Tagebuch eines Vampirs 9 - Jagd im Mondlicht
die Stirn.
»Elena kommt allein hierher?«, fragte er. »Nach all den Überfällen?«
»Nein, nein«, beruhigte Meredith ihn schnell, während sie überlegte,
ihm besser nicht zu erzählen, dass Elena gerade mit Damon zusammen
war. »Sie ist mit anderen Leuten unterwegs«, sagte sie schließlich und
war froh, als sie sah, dass ihre Antwort ihn offenbar zufriedenstellte.
Meredith trank einen Schluck und hoffte inständig, dass Elena klug genug
war, Damon nicht zur Party mitzubringen.
Matt entdeckte Chloe auf der anderen Seite des Raums. Heute Abend war
der Abend, beschloss er. Genug der sanften, freundschaftlichen Umar-
mungen, genug der zurückhaltenden Blicke. Er wollte es jetzt wissen. Er
wollte wissen, ob sie genauso empfand wie er, ob da mehr zwischen ihnen
war als bloße Freundschaft.
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Sie redete mit einem Jungen, den er von den Society-Treffen kannte,
und ihre braunen Ringellöckchen schimmerten leicht im Licht der Deck-
enbeleuchtung. Chloe war so lebendig: die Art, wie sie lachte, die Art, wie
sie dem Jungen zuhörte, aufmerksam und konzentriert.
Matt wollte sie küssen, unbedingt.
Also begann er, sich durch den Raum zu schieben, und nickte lässig im
Vorbeigehen einigen Leuten zu, die er kannte. Er wollte schließlich nicht
uncool wirken und den Anschein erwecken, als steuere er schnurstracks
auf sie zu, aber er wollte auch nirgendwo stehen bleiben und sie womög-
lich in der Menge verlieren.
Matt.
Matt zuckte unter dem lautlosen Gruß zusammen. Unangenehm ber-
ührt drehte er sich um – und fand Stefano direkt hinter sich. Er sah ihn
verärgert an. Er hasste es, wenn Stefano sich so in seinen Kopf schlich.
»Du hättest einfach Hallo sagen können«, sagte er, so milde er konnte.
»Du weißt schon, laut .«
Stefano senkte entschuldigend den Kopf und errötete. »Tut mir leid.
Das war unhöflich von mir, aber ich wollte dich auf mich aufmerksam
machen und es ist so laut hier drin.« Er deutete auf die anderen Gäste,
und Matt fragte sich nicht zum ersten Mal, wie sich dieser Vampir wohl
unter all den modernen jungen Leuten fühlen mochte. Stefano hatte mehr
erlebt, als Matt wahrscheinlich jemals erleben würde, aber die laute
Musik und das Gedränge schienen ihm Unbehagen zu bereiten. Bei sol-
chen Gelegenheiten zeigte seine Tarnung als junger Mann Risse. Aber er
gab sich um Elenas willen alle Mühe, das wusste Matt.
»Ich warte auf Elena«, fuhr Stefano fort. »Hast du sie gesehen?« Als
Matt die Angst auf seinem Gesicht sah, veränderte sich das Bild, das er
von ihm als altem Vampir hatte – viel zu alt, um hierher zu passen –,
denn plötzlich wirkte Stefano quälend jung, einsam und besorgt.
»Ja«, antwortete Matt. »Ich hab sie gerade in der Bibliothek gesehen.
Sie sagte, sie wolle später herkommen.« Er biss sich auf die Zunge, um
nicht zu verraten, dass er sie ausgerechnet mit Damon gesehen hatte.
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Matt war sich nicht ganz sicher, was zwischen Elena und den Brüdern lief,
aber er vermutete, dass Stefano besser nicht wissen sollte, dass Elena und
Damon gemeinsam unterwegs waren.
»Ich soll auf Abstand zu ihr gehen«, vertraute Stefano ihm bekümmert
an. »Sie hat das Gefühl, dass sie zwischen Damon und mir steht, und sie
braucht etwas Zeit zum Nachdenken, bevor wir beide wieder zusammen
sein können.« Er schaute Matt mit beinahe flehendem Blick an. »Aber ich
dachte, da hier so viele Leute sind, wären wir ja nicht allein.«
Matt nahm einen Schluck von seinem Bier, und seine Gedanken über-
schlugen sich. Jetzt wusste er, dass es richtig war, Damon nicht erwähnt
zu haben. Aber welches Spiel spielte Elena da bloß?
Mit Erschrecken stellte er fest, wie sehr er sich von seinen Freunden
entfernt hatte. Wann war das alles passiert? Seit Christophers Tod war er
ihnen aus dem Weg gegangen und hatte viel Zeit damit verbracht, sich auf
die Vitale Society zu konzentrieren. Dabei hatte er völlig verpasst, was
sich bei seinen Freunden tat. Was verpasste er sonst noch?
Stefano sah ihn immer noch an, als erhoffe er sich Zuspruch, und Matt
rieb sich nachdenklich den Nacken. »Du solltest mit ihr reden«, schlug er
dann vor. »Sie wissen lassen, wie unglücklich du ohne sie bist. Liebe ist es
wert, ein Risiko einzugehen.«
Als Stefano gedankenverloren nickte, blickte Matt sich erneut nach
Chloe um. Der Junge, mit dem sie sich unterhalten hatte, war inzwischen
gegangen, sie war allein und schaute suchend in die Menge. Gerade
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