Tagebuch eines Vampirs 8 - Jagd im Abendrot
Wunsch hatten, einander zu töten. Elena hat mir die Augen
geöffnet: Wir sind tatsächlich mehr als die schlechten Teile unserer selbst.
Und so weise ich meine Eifersucht von mir.«
Die dunkelblaue Kerze flackerte und erlosch. Elena beobachtete das
Phantom genau und sah, wie die Rose in seiner Brust für einen Moment
schwächer leuchtete. Das Phantom zuckte zusammen und knurrte, dann
nahm es seinen Kampf gegen Mrs Flowers’ Zauber wieder auf. Als es einen
Ruck nach vorn machte, taumelte die alte Dame zurück.
»Jetzt!«, forderte Elena Damon auf, sah ihn vielsagend an und wünschte
sich mehr denn je, sie hätte noch ihre telepathischen Kräfte gehabt. Lenk
sie ab, sandte sie ihm mit ihren Augen und hoffte, er verstand.
Damon nickte knapp, dann räusperte er sich theatralisch, lenkte aller
Aufmerksamkeit auf sich und griff nach der dunkelroten Kerze – der let-
zten, die in der Reihe noch brannte. Einige Sekunden hielt er den Kopf
nachdenklich über die Kerze gesenkt, und seine langen, dunklen Wimpern
streiften seine Wangen. Er hatte wirklich ein Talent für dramatische
Auftritte.
Sobald aller Augen auf ihm ruhten, berührte Elena Stefano und
bedeutete ihm, sich zusammen mit ihr dem Phantom von beiden Seiten zu
nähern.
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»Ich war eifersüchtig«, begann Damon und schaute auf die Flamme der
Kerze hinab, die er in der Hand hielt. Er blickte kurz zu Elena auf, und sie
nickte ermutigend.
»Ich war eifersüchtig«, wiederholte er stirnrunzelnd. »Ich habe das
begehrt, was mein Bruder hatte, wieder und wieder.«
Elena schob sich von rechts näher an das Phantom heran, Stefano von
links.
Mrs Flowers wurde auf sie aufmerksam. Elena bemerkte, wie die alte
Dame die Augenbrauen kaum merklich hochzog und ihren Zauber lauter
und grimmiger zu murmeln begann. Auch Damons Stimme schwoll an,
und so wetteiferten sie um die Aufmerksamkeit des Phantoms, um es
daran zu hindern, Stefanos und Elenas Plan zu durchschauen.
»Ich brauche nicht auf jedes einzelne Detail aus meiner Vergangenheit
einzugehen«, sagte Damon, und sein typisches Grinsen erschien auf dem
zerschundenen Gesicht. »Ich denke, es hat heute genug Einzelheiten
gegeben. Ich will mich damit begnügen zu sagen, dass es Dinge gibt, die
ich … bedauere. Dinge, die ich in Zukunft gern anders machen würde.« Er
hielt einen Moment lang dramatisch inne, den Kopf stolz zurückgeworfen.
»Und so gebe ich zu, dass ich das Phantom der Eifersucht genährt habe.
Und jetzt weise ich diese Eifersucht von mir.«
In dem Moment, in dem Damons Kerze erlosch – und Gott sei Dank
war sie erloschen, dachte Elena, schließlich neigte Damon dazu, sich an
seine schlimmsten Impulse zu klammern –, verblasste die Rose in der
Brust des Phantoms wieder zu einem dunklen Rosa. Die Eifersucht knur-
rte und schwankte kaum merklich. Im selben Moment stürzte Stefano auf
sie zu, hob die Hand zu dem Schnitt quer über ihrer Brust, schob sie in den
Körper der Eifersucht hinein – und griff nach der Rose.
Ein Schwall grüner, zäher Flüssigkeit spritzte aus der Wunde, als Ste-
fano die Rose zerdrückte. Dann schrie das Phantom auf, ein langes, überi-
rdisches Heulen, bei dem alle zusammenzuckten. Bonnie schlug sich die
Hände über die Ohren und Sabrina stöhnte. Für einen Moment dachte
Elena schon, dass sie den Sieg davongetragen hätten – dass Stefano mit
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dem Ergreifen der Rose das Phantom besiegt hätte. Aber dann richtete
sich das Ungeheuer wieder auf, befreite sich unter plötzlicher Anspannung
aller Muskeln aus den Fesseln, die Mrs Flowers ihm angelegt hatte, riss
Stefano mit einer fließenden Bewegung von seiner Seite – sodass Stefanos
Hand leer aus der Brust des Phantoms zum Vorschein kam – und
schleuderte ihn quer durch die Garage.
Stefano schlug mit einem gedämpften Aufprall gegen die Wand, glitt zu
Boden und blieb regungslos liegen. Erschöpft von ihrem Kampf mit dem
Phantom sackte Mrs Flowers ebenfalls in sich zusammen, und Matt beeilte
sich, sie aufzufangen, bevor sie auf dem Boden aufprallte.
Das Eifersuchtsphantom lächelte Damon träge an und zeigte dabei seine
scharfen Zähne. Seine gletscherklaren Augen glitzerten.
»Zeit zu gehen, Damon«, sagte die Eifersucht leise. »Du bist der Stärk-
ste hier. Der Beste von allen. Aber sie werden immer ein großes Getue um
Stefano machen, den Schwächling, deinen nutzlosen kleinen Bruder. Was
du auch immer tust, für dich werden diese Sterblichen niemals
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