Tagebuch eines Vampirs 9 - Jagd im Mondlicht
bisschen Platz.
Während Stefano und die Mädchen äußerst komfortabel untergebracht
waren, hatte Matt Stefanos Macht nicht noch mehr ausnutzen wollen, um
auch noch ein gutes Quartier zu bekommen. Es war schlimm genug, dass
Matt jemand anderem den Studienplatz und die Mitgliedschaft im Foot-
ballteam weggeschnappt hatte.
Stefano hatte ihn dazu überreden müssen. »Ich verstehe, wie du dich
fühlst, Matt«, hatte er mit ernstem Blick gesagt. »Es gefällt mir auch
nicht, Leute zu beeinflussen, um zu kriegen, was ich will. Aber es ist nun
mal so, dass wir zusammenbleiben müssen. Die Machtlinien verlaufen
durch diesen ganzen Teil des Landes und deshalb müssen wir weiter vor-
sichtig sein. Wir sind die Einzigen, die Bescheid wissen .«
Dem konnte Matt nicht widersprechen. Aber immerhin konnte er das
luxuriöse Wohnheimzimmer ablehnen, das Stefano ihm besorgen wollte,
und das Quartier nehmen, das ihm die Zimmervermittlung zugewiesen
hatte. Er musste wenigstens einen Funken seiner Ehre bewahren. Und
dann war da noch etwas anderes: Wenn er im selben Wohnheim wie die
anderen wohnte, hätte er sich kaum weigern können, ein Zimmer mit Ste-
fano zu teilen. Er mochte Stefano zwar, aber die Vorstellung, mit ihm
zusammenzuwohnen und ihn ständig mit Elena zu sehen – dem Mäd-
chen, das Matt verloren und das er trotz allem, was geschehen war, im-
mer noch liebte –, war einfach zu viel. Und er freute sich darauf, neue
Leute kennenzulernen und seinen Horizont ein wenig zu erweitern,
nachdem er sein ganzes Leben in Fell’s Church verbracht hatte.
Aber das Zimmer war wirklich furchtbar klein.
Und Christopher schien tonnenweise Sachen zu haben. Er und seine El-
tern gingen die Treppe immer wieder hinauf und hinunter und schleppten
eine Stereoanlage, einen kleinen Kühlschrank, einen Fernseher und eine
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Wii an. Matt verfrachtete seine eigenen bescheidenen Koffer in eine Ecke
und half ihnen, alles ins Zimmer zu bringen.
»Wir werden uns den Kühlschrank, die Anlage und den Fernseher
natürlich teilen«, erklärte Christopher mit Blick auf Matts Gepäck, das
ganz offensichtlich nichts anderes enthielt als Kleider, Bettzeug und
Handtücher.
»Wenn ich nur wüsste, wo wir das alles unterbringen.« Christophers
Mutter streifte durch den Raum und gab seinem Vater Anweisungen, wo
er die Sachen abstellen sollte.
»Toll, danke …«, begann Matt, aber weiter kam er nicht, denn in
diesem Moment gelang es Christophers Dad endlich, den Fernseher auf
eine der Ankleidekommoden zu bugsieren, und er drehte sich zu Matt um.
»Hey«, sagte er, »da fällt mir gerade ein – wenn du aus Fell’s Church
kommst, dann wart ihr Jungs letztes Jahr doch Landesmeister. Du musst
ein toller Spieler sein. Auf welcher Position spielst du?«
»Ähm, danke«, antwortete Matt. »Ich bin Quarterback.«
»Der erste?«, fragte Christophers Vater.
Matt wurde rot. »Ja.«
Jetzt starrten ihn alle an.
»Wow«, machte Christopher. »Ich will ja nichts sagen, aber Mann, aber
warum gehst du denn dann aufs Dalcrest ? Ich meine, ich bin schon total
aufgeregt bei dem Gedanken daran, am College Football zu spielen, aber
du hättest doch locker in der Ersten Liga spielen können.«
Matt zuckte unbehaglich die Schultern. »Ähm, ich wollte in der Nähe
von Fell’s Church bleiben.«
Christopher wollte noch etwas sagen, aber seine Mum schüttelte kaum
merklich den Kopf und er blieb stumm. Klasse, dachte Matt. Wahrschein-
lich nahmen sie an, dass er familiäre Probleme hatte.
Allerdings musste er zugeben, dass es ihn freute, Leute zu treffen, die
zu schätzen wussten, was er aufgegeben hatte. Die Mädchen und Stefano
hatten wenig Ahnung von Football. Obwohl Stefano mit ihm im High-
schoolteam gespielt hatte, glich seine Einstellung immer noch eher der
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eines fortschrittlichen europäischen Aristokraten der Renaissance: Sport
mochte ein nettes Hobby sein, aber es war nicht wirklich wichtig.
Christopher und seine Familie jedoch verstanden, was es für Matt
bedeutete, die Chance auf ein hochklassiges College-Footballteam ungen-
utzt zu lassen.
»Also«, sagte Christopher unvermittelt, als wollte er so rasch wie mög-
lich das Thema wechseln, »welches Bett willst du? Mir ist es egal, ob ich
oben oder unten schlafe.«
Sie betrachteten das Etagenbett, und in diesem Augenblick entdeckte
Matt den Umschlag, der auf der unteren Matratze lag. Jemand musste ihn
dort hingelegt haben, während er unten
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