Tagebuch eines Vampirs 7 - Schwarze Mitternacht
kleinen Palast endlich verließ, ging Damon zur
Vordertür hinaus. Er hatte ein wenig von dem Geld bei sich,
das er vom Pfandleiher für die Juwelen erhalten hatte, aber
dies war mehr als genug für das, was ihm vorschwebte.
Er ging in ein Dutzend Geschäfte und kaufte ein, bis seine
letzte Münze ausgegeben war. Eigentlich hatte er sich
zwischen seinen Besorgungen auf einen Besuch in
Bonnies Zimmer stehlen wol en, aber der Markt lag in der
entgegengesetzten Richtung von dem Gasthaus, in dem er
sie zurückgelassen hatte, und so blieb ihm am Ende
einfach keine Zeit dafür.
Er machte sich keine großen Sorgen, während er zu dem
kleinen Schloss zurückging. So sanft und zerbrechlich
Bonnie auch wirkte, hatte sie eine innere Stärke, die sie –
dessen war er gewiss – für drei Tage in ihrem Zimmer
festhalten würde. Sie konnte es verkraften. Damon wusste
es.
Er klopfte an das Tor, bis ein mürrischer Wachposten es
öffnete.
»Was wil st du?«, zischte der Wachposten.
Bonnie langweilte sich zu Tode. Es war erst ein Tag
vergangen, seit Damon sie al ein gelassen hatte – ein Tag,
den sie nur an der Anzahl von Mahlzeiten messen konnte,
die man ihr gebracht hatte, da die riesige rote Sonne für
immer am Horizont stand und das blutrote Licht sich
niemals veränderte – es sei denn, es regnete.
Bonnie wünschte, es würde regnen. Sie wünschte, es
würde schneien oder dass es ein Feuer gäbe oder einen
Hurrikan oder einen kleinen Tsunami. Sie hatte es mit einer
der Sternenkugeln versucht und war auf eine lächerliche
Seifenoper gestoßen, die sie nicht im Mindesten
interessierte.
Jetzt wünschte sie, sie hätte niemals versucht, Damon
daran zu hindern hierherzukommen. Sie wünschte, er hätte
sie abschütteln können, bevor sie beide in das Loch
gefal en waren. Sie wünschte, sie hätte Meredith’ Hand
ergriffen und Damon einfach losgelassen.
Und das war nur der erste Tag.
Damon lächelte den mürrischen Wachposten an. »Was ich
wil ? Nur was ich bereits habe. Ein offenes Tor.« Er trat
jedoch nicht sogleich ein, sondern fragte, was Madame la
Princesse tue, und hörte, dass sie einen kleinen
Mittagsimbiss einnehme. Mit Gästen.
Perfekt. Schon bald wurde abermals unterwürfig am Tor
geklopft, und Damon verlangte, dass es wieder geöffnet
wurde. Die Wachposten mochten ihn offensichtlich nicht;
sie hatten das Verschwinden des Mannes, der sich als der
Hauptmann der Wache entpuppt hatte, richtig mit dem
Eindringen dieses fremden Menschen in Zusammenhang
gebracht. Aber selbst in dieser bedrohlichen Welt ging von
Damon immer noch etwas besonders Bedrohliches aus.
Sie gehorchten ihm.
Kurz danach erklang ein weiteres leises Klopfen und dann
noch eins und noch eins und so weiter, bis zwölf Männer
und Frauen, die Arme vol er feuchter, duftender, braun
eingeschlagener Pakete, Damon leise die Treppe hinauf in
das schwarze Schlafgemach der Prinzessin gefolgt waren.
Jessalyn hatte in der Zwischenzeit während einer langen,
steifen Zusammenkunft einige ihrer Finanzberater bewirtet,
die ihr beide sehr alt erschienen, obwohl sie noch vor ihrem
dreißigsten Lebensjahr verwandelt worden waren. Ihre
Muskeln sind weich, weil sie sie so selten benutzen, dachte
sie. Und natürlich trugen sie ein langärmeliges,
weitbeiniges schwarzes Gewand mit einer weißen Rüsche
am Hals – weiß im Gaslicht und scharlachrot draußen unter
der ewigen blutroten Sonne.
Die Prinzessin hatte gerade beobachtet, wie sich die
Finanzberater unter Verbeugungen von ihr entfernten, als
sie sich einigermaßen gereizt erkundigte, wo der Mensch
Damon sei. Mehrere Diener, hinter deren Lächeln sich pure
Bosheit verbarg, erklärten, er sei mit einem Dutzend …
Menschen … zu ihrem Schlafgemach hinaufgegangen.
Jessalyn fog beinahe die Treppe hinauf und bewegte sich
dabei sehr schnel und mit der flie?enden Anmut, von der
sie wusste, dass sie von weiblichen Vampiren erwartet
wurde. Sie erreichte die Spitzbogent?ren und h?rte das
ged?mpfte Getuschel ihrer Kammerzofen, aus dem entr?
stete Bosheit sprach. Aber bevor die Prinzessin auch nur
fragen konnte, was da vorging, wurde sie von einer gro?en,
warmen Wel e eines Duftes eingeh?l t. Es war nicht der k?
stliche und lebenserhaltende Duft von Blut, sondern etwas
Leichteres, S??eres, und im Augenblick, da ihre Blutgier
gestil t war, erschien dieser Duft noch berauschender und
schwindelerregender. Sie dr?ckte die Doppelt?ren auf. Sie
trat
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