Tagebuch eines Vampirs - Jagd im Morgengrauen
nach den Einzelheiten von Elenas und Damons mitternächtlichem Treffen im Wald gefragt und einfach angenommen, dass Elena Damon erzählt hatte, dass sie eine Wächterin war. Wenn er doch bloß den Mund gehalten hätte, dann wäre Damon keine Gefahr für sie gewesen, zumindest nicht in diesem Punkt.
Allerdings wusste Damon sowieso bereits, dass Elena eine potenzielle Wächterin war, dass die Wächterinnen sie einst zu sich holen wollten. Er wusste, dass die Wächterinnen ihre Eltern getötet hatten. Und er wusste, dass Elena jetzt Macht hatte, dass sie Auren sehen konnte. Wenn er auch nur eine dieser Tatsachen gegenüber Nicolaus oder Catarina hätte durchblicken lassen, wäre das schon gefährlich genug gewesen. Da war es besser, Damon mit einer Teilwahrheit zu warnen, oder? Stefano schüttelte schwach den Kopf. Es war unmöglich vorherzusehen, wie Damon vielleicht reagieren würde.
Damon beobachtete ihn noch immer, seine Augen leuchtend und grausam amüsiert, und Stefano hatte das unbehagliche Gefühl, dass sich seine Unentschlossenheit deutlich in seiner Miene widerspiegelte, klar erkennbar für jemanden, der ihn so lange kannte wie Damon.
»D ie Wahrheit, dass Elena mit den Wächtern verbunden ist«, sagte er schließlich. »N icolaus würde das gegen sie benutzen, wenn er könnte. Bitte, Damon. Du sagst zwar, es sei dir egal, aber du kannst nicht wollen, dass Nicolaus Elena tötet. Nicolaus hätte auch dich beinahe vernichtet.« Er konnte den flehenden Ton in seiner eigenen Stimme hören. Bitte, mein Bruder, dachte er, unsicher, ob Damon seine Gedanken las. Bitte. Lass uns nicht im Stich. Sonst gibt es nichts als Schmerz für uns alle.
Damon lächelte flüchtig und schnippte geringschätzig mit den Fingern, bevor er sich abwandte. »N iemand tut mir weh, kleiner Bruder«, sagte er über seine Schulter hinweg. »Z umindest nicht lange. Aber mach dir keine Sorgen, ich bin mir sicher, dass ich mit Catarina fertig werde, wenn sie hier aufkreuzt.«
Stefano stand auf und machte einen Schritt auf seinen Bruder zu, um ihm wieder in die Augen zu sehen. »W enn mir etwas zustößt«, fuhr er ernst fort, »v ersprich mir, dass du auf Elena aufpassen wirst. Du hast sie einmal geliebt. Sie könnte dich lieben, wenn… wenn die Dinge anders lägen.« Ganz gleich, was geschah, Elena durfte nicht schutzlos bleiben.
Für einen Moment schien Damon seine Maske der Gleichgültigkeit zu lüften, sein Mund verzog sich zu einer dünnen Linie und seine mitternachtsdunklen Augen wurden schmal. »W as meinst du damit, wenn dir etwas zustößt?«, gab er scharf zurück.
Stefano schüttelte den Kopf. »N ichts«, antwortete er. »E s sind gefährliche Zeiten, das ist alles.«
Damon starrte ihn noch einen Augenblick an, dann saß die Maske wieder perfekt. »A lle Zeiten sind gefährlich«, entgegnete er mit einem schwachen Lächeln. »U nd nun, wenn du mich entschuldigen willst…« Er schlenderte in Richtung Küche davon, und nach einigen Minuten begriff Stefano, dass er nicht zurückkommen würde.
Stefano zögerte kurz, bevor er sich der Tür zuwandte. Das Treffen war besser verlaufen, als er es vernünftigerweise hatte erwarten dürfen: Damon hatte sein eigenes Stillschweigen zwar nicht garantiert, aber er hatte sie auch nicht bedroht, und für die Andeutung, er könne Catarina und Nicolaus helfen, hatte er anscheinend nur Verachtung übrig. Und was den Schutz Elenas betraf– nun, mehr hatte Stefano dazu nicht zu sagen. Er wusste, dass sein Bruder, wenn es wirklich darauf ankam, das Richtige tun würde.
Stefano rief einen Abschiedsgruß, der unbeantwortet blieb, und trat zur Tür hinaus. Wahrscheinlich hatte Damon die Wohnung durch ein Fenster verlassen und flog bereits als Krähe über den Campus.
Ihm wurde schwer ums Herz, gerade jetzt ohne ein Auf Wiedersehen von seinem Bruder zu scheiden, aber er ging weiter. Wenn sie beide überlebten, würden er und Damon sich wieder brüderlich vereinen. Er konnte diese Hoffnung nicht aufgeben. Aber er wusste nicht, wann oder wie es dazu kommen würde. Vielleicht hatte er seinen Bruder für ein oder zwei weitere Jahrhunderte verloren. Bei diesem Gedanken fühlte er sich trostlos und unglaublich allein.
Kapitel Fünfundzwanzig
Matt näherte sich dem Bootshaus mit schleppenden Schritten. In dem Sack, den er trug, zappelte es heftig– das Kaninchen darin trat um sich und wand sich hin und her. Aber Chloe würde es mit einem Hauch ihrer Macht beruhigen können.
Es gefiel Matt nicht,
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