Tagebuch (German Edition)
hergegeben und etwas empfangen. Und ob du dann verheiratet oder unverheiratet bist, ob du ein Kind kriegst oder nicht, ob die Ehre weg ist, auf das alles kommt es nicht an, wenn du nur weißt, dass für dein ganzes weiteres Leben jemand neben dir steht, der dich versteht und den du mit niemandem zu teilen brauchst!
Zur Zeit mault Mutter wieder. Sie ist sichtbar eifersüchtig, weil ich mehr mit Frau van Daan rede als mit ihr. Das ist mir egal!
Heute Nachmittag habe ich Peter erwischt, wir haben uns mindestens eine dreiviertel Stunde lang unterhalten. Es fiel ihm schwer, etwas von sich zu sagen, aber es kam dann doch ganz langsam. Ich wusste wirklich nicht, ob ich besser daran täte, hinunterzugehen oder oben zu bleiben. Aber ich wollte ihm so gern helfen. Ich erzählte ihm von Bep und dass die beiden Mütter so taktlos sind. Er erzählte, dass seine Eltern immer streiten, über Politik und Zigaretten und alles Mögliche. Wie schon gesagt, Peter war sehr schüchtern, aber dann ließ er doch heraus, dass er seine Eltern gerne mal zwei Jahre lang nicht sehen möchte. »Mein Vater ist wirklich nicht so toll, wie er aussieht«, sagte er, »und in der Zigarettenfrage hat Mutter absolut Recht!«
Ich erzählte ihm auch von meiner Mutter. Doch Vater verteidigte er, er findet ihn einen »Mordskerl«.
Heute Abend, als ich nach dem Spülen meine Schürze aufhängte, rief er mich und bat mich, unten nichts davon zu sagen, dass sie wieder Streit hatten und nicht miteinander reden. Ich versprach es ihm, obwohl ich es Margot schon erzählt hatte. Aber ich bin überzeugt, dass sie ihren Mund hält.
»Nein, Peter«, sagte ich, »du brauchst vor mir keine Angst zu haben. Ich habe es mir abgewöhnt, alles weiterzusagen. Ich sage nie etwas, was du mir erzählst.«
Das fand er toll. Ich erzählte ihm auch von den schrecklichen Tratschereien bei uns und sagte: »Da hat Margot natürlich sehr Recht, wenn sie meint, dass ich nicht ehrlich bin. Denn obwohl ich nicht mehr tratschen will, über Herrn Dussel tue ich es noch viel zu gern.«
»Das ist schön von dir«, sagte er. Er war rot geworden, und ich wurde bei diesem aufrichtigen Kompliment auch fast verlegen.
Dann sprachen wir noch über die oben und uns. Peter war wirklich ein bisschen erstaunt, dass wir seine Eltern noch immer nicht mögen.
»Peter«, sagte ich, »du weißt, dass ich ehrlich bin. Warum sollte ich es dir nicht sagen? Wir kennen ihre Fehler doch auch.«
Ich sagte auch noch: »Peter, ich würde dir so gern helfen, geht das nicht? Du stehst hier so dazwischen, und ich weiß, auch wenn du es nicht sagst, dass dir das was ausmacht.«
»Ich werde deine Hilfe immer gern annehmen.«
»Vielleicht gehst du lieber zu Vater. Der sagt auch nie etwas weiter, dem kannst du ruhig alles erzählen.«
»Ja, er ist ein echter Kamerad.«
»Du hast ihn sehr gern, nicht wahr?«
Peter nickte, und ich fuhr fort: »Nun, er dich auch!«
Er wurde rot. Es war wirklich rührend, wie froh er über diese paar Worte war. »Glaubst du?«, fragte er.
»Ja«, sagte ich, »das merkt man doch an dem, was er ab und zu von sich gibt.«
Dann kam Herr van Daan zum Diktieren. Peter ist sicher auch ein »Mordskerl«, genau wie Vater.
Deine Anne M. Frank
Freitag, 3. März 1944
Liebste Kitty!
Als heute Abend die Kerzen angezündet wurden, wurde ich wieder froh und ruhig. Oma ist für mich in dieser Kerze, und Oma ist es auch, die mich behütet und beschützt und mich wieder froh macht. Aber … ein anderer beeinflusst meine Stimmung, und das ist Peter. Als ich heute die Kartoffeln holte und noch mit dem vollen Topf auf der Treppe stand, fragte er schon: »Was hast du über Mittag gemacht?«
Ich setzte mich auf die Treppe, und wir fingen an zu reden. Um Viertel nach fünf (eine Stunde, nachdem ich sie geholt hatte) kamen die Kartoffeln erst im Zimmer an. Peter sprach mit keinem Wort mehr über seine Eltern, wir redeten nur über Bücher und über früher. Was hat dieser Junge für einen warmen Blick! Es fehlt, glaube ich, nicht mehr viel, und ich verliebe mich in ihn.
Darüber sprach er heute Abend. Ich kam zu ihm, nach dem Kartoffelschälen, und sagte, dass mir so heiß wäre. »An Margot und mir kann man sofort die Temperatur sehen. Wenn es kalt ist, sind wir weiß, und wenn es warm ist, rot«, sagte ich.
»Verliebt?«, fragte er.
»Warum sollte ich verliebt sein?« Meine Antwort (oder besser gesagt Frage) war ziemlich albern.
»Warum nicht!«, sagte er, und dann mussten wir zum
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