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Tagebuch eines Vampirs 8 - Jagd im Abendrot

Tagebuch eines Vampirs 8 - Jagd im Abendrot

Titel: Tagebuch eines Vampirs 8 - Jagd im Abendrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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das Phantom
    sie hingebracht haben mochte – es nicht dieser Ort war.
    Er war hierher gekommen, um ein Held zu sein: um das Phantom zu be-
    siegen, das Mädchen zu retten und zu guter Letzt sein Mädchen zu retten.
    Idiot, dachte er und verzog die Lippen über seine eigene Torheit.
    Das Phantom hatte ihn nicht dort hingebracht, wo es Bonnie festhielt.
    Er fühlte sich seltsam zurückgewiesen, so ganz allein auf diesem
    Aschehaufen von einem Mond. Wollte das Phantom ihn nicht?
    Ein plötzlicher, machtvoller Wind wehte ihm entgegen, und Damon
    taumelte einige Schritte rückwärts, bevor er das Gleichgewicht wiederfand.
    Der Wind brachte ein Geräusch mit sich: War es ein Stöhnen? Damon
    schlug eine andere Richtung ein, zog die Schultern hoch und ging dorthin,
    wo er glaubte, dass das Geräusch hergekommen war.
    Dann erklang das Geräusch erneut, ein trauriges, schluchzendes
    Stöhnen, das hinter ihm widerhallte.
    Er drehte sich um, aber seine Schritte waren kürzer und weniger selbst-
    sicher als gewöhnlich. Was war, wenn er sich irrte und diese kleine Hexe
    verletzt und allein irgendwo auf diesem gottverlassenen Mond lag?
    Er hatte schrecklichen Hunger. Mit der Zunge berührte er seine
    schmerzenden Eckzähne, und sie wurden messerscharf. Sein Mund war so
    trocken; er stellte sich den Strom von süßem, mächtigem Blut vor, dem
    Leben selbst, das an seinen Lippen pulsierte. Wieder erklang das Stöhnen,
    diesmal rechts von ihm, und wieder drehte er sich danach um. Der Wind
    wehte ihm kalt und nebelnass ins Gesicht.
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    Das war alles Elenas Schuld.
    Er war ein Ungeheuer. Also sollte er auch wie ein Ungeheuer handeln,
    sollte Blut nehmen, ohne mit der Wimper zu zucken, sollte töten, ohne zu
    zögern oder auch nur einen zweiten Gedanken darauf zu verschwenden.
    Aber Elena hatte all das verändert. Sie hatte ihn dazu gebracht, sie
    beschützen zu wollen. Dann hatte er angefangen, auf ihre Freunde aufzu-
    passen und schließlich sogar ihre kleine Provinzstadt zu retten, aus der
    jeder Vampir mit einem Funken Selbstachtung entweder schon längst ver-
    schwunden gewesen wäre, als die Kitsune kamen, oder in der er die Zer-
    störung mit warmem Blut auf den Lippen genossen hätte.
    Er hatte all das getan – er hatte sich für sie verändert –, und sie liebte
    ihn immer noch nicht.
    Jedenfalls nicht genug. Als er in der vergangenen Nacht ihre Kehle
    geküsst und ihr Haar gestreichelt hatte, an wen hatte sie da gedacht? An
    Stefano, diesen Schwächling.
    »Es ist immer Stefano, nicht wahr?«, sagte eine klare, kühle Stimme
    hinter ihm. Damon erstarrte, und die Härchen in seinem Nacken stellten
    sich auf.
    »Was auch immer du ihm wegzunehmen versucht hast«, sprach die
    Stimme weiter, »du hast nur darum gekämpft, die Waagschalen aus-
    zugleichen. Denn Tatsache ist, dass er alles hat und du hast nichts. Du
    wolltest einfach, dass es fair zugeht.«
    Damon schauderte. Er drehte sich nicht um. Niemand hatte das jemals
    verstanden. Er hatte tatsächlich immer nur gewollt, dass es fair zuging.
    »Dein Vater hat ihn viel lieber gemocht als dich.«, fuhr die Stimme fort.
    »Du warst der Älteste, der Erbe, aber Stefano war derjenige, den dein
    Vater geliebt hat. Und in deinen Romanzen warst du immer zwei Schritte
    hinter Stefano. Catarina hat ihn bereits geliebt, als du sie erst kennengel-
    ernt hast; und dann ist die gleiche traurige Geschichte mit Elena noch ein-
    mal passiert. Sie sagen, dass sie dich lieben, deine Mädchen, aber sie
    lieben dich nie am meisten oder als Einzigen, nicht einmal, wenn du ihnen
    dein ganzes Herz schenkst.«
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    Damon schauderte abermals. Eine Träne rann ihm über die Wange, und
    er wischte sie wütend weg.
    »Und du weißt, woran das liegt, nicht wahr, Damon?«, setzte die
    Stimme glatt hinzu. »Stefano. Stefano hat sich immer alles genommen,
    was du je wolltest. Er hat die Dinge bekommen, die du wolltest, noch bevor
    du sie überhaupt gesehen hast, und er hat nichts für dich übrig gelassen.
    Elena liebt dich nicht. Sie hat es nie getan, und sie wird es niemals tun.«
    Bei diesen Worten zerbrach etwas in Damon, und sofort riss er sich
    zusammen. Wie konnte das Phantom es wagen, ihn dazu zu bringen, an
    Elenas Liebe zu zweifeln? Es war das einzig Wahre, das er kannte.
    Eine kalte Brise wehte unter Damons Kleider. Er konnte das Stöhnen
    jetzt nicht mehr hören. Und dann wurde alles totenstill.
    »Ich weiß, was du tust«, fauchte Damon. »Du denkst, du kannst mich
    überlisten?

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