Tagebuch (German Edition)
Peter gern fragen, ob er weiß, wie ein Mädchen eigentlich aussieht. Ein Junge ist von unten, glaube ich, nicht so kompliziert gestaltet wie ein Mädchen. Auf Fotos und Abbildungen von nackten Männern kann man doch sehr gut sehen, wie die aussehen, aber bei Frauen nicht. Da sind die Geschlechtsteile oder wie das heißt mehr zwischen den Beinen. Er hat doch vermutlich noch nie ein Mädchen von so nahe gesehen, ehrlich gesagt, ich auch nicht. Tatsächlich ist es bei Jungen viel einfacher. Wie sollte ich die Installation um Himmels willen erklären? Denn dass er es nicht genau weiß, habe ich aus seinen Worten schließen können. Er sprach vom »Muttermund«, aber der sitzt innen, den kann man nicht sehen. Es ist bei uns doch sehr gut eingeteilt. Bevor ich elf oder zwölf Jahre alt war, wusste ich nicht mal, dass es auch noch die inneren Schamlippen gab, die waren überhaupt nicht zu sehen. Und das Schönste war, dass ich dachte, der Urin käme aus dem Kitzler. Als ich Mutter einmal fragte, was dieser Stumpen bedeutet, sagte sie, dass sie das nicht wüsste. Die stellen sich immer so dumm!
Aber zurück zum Thema. Wie soll man ohne Beispiele erklären, wie das alles zusammenhängt? Soll ich es hier gleich mal probieren? Also los!
Von vorn siehst du, wenn du stehst, nur Haare. Zwischen den Beinen sind eine Art Kissen, weiche Dinger, auch mit Haaren, die beim Stehen aneinander liegen. Man kann das, was drinnen ist, dann nicht sehen. Wenn du dich setzt, spalten sie sich auseinander, und innen sieht es sehr rot und hässlich fleischig aus. Am oberen Teil, zwischen den großen Schamlippen, ist eine Hautfalte, die bei näherer Betrachtung eigentlich eine Art Bläschen ist. Das ist der Kitzler. Dann kommen die kleinen Schamlippen, die sind auch aneinander gedrückt, wie eine Falte. Wenn die aufgeht, ist darin ein fleischiger Stummel, nicht größer als die Oberkante meines Daumens. Der obere Teil davon ist porös, da sind verschiedene Löcher drin, aus denen kommt der Urin. Der untere Teil scheint nur Haut zu sein, aber dort ist doch die Scheide. Sie ist ganz von Hautfalten bedeckt und fast nicht zu entdecken. So entsetzlich klein ist das Loch darunter, dass ich mir fast nicht vorstellen kann, wie dort ein Mann hinein soll, geschweige denn ein ganzes Kind heraus. In dieses Loch kannst du noch nicht mal so leicht mit deinem Zeigefinger! Das ist alles, und das spielt doch so eine große Rolle.
Deine Anne M. Frank
Samstag, 25. März 1944
Liebe Kitty!
Wenn man sich selbst verändert, merkt man das erst, wenn man verändert ist. Ich bin verändert, und zwar gründlich, ganz und gar. Meine Meinungen und Auffassungen, mein kritischer Blick, mein Äußeres und mein Inneres, alles ist verändert, und zwar zum Guten.
Ich habe dir schon mal erzählt, wie schwierig es für mich war, als ich hierher kam, aus dem Leben einer angebeteten Person in die kalte Wirklichkeit von Standpauken und Erwachsenen. Aber Vater und Mutter sind zu einem großen Teil mit schuld, dass ich so viel ausstehen musste, sie hätten mich nicht noch zusätzlich aufhetzen und mir bei allen Streitereien nur »ihre« Seite zeigen dürfen. Bevor ich dahinter kam, dass sie bei ihren Streitereien fifty-fifty stehen, dauerte es eine ganze Zeit. Aber jetzt weiß ich, wie viele Fehler von allen begangen worden sind. Der größte Fehler von Vater und Mutter gegenüber den van Daans ist, dass sie nie offenherzig und freundschaftlich sprechen (auch wenn die Freundschaft ein bisschen geheuchelt sein sollte).
Ich möchte vor allem Frieden bewahren und weder streiten noch klatschen. Bei Vater und Margot ist das nicht schwierig, bei Mutter schon. Deshalb ist es sehr gut, dass sie mir manchmal auf die Finger klopft. Herrn van Daan kann man auch gewinnen, wenn man ihm Recht gibt, ihm ruhig zuhört, nicht viel sagt und vor allem auf seine Scherze und blöden Witze mit einem anderen Scherz eingeht. Frau van Daan gewinnt man durch offenherziges Reden und Alles-Zugeben. Sie selbst gibt ihre Fehler, die sehr zahlreich sind, auch offen zu. Ich weiß nur zu gut, dass sie nicht mehr so schlecht über mich denkt wie am Anfang. Das kommt nur, weil ich ehrlich bin und den Menschen auch weniger schmeichelhafte Dinge einfach ins Gesicht sage. Ich will ehrlich sein und finde, dass man damit viel weiter kommt. Hinzu kommt, dass man sich selbst viel besser fühlt.
Gestern sprach Frau van Daan mit mir über den Reis, den wir Kleiman gegeben haben. »Wir haben gegeben, gegeben und noch mal
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