Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
Vom Netzwerk:
der Vollstreckung des Urteils widersetzen würden; ich sollte nicht vergessen, daß die Gewalt der Gerechtigkeit des Volkes verbleiben müßte; um einen Kampf mit der ganzen Truppe dieser Besessenen zu verhüten, würde man sie mir einzeln überliefern; bei ihrem Austritt aus dem Kanzleizimmer sollte ich sie ergreifen und unverzüglich im Guten oder Bösen knebeln; eine Rotte entschlossener Gendarmen würde da sein und mir nötigenfalls Hilfe leisten. Als der Bürger Amar fragte, ob die Pferde tüchtig seien, bejahte dies der andere Vertreter Liendon, und Lescot-Fleuriot fügte hinzu, daß, im Fall die Rebellen einen Volksaufstand bewirkten, mein Wagen mit der Begleitschaft im Trabe oder im Galopp davonfahren sollte; nötigenfalls würden die Gendarmen unsere Deichselpferde mit der Degenspitze anstacheln. Er sagte ferner, auf dem Platze solle alles pünktlich vollzogen werden; die Republik könnte nur gerettet werden, wenn die Köpfe dieser Verräter unter dem rächenden Eisen fielen. Es fand noch eine Erörterung über die Zahl der zu verwendenden Wagen statt. Ich hatte drei bestellt. Lescot erklärte mir, zwei würden ausreichen. Coffinhal behauptete, man brauche nur einen zu nehmen; in dem Falle, daß sich Verräter fänden, um die Verurteilten zu entführen, würde die Begleitung viel leichter einen Karren als mehrere in Schutz nehmen können. Es war nicht der geeignete Augenblick, um bemerkbar zu machen, daß die Verurteilten, wenn sie in einem einzigen Wagen zusammengedrängt wären, große Qualen erleiden müßten; ich warf jedoch ein, daß wenn die Befürchtungen des Bürgers Lescot-Fleuriot in Erfüllung gingen und man gezwungen wäre, die Pferde anzutreiben, so könnten die zu Fuß gehenden Gehilfen sich nicht zur rechten Zeit auf ihrem Posten auf der Guillotine einfinden; es blieb also ausgemacht, daß ich zwei Karren nehmen sollte, und man verabschiedete mich, nachdem mir Liendon die Verhaltungsbefehle seines Amtsgenossen aufs neue eingeschärft hatte. Ich fand das Vorzimmer der Kanzlei voller Gendarmen, und unter ihnen auch einige Kanoniere von dem Revolutionsheere; sie bildeten längs des Gitters, welches das Vorzimmer von der Kanzlei trennt, eine dichte Schranke. Nach einer halben Stunde durchschritt ein Mann ihre Reihen; es war der Bürger Chabot; er war sehr niedergeschlagen und konnte kaum gehen; dies rührte ohne Zweifel ebensowohl von dem Schreck als von seinen Leiden her, denn er hatte sich im Luxembourg vergiftet. Er schien überrascht und unruhig, sich allein unter uns zu sehen, und murmelte zu wiederholten Malen:
    »Wo sind denn die anderen?«
    Man fesselte ihn und schnitt ihm das Haar ab.
    Ehe man damit fertig war, trat Bazire aus der Kanzlei. Chabot stand auf, lief ihm entgegen und hielt ihm sein Gesicht zum Kusse hin. Er weinte und sagte mit einer Stimme, die noch tränenreicher als seine Augen war:
    »Mein armer Bazire, meinethalben mußt du den Tod erleiden.«
    Der Bürger Bazire drückte ihn an sein Herz, ohne ein Wort des Vorwurfs auszusprechen.
    Die beiden Volksrepräsentanten Frey und Delaunays, der ehemalige Abbé d'Espagnac und Diedericksen wurden darauf herbeigeführt. Man rief sie in die Kanzlei, ohne ihnen zu sagen, um was es sich handle; man las ihnen ihr Urteil vor und ließ sie dann in den Saal treten, wo wir sie erwarteten; jene obengenannten fünf Verurteilten traten zu gleicher Zeit ein. Darauf kamen nach der Reihe Philippeaux, Lacroix, Westermann und Fabre d'Eglantine; der letztere, welcher krank schien, wurde von zwei Gefängniswärtern unterstützt. Während seines Anzuges erklärte er, er habe entweder dem Bürger Fouquier oder einem anderen Stellvertreter eine notwendige Mitteilung zu machen; einer der Gehilfen meldete dies dem Gerichtsschreiber, der aber abschlägigen Bescheid gab. Der Bürger Fabre stampfte zornig mit dem Fuße und rief:
    »Es ist also nicht genug, mich zu morden, man muß auch das Schlachtopfer noch berauben.«
    Dann erhob er seine Stimme und fügte hinzu:
    »Ich protestiere hiermit öffentlich gegen die Schändlichkeit der Verräter vom Komitee, die mir eine Komödie gestohlen haben, die nichts mit meinem Prozeß zu schaffen hat und die sie mir vorenthalten.«
    Lacroix sah die Leute mit trüben Augen an. Philippeaux war sehr ruhig.
    Noch sprach Fabre, als wir einen großen Lärm in der Kanzlei vernahmen. Man erkannte die Stimme des Bürgers Danton, und alle schwiegen, um ihn besser hören zu können. Wegen der Lebhaftigkeit, womit er sich

Weitere Kostenlose Bücher