Tagebuch eines Vampirs 7 - Schwarze Mitternacht
getan,
dafür hatte er Bonnie schwarzmagischen Wein
eingeschenkt, dafür hatte er die Flüssigkeit aus der
Sternenkugel in die vier Ecken der Pforte gegossen, dafür
hatte er sich einen Weg durch die Verteidigungswäl e
dieses winzigen Juwels von einem Schloss gebahnt. Für
diesen Augenblick, da sein menschlicher Gaumen den
Nektar kosten konnte, der Vampirblut war.
Und es war … himmlisch!
Dies war das zweite Mal in seinem Leben, dass er als
Mensch Vampirblut trank – nach Catarina. Und wie sie
nach so etwas, bekleidet nur mit ihrem kurzen
Musselinhemd, zu dem großäugigen unerfahrenen kleinen
Jungen, der sein Bruder war, hatte davonschleichen k?
nnen, w?rde er niemals begreifen.
Seine Unruhe ergriff nun auch Jessalyn. Doch das durfte
nicht geschehen. Sie musste gelassen und gefasst bleiben,
während er so viel von ihrem Blut nahm, wie er konnte. Es
würde ihr überhaupt nicht wehtun und für ihn war es
unendlich wichtig.
Er zwang sein Bewusstsein weg von der puren,
elementaren Glückseligkeit dessen, was er tat, und begann
sehr vorsichtig, sehr zart in ihren Geist einzudringen.
Es war nicht schwierig, zum Kern ihres Geistes
vorzustoßen. Wer immer dieses zierliche, feinknochige
Mädchen der menschlichen Welt entrissen und sie mit der
Natur eines Vampirs ausgestattet hatte, hatte ihr keinen
Gefal en getan. Es war nicht so, dass sie irgendwelche
moralischen Einwände gegen den Vampirismus gehabt
hätte. Sie hatte sich mühelos an dieses Leben gewöhnt
und genoss es. Sie hätte eine gute Jägerin in der Wildnis
abgegeben. Aber in diesem Schloss? Mit diesen Dienern?
Es war, als starrten hundert hochnäsige Kel ner und
zweihundert arrogante Sommeliers auf sie herab, sobald
sie den Mund öffnete, um einen Befehl zu erteilen.
Dieser Raum zum Beispiel. Sie hatte ein wenig Farbe
darin gewol t – nur ein Spritzer Violett hier, ein wenig Malve
dort –, aber natürlich, so begriff sie, musste das
Schlafgemach einer Vampirprinzessin zum größten Teil
schwarz sein. Als sie das Thema Farben einem der
Stubenmädchen gegenüber furchtsam angeschnitten hatte,
hatte dieses die Nase gerümpft und auf Jessalyn
herabgeblickt, als habe sie darum gebeten, dass man
direkt neben ihrem Bett einen Elefanten unterbringen m?
ge. Die Prinzessin hatte nicht den Mut gehabt, die Haush?
lterin darauf anzusprechen, aber binnen einer Woche
waren drei K?rbe vol er schwarzer und mattschwarzer
Kissen eingetroffen. Das war ihre »Farbe«. Und würde Ihre
Hoheit in Zukunft so freundlich sein, sich mit Ihrer
Haushälterin zu beraten, bevor sie das Personal auf Ihre
Launen ansprach?
Sie hat tatsächlich von meinen »Launen« gesprochen,
dachte Jessalyn, während sie den Rücken wölbte und mit
scharfen Fingernägeln durch Damons dickes, weiches
Haar fuhr. Und – oh, es nutzt nichts. Ich nutze nichts. Ich
bin eine Vampirprinzessin, und ich kann zwar so
aussehen, wie die Rolle es von mir verlangt, aber ich kann
sie nicht spielen.
Ihr seid von Kopf bis Fuß eine Prinzessin, Euer Hoheit,
besänftigte Damon sie. Ihr braucht lediglich jemanden,
der Eure Befehle durchsetzt. Jemanden, der keinen
Zweifel an Eurer Überlegenheit hat. Sind Eure Diener
Sklaven?
Nein, sie sind alle Freie.
Nun, das macht es ein wenig schwieriger, aber Ihr könnt
sie jederzeit lauter anschreien. Damon fühlte sich bereits
wie angeschwol en von ihrem Blut. Wenn sie noch zwei
Tage so weitermachten, würde er, wenn auch nicht wieder
ganz der Alte, so doch zumindest fast der Alte sein: Ein
Vampir, dem es frei stand, nach Belieben in der Stadt
umherzuschlendern. Und mit der Macht und dem Status
eines Vampirprinzen. Es genügte beinahe, um die
grauenvol en Dinge auszugleichen, die er während der
letzten zwei Tage erlebt hatte. Zumindest konnte er sich
das einreden und versuchen, es zu glauben.
»Hört zu«, sagte er abrupt und ließ Jessalyns zarten Körper
los, um ihr besser in die Augen sehen zu können. »Eure
glorreiche Hoheit, erlaubt mir, Euch einen Gefal en zu tun,
bevor ich an Liebe sterbe, oder Ihr lasst mich für meine
Unverschämtheit töten. Gestattet mir, Euch ›Farbe‹ zu
bringen – und dann gestattet mir, mich neben Euch zu
stel en, sol te einer Eurer Untergebenen deswegen
murren.«
Jessalyn war nicht an diese Art von plötzlicher
Entscheidung gewöhnt, konnte aber nicht anders, als sich
von Damons feuriger Erregung mitreißen zu lassen. Wieder
wölbte sie den Rücken.
Als er ihren
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