Tagebuch eines Vampirs - Jagd im Morgengrauen
vorwärts.
Matt bemühte sich, Chloe irgendwie aufzuhalten, doch da begriff er, dass seine Zunge ebenso erstarrt war wie der Rest von ihm, gebannt von Nicolaus’ Macht. Das Einzige, was er hervorbrachte, war ein kleines, ersticktes Stöhnen.
Aber Chloe hörte es. Sie leckte sich die Lippen, dann riss sie langsam den Blick von der Kehle des Mädchens los und konzentrierte sich auf Matt. Sie starrte ihn an, lange, dann trat sie zurück und presste sich flach gegen die Wand. Die Knochen ihres Gesichtes traten kantig hervor, und das trocknende Blut auf ihrer eigenen Kehle war rissig und bröckelte, als sie den Kopf schüttelte.
»N ein«, sagte sie ganz leise.
Nicolaus lächelte erneut und hielt ihr das Mädchen hin. »K omm jetzt zu mir«, drängte er. Sein Opfer wimmerte und schloss die Augen und das Gesicht des Mädchens schien vor Elend in sich zusammenzuschrumpfen. Chloe stand immer noch an der Wand, fasziniert von dem Blutstrom, der sich aus der Kehle des Mädchens ergoss und eine Pfütze auf dem Boden zu ihren Füßen bildete.
Jetzt ergriff Nicolaus Chloes Hand. »S ag mir, was ich wissen will, und du kannst sie haben. Sie schmeckt so gut .« Er zog Chloe zu sich heran. Sie keuchte heftig, und ihre Nasenflügel bebten, als sie dem Duft des Blutes näher und näher kam. Nicolaus gab Chloes Hand frei und streichelte ihre Wange. »D a«, sagte er, als spreche er mit einem Kind. »N a bitte.« Er legte die Hand hinter ihren Kopf und drückte ihn energisch herunter, zur Kehle des Mädchens, das er festhielt.
Matt versuchte verzweifelt, Chloe ein zweites Mal auf sich aufmerksam zu machen. Aber vergebens. Sie fuhr sich mit einer schnellen Bewegung der Zunge über die Lippen.
Doch dann stieß Chloe plötzlich Nicolaus zurück und duckte sich unter seiner Hand weg. »N ein!«, wiederholte sie, lauter diesmal.
Nicolaus knurrte, ein wahnsinniges Geräusch, und mit einer einzigen schnellen Drehung brach er dem blutenden Mädchen das Genick und warf es zu Boden.
»S ag deinen Freunden, dass sie alle bald von mir hören werden«, verkündete Nicolaus mit kalter Stimme. Er klang sogar etwas weniger wahnsinnig als gewöhnlich, doch Matts Herz krampfte sich trotzdem vor Furcht zusammen. »I ch werde die Wahrheit herausfinden. Ich werde mir einen nach dem anderen vornehmen, bis ich habe, was ich will.«
Als er zur Tür hinausstolzierte, schaute Nicolaus zum Himmel auf und streckte eine Hand aus. Ein wildes Donnerkrachen ertönte und aus dem klaren, wolkenlosen Himmel schlug ein Blitz in das Bootshaus ein und setzte es in Brand.
Bonnie blätterte gerade eine Seite in ihrem Psychologiebuch um und verdrängte entschlossen den Gedanken an Zander. Sie vermisste ihn– natürlich tat sie das–, aber sie würde zurechtkommen.
Ohne den Blick zu heben, sah sich Bonnie nach ihren Mitbewohnerinnen um. Das sanfte Kratzen eines Stifts kam von Elenas Bett, wo sie in ihr Tagebuch schrieb. Und auf dem Boden murmelten Meredith und Alaric leise miteinander, Händchen haltend und ausnahmsweise einmal ohne Waffen zu schärfen oder Zauberbücher zu untersuchen; stattdessen genossen sie einfach ihr Zusammensein.
Bis auf den ständigen Schmerz in Bonnies Herzen war also alles in Ordnung.
Plötzlich hämmerte es heftig an die Tür, und alle rissen die Köpfe hoch und verkrampften sich, bereit, in Kampfhaltung zu gehen. Meredith sprang auf die Füße und schnappte sich ein Messer von ihrem Schreibtisch, das sie hinter dem Rücken versteckte, während sie die Tür einen Spaltbreit aufzog.
Matt und Chloe, von Blut und Asche bedeckt, stolperten durch die Tür.
Meredith war die Erste, die reagierte. Sie packte Chloe und drehte sie ins Licht, um den Biss an ihrem Hals zu untersuchen. Er sah roh und schrecklich aus, und Chloe brach beinahe in Meredith’ Armen zusammen, bevor Alaric das junge Vampirmädchen auf Bonnies Schreibtischstuhl drückte.
»W as ist passiert?«, rief Bonnie.
»N icolaus«, keuchte Matt. »N icolaus war im Bootshaus. Da ist– oh Gott– er hat ein Mädchen dort gelassen. Und das Bootshaus in Brand gesteckt. Aber das Mädchen war tot. Ich bin mir sicher, dass sie bereits tot war, bevor sie verbrannt ist.«
Elenas Finger flogen über ihr Handy, als sie eine SMS tippte, und einen Moment später war Stefano da und erfasste mit einem Blick die Situation. Er kniete sich vor Chloe hin und untersuchte mit vorsichtigen Fingern ihre Wunde.
»T ierblut reicht jetzt nicht mehr aus, um sie zu retten«, sagte er zu Matt, der das
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