Tagebuch eines Vampirs 8 - Jagd im Abendrot
so viel em-
pfinden wie für ihn. So war es in den vergangenen Jahrhunderten, und so
wird es immer sein. Du solltest die Menschen hier zurücklassen. Sie leiden
lassen. Warum überlässt du sie nicht einfach der Gefahr? Sie würden das
Gleiche mit dir machen. Elena und ihre Freunde sind durch Dimensionen
gereist, haben Sklaverei auf sich genommen und den größten Gefahren
getrotzt, um Stefano zu retten – aber dich haben sie sterbend zurück-
gelassen, weit fort von zu Hause. Sie sind hierher zurückgekehrt und war-
en ohne dich glücklich. Was bist du ihnen da noch schuldig?«
Damon, dessen Gesicht jetzt, da alle Kerzen erloschen waren, im
Dunkeln lag, stieß ein düsteres, bitteres kleines Lachen aus. Seine Augen
glänzten in dem fahlen Licht und richteten ihren Blick auf die eisklaren
Augen des Phantoms. Es folgte ein langes Schweigen, und Elena stockte
der Atem.
Die Kerze noch immer in der Hand, trat Damon vor. »Erinnerst du dich
nicht?«, fragte er mit kühler Stimme. »Ich habe dich von mir gewiesen.«
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Und mit übermenschlicher Schnelligkeit und noch bevor irgendjemand
auch nur blinzeln konnte, zündete er mit seiner Macht die Kerze wieder an
und schleuderte sie dem Phantom direkt ins Gesicht.
Kapitel Fünfunddreissig
Elena machte einen Satz nach hinten, als das Phantom Feuer fing. Sie war
ihm so nah, dass die Hitze der Flammen auf ihren Wangen brannte, und
sie konnte riechen, wie ihr eigenes Haar versengt wurde.
Sie beschirmte das Gesicht mit den Händen und bewegte sich so lautlos
und verstohlen wie nur möglich immer näher an das Phantom heran. Ihre
Beine zitterten, aber sie zwang sie zu einem festen Schritt.
Sie
unternahm
den
bewussten
Versuch,
nicht
zu
Stefano
hinüberzuschauen, der auf dem Boden der Garage zusammengesackt war,
ebenso wie sie es sich vorher verboten hatte, Damons und Stefanos Kampf
zu beobachten, als sie nachdenken musste.
Plötzlich explodierten Flammen, und für eine blendende Sekunde wagte
Elena zu hoffen, dass Damon es geschafft hatte. Das Phantom brannte.
Auch wenn es eine Kreatur aus Eis war.
Aber dann begriff sie, dass die Eifersucht nicht nur brennen konnte. Sie
lachte auch.
»Du Narr«, sagte das Phantom zu Damon mit einer sanften und beinahe
zärtlichen Stimme. »Du denkst, Feuer kann mich verletzen? Eifersucht
brennt als Feuer – und ist zugleich kälter als Eis. Gerade du solltest das
wissen, Damon.« Das Phantom lachte sein seltsames, klirrendes Lachen.
»Ich kann die Eifersucht spüren, die Wut, die die ganze Zeit über in dir
brennt, Damon. Sie brennt so heiß, dass ich den Hass und die Verzwei-
flung riechen kann, die in dir leben. Und deine schäbigen kleinen
Kränkungen und Wutanfälle sind für mich Speis und Trank. Du klammerst
dich an sie und brütest über ihnen wie über einem Schatz. Es mag dir
gelungen sein, dich von einem winzigen Bruchteil der unzähligen
Kränkungen loszusagen, die dich belasten, aber du wirst niemals frei von
mir sein.«
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Um die Füße des Phantoms herum zuckten winzige, blaue Flammenlini-
en auf und breiteten sich schnell auf dem Boden der Garage aus. Elena
beobachtete es voller Entsetzen: Hatte Mrs Flowers’ uralter Ford diese
Ölspuren verursacht, die jetzt brannten? Oder war es einfach die gestaltge-
wordene Bosheit des Phantoms, die sich als Feuer zwischen ihnen
ausbreitete?
Es spielte keine Rolle. Es zählte nur, dass die Garage in Flammen stand,
und während das Phantom immun gegen die Flammen war, mussten die
Übrigen um ihr Leben kämpfen. Rauch erfüllte den modrigen Raum, und
Elena und ihre Freunde begannen zu husten. Elena hielt sich mit der Hand
Mund und Nase zu.
Damon schoss an Elena vorbei, knurrte und sprang dem Phantom an die
Kehle.
Selbst in dieser ernsten Situation konnte Elena nicht umhin, Damons
Geschwindigkeit und Anmut zu bewundern. Er stieß mit dem Phantom
zusammen, riss es zu Boden, prallte dann zurück und schützte das Gesicht
mit seinem in der Lederjacke steckenden Arm. Feuer, erinnerte Elena sich
mit einem Anflug von Entsetzen, Feuer ist eins der wenigen Dinge, die
einen Vampir töten können.
Ihre Augen tränten von dem Rauch, aber sie zwang sich, sie offen zu hal-
ten, während sie sich näher heran bewegte und hinter das Phantom
schlüpfte, das wieder auf den Füßen war. Sie konnte ihre Freunde
durcheinanderrufen hören, aber sie konzentrierte sich auf den Kampf.
Das Phantom bewegte sich unbeholfener als zuvor,
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