne Anführer.
Dieses Geräusch war ein grauenhaft nahes Krachen wie
ein Pistolenschuss. Sofort erklang es erneut, einem
Peitschenhieb gleich, und dann folgten klirrende und
reißende Geräusche.
Es war links von Elena, auf Bonnies Seite.
»Du musst schlittern, Bonnie«, schrie sie. »Schlittere so
schnel du kannst. Schrei, wenn du Land siehst.«
Bonnie stel te keine einzige Frage. Sie lief vor Elena los
wie eine Eisschnel läuferin bei den Olympischen Spielen
und Elena drehte sich eilig um.
Biratz, das Thurg-Weibchen, hatte ein monströses,
schwarzes Bein im Eis stecken, und während sie sich
bemühte, es wieder herauszubekommen, splitterte
weiteres Eis.
Stefano! Kannst du mich hören?
Schwach. Ich komme zu dir.
Ja – aber komm nur so nah, wie du kommen musst, um
den Thurg zu beeinflussen.
Den Thurg beeinflussen …?
Beruhige sie, zieh sie heraus, was auch immer. Sie reißt
das Eis auf, und das wird es nur umso schwerer machen,
sie herauszuholen!
Diesmal entstand eine Pause, bevor Stefanos Antwort
kam. Schwache Echos verrieten ihr jedoch, dass er sich
auf telepathischem Wege mit jemand anderem unterhielt.
In Ordnung, Liebste, ich werde es tun. Ich werde mich um
den Thurg kümmern. Du folgst Bonnie.
Er log. Oh, er log nicht direkt, sondern verbarg etwas vor
ihr. Die Person, der er Gedanken gesandt hatte, war
Damon. Sie wol ten sie bei Laune
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