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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
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ist sein Ruhm, dies wird vielleicht in der Zukunft den blutigen Flecken auslöschen, den die Septembermetzeleien auf seinem Andenken gelassen haben –, Danton stellte in diesem Augenblicke den Begriff der Großmut und Milde dar. Wenn es in seiner mächtigen Organisation Laster gab, so hatte er auch gute Eigenschaften; wenn er das Blut, welches in der Hitze des Kampfes floß, mit gleichgültigen Augen betrachten konnte, so flößten ihm doch die gerichtlichen Metzeleien einen Widerwillen ein, der an Ekel grenzte; übrigens war er zu gleichgültig, um auch nur seine Feinde zu hassen; die öffentliche Meinung brachte ihn auch in Zusammenhang mit den erhabenen Blättern, auf welchen Camille Desmoulins seinen patriotischen Unwillen ergoß. Diese beiden Männer töten, welche beschlossen hatten, dem blutigen Regiment, das die Fanatiker des Schreckenssystems für den Normalzustand Frankreichs nötig hielten, ein Ziel zu setzen – dies war der Gedanke der Komitees. Die Absicht Robespierres war, wie mir scheint, tiefer gehend. Grausamkeit lag nicht in seinem natürlichen Triebe; sie war vielmehr ein Bedürfnis seiner Politik; er war zu scharfsinnig, um nicht einzusehen, daß demjenigen die wahre Popularität zufiele, der das Land von dem schrecklichen Alp befreien würde, welcher auf dem Schlummer der Unschuldigen wie der Schuldigen lastete; diese Rolle hatte er sich vorbehalten und erwartete die geeignete Stunde. Danton wollte vor Robespierre der Befreier sein – dies war sein Verbrechen.
    Der letztere folgte ohne Widerstand den Agenten Herons, welche ihn verhafteten und nach dem Luxembourg führten. Camille Desmoulins hatte im Gegenteil sein Fenster geöffnet und um Hilfe gegen die Tyrannei gerufen. Als er sah, daß sich niemand zu seiner Verteidigung stellte, bat er um die Erlaubnis, einige Bücher mit sich zu nehmen, wählte aus seiner Bibliothek »Youngs Nachtgedanken« und »Herveys Betrachtungen«, umarmte seine Frau und seinen in der Wiege schlafenden Sohn und ließ sich fortführen. Die Verhaftung Philippeaux' und Lacroix' verursachte nicht größere Schwierigkeiten. Am Tage fanden die gebräuchlichen Formalitäten statt, und man erlaubte ihnen, in den Hof hinabzugehen.
    Die vier Geächteten zeigten eine verschiedene Haltung: Camille war düster, traurig, niedergeschlagen; Lacroix teilte seine Entmutigung; Philippeaux zeigte sich ruhig und gefaßt; Danton kehrte, vielleicht um den Mut seiner Freunde aufzurichten, eine stoische Heiterkeit heraus. Die Nachricht von der Anwesenheit dieser einst so mächtigen Männer hatte sich im Gefängnisse verbreitet; alles lief herbei, um sie zu sehen. Hérault de Séchelles, welcher beim Spiel war, als sie in den Hof traten, erkannte Danton, verließ seine Partie und warf sich in seine Arme. Einige Gefangene, die vergaßen, daß diese Männer da waren, weil sie die Sache der Besiegten im Namen der Menschlichkeit verteidigt hatten, nahmen keinen Anstand, über ihr Unglück zu spotten. Einer von ihnen sagte, indem er auf Lacroix zeigte, der groß und breit in den Schultern war:
    »Aus dem da kann man einen guten Kutscher schneiden.«
    Danton nahm diese Spottrede mit verächtlichem Lächeln auf, wendete sich an die Gruppe und antwortete:
    »Wenn man eine Dummheit begangen hat, so muß man sich darüber zu trösten wissen, und am besten ist es, wenn man darüber lacht; ich beklage euch alle, wenn die Vernunft nicht zurückkehrt; bis jetzt seid ihr noch auf Rosen gewandelt.«
    Als jemand ihn fragte, wie er – Danton – sich von Robespierre habe anführen lassen können, antwortete er wieder:
    »Ich konnte nicht glauben, daß dieser Schelm mich so leicht wegstibitzen würde; aber im ganzen ist es mir lieber, guillotiniert zu werden, als guillotinieren zu lassen.«
    Der Amerikaner Thomas Payne war im Luxembourg verhaftet; als Danton ihn erkannte, drückte er ihm die Hand und sprach:
    »
Good day!
Was du für das Glück und die Freiheit deines Vaterlandes tatest, habe ich vergeblich für das meinige versucht. Ich war weniger glücklich, aber nicht strafbarer. Man schickt mich auf das Schafott; nun wohl, meine Freunde, ich werde fröhlich dorthin gehen.«
    Im Konvent wagte jedoch ein Freund Dantons, Legendre, sich für die Sache der Geächteten zu verwenden. Er besteigt die Tribüne und spricht mit einer Stimme, deren Rührung er nicht verbergen kann:
    »Bürger! Vier Mitglieder dieser Versammlung sind heute nacht verhaftet worden. Ich weiß, daß Danton darunter ist, die Namen der

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