Tagebuch eines Vampirs 9 - Jagd im Mondlicht
wollte, ließ ihn etwas jäh innehalten. Im
Gras lag jemand. Aber nicht irgendjemand. Für einen Moment weigerte
Matt sich zu glauben, was er sah. Das Rot und Gold einer Footballjacke.
Etwas Dickflüssiges, das sich darauf ausbreitete. Ein vertrautes Gesicht.
Dann setzten sich alle Teile zu einem eindeutigen Bild zusammen. Er
ließ sich auf die Knie fallen.
»Christopher, oh nein, Christopher!«
Überall war Blut. Matt tastete hektisch Christophers Brust ab und ver-
suchte herauszufinden, auf welche Stelle er drücken musste, um die Blu-
tung zu stoppen. Überall, überall, es kommt von überall! Christophers
ganzer Körper zitterte, und Matt presste die Hände auf die durchweichte
Footballjacke, um dafür zu sorgen, dass er still liegen blieb. Das dunkle
Blut rann in zähflüssigen Bächen über das hellere Rot des Jackenstoffes.
»Christopher, Mann, halt durch, es wird alles gut. Du wirst in Ordnung
kommen«, rief Matt und zog sein Handy heraus, um den Notruf zu
99/308
wählen. Seine Hände waren glitschig und blutverschmiert, als er sich das
Telefon ans Ohr hielt.
»Hallo«, sagte er mit zitternder Stimme. »Ich bin im Dalcrest-College,
in der Nähe des Verwaltungsgebäudes. Mein Mitbewohner … irgendje-
mand hat meinen Mitbewohner überfallen. Er blutet stark. Er ist nicht
mehr bei Bewusstsein.« Der Mann aus der Notrufzentrale begann, ihm
weitere Fragen zu stellen, und Matt versuchte, sich zu konzentrieren.
Plötzlich öffnete Christopher die Augen und schnappte nach Luft.
»Christopher«, rief Matt und ließ das Handy fallen. »Chris, sie schicken
einen Krankenwagen, halt durch!«
Das Zittern wurde schlimmer. Christophers Arme und Beine vibrierten
in einem schnellen Rhythmus. Sein Blick richtete sich auf Matts Gesicht
und er öffnete den Mund.
»Chris«, stieß Matt hervor und versuchte, ihn sanft festzuhalten, »wer
hat das getan? Wer hat dich angegriffen?«
Christopher keuchte, ein heiseres schluckendes Geräusch. Dann
verebbte das Zittern und er lag still da. Seine Lider glitten über seine
Augen.
»Chris, bitte, halt durch«, flehte Matt. »Sie kommen. Sie werden dir
helfen.« Er packte Christopher und schüttelte ihn ein wenig, aber Chris-
topher bewegte sich nicht mehr, atmete nicht mehr.
In der Ferne erklangen Sirenen, aber Matt wusste, dass der Kranken-
wagen zu spät kam.
Kapitel Dreizehn
Bonnie presste sich den Bananen-Nuss-Muffin an die Brust, als sei er eine
Art heiliger Opfergabe. Sie konnte sich einfach nicht dazu überwinden, an
Matts Tür zu klopfen. Stattdessen sah sie Meredith und Elena mit flehen-
dem Blick an.
»Oh, Bonnie «, murmelte Meredith und griff energisch an ihr vorbei,
während sie sich den Stapel Bagels und die Packung Orangensaft unter
den Arm klemmte. Dann klopfte sie laut an die Tür.
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, flüsterte Bonnie gequält zurück.
Die Tür wurde geöffnet und Matt erschien, mit rot geäderten Augen
und bleichem Gesicht. Er wirkte so klein und in sich zusammengesunken,
wie Bonnie ihn noch nie gesehen hatte. Überwältigt von Mitgefühl vergaß
sie ihre Nervosität, warf sich in seine Arme und ließ dabei den Muffin
fallen.
»Es tut mir so leid«, stieß sie mit erstickter Stimme hervor, und Tränen
rannen über ihr Gesicht. Matt drückte sie fest an sich und vergrub den
Kopf an ihrer Schulter. »Schon gut«, sagte sie schließlich verzweifelt und
tätschelte seinen Hinterkopf. »Ich meine, nein, das ist es nicht … natür-
lich ist es nicht gut … aber wir lieben dich, wir sind bei dir.«
»Ich konnte ihm nicht helfen«, stieß Matt dumpf hervor, den Kopf im-
mer noch an Bonnies Schulter gepresst. »Ich hab mein Bestes gegeben,
aber er ist trotzdem gestorben.«
101/308
Elena und Meredith schlossen sich Bonnie an und umarmten Matt von
beiden Seiten.
»Wir wissen, dass du alles getan hast, was du tun konntest«, erwiderte
Elena und streichelte ihm über den Rücken.
Matt löste sich schließlich aus ihren Armen und deutete in das Zimmer.
»All diese Sachen gehören ihm«, erklärte er. »Seine Eltern sind noch
nicht dazu in der Lage, sie abzuholen. Das haben sie der Polizei mitgeteilt.
Es bringt mich fast um den Verstand zu sehen, dass diese Dinge immer
noch hier sind, aber er nicht mehr. Ich hab schon überlegt, sie für seine
Eltern zusammenzupacken, aber vielleicht möchte die Polizei seine per-
sönlichen Sachen noch durchsehen.«
Bonnie schauderte bei dem Gedanken daran,
Weitere Kostenlose Bücher