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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
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diejenigen, welche sie verlassen würden, waren der Guillotine verfallen.
    Fouché und Tallien, welche die Ebene zu gewinnen übernommen hatten, faßten sie zuerst an ihrer schwachen Seite, bei der Feigheit. Man ließ sie die Todeslisten lesen, worauf die Namen ihrer einflußreichsten Mitglieder standen; man versicherte ihnen, Robespierre beabsichtige gegen sie einen zweiten Aufstand wie am 31. Mai. Die Ebene schwankte lange Zeit, sich an diejenigen anzulehnen, welche den Triumvirn wirklich zu Leibe gehen sollten; es scheint jedoch nicht, daß der Gedanke, der Sieg müsse zunächst die Abschaffung des Schafotts zur Folge haben, irgendeinen Einfluß auf ihre Entschlüsse gehabt habe. Wenn man, in der Ebene sowohl wie auf dem Berge, an die Guillotine dachte, so war man nur vorzugsweise darauf bedacht, nicht zu der Ehre zu gelangen, seinen Kopf darunterzulegen.
    Die Komitees führten die ersten Streiche; sie schlugen zu dem Gesetz vom Prairial eine Abänderung vor, die zwar etwas unbestimmt war, dem Robespierristischen Geiste aber, dem dies Gesetz seinen Ursprung verdankte, keinen Eintrag tat. Sie schafften das Bureau der Generalpolizei ab, bei welchem Herman die Hand im Spiele hatte, und vereinigten dasselbe mit der Polizei des allgemeinen Sicherheitskomitees, sie entfernten außerdem von Paris eine Abteilung Kanoniere, die zu der Sektion gehörten, deren Chef Henriot war und die sich offen für Robespierre ausgesprochen hatte.
    Letzterer bereitete sich seinerseits zum Kampfe; er hatte St. Just von der Armee zurückgerufen und arbeitete, auf seine rednerische Oberherrschaft im Konvent vertrauend, eine Rede aus, welche seine Feinde entlarven und zerschmettern sollte. Ein am 5. Thermidor im Schoße der Komitees angestellter Versuch zur Versöhnung diente nur dazu, den Zwiespalt der Mitglieder noch zu erweitern; am 6. und 7. regten sich die Jakobiner und erhoben sich gegen die Bestrebungen der Gegner Robespierres, und am 8. fand der erste Zusammenstoß zwischen beiden Parteien statt.
    Die Manöver der Gegner Robespierres waren notwendigerweise geheim geblieben. »Man mußte sich verstellen vor dem Tyrannen, der sich mit dem Purpurmantel der Volksbeliebtheit bekleidet hatte«, sagte Barère. Die Beratungen der Verbindung blieben geheim, und dennoch hatte die Menge eine Ahnung von den Begebenheiten; die Witterung des Kampfes, der sich entspinnen sollte, schwebte in der Luft. Am 8. Thermidor strömte eine ungeheure Volksmenge in den Konvent, und sie überschwemmte die Tribünen, sie ergoß sich in die Flurgänge und verdeckte alle äußeren Zugänge des Palastes.
    Für das Publikum dieses umgrenzten Ortes gab es etwas anderes als ein Turnier zu erwarten: es war einer jener Kämpfe, welche über das Geschick eines großen Volkes entscheiden; ein Zweikampf auf Leben und Tod, nicht nur für die Kämpfer, sondern auch für die Zuschauer. Man kann sich daher die ängstliche Spannung vorstellen.
    Nachdem über die Bittschriften Bericht erstattet worden, erschien Robespierre auf der Tribüne und begann seine Rede. Obgleich diese Rede eine fleißige Arbeit war, welcher er mehrere Wochen gewidmet hatte, so war sie doch nichts weniger als deutlich. Der Redner schien so lange darüber nachgedacht zu haben, um seine Gedanken desto besser zu verhehlen. Sie enthält für jede der Parteien in der Versammlung eine Wendung; schmeichelt und huldigt ihren Hoffnungen nach der Reihe. Zu den Gemäßigten spricht er:
    »Ich kenne nur zwei Parteien: die der guten und die der schlechten Bürger. Der Patriotismus ist keine Parteiangelegenheit, sondern eine Angelegenheit des Herzens; er besteht nicht in einer vorübergehenden aufbrausenden Hitze, die weder die Grundsätze noch die gesunde Vernunft noch die Sittlichkeit achtet, noch weniger in der Hingebung an die Interessen einer Partei. Mit einem Herzen, welches durch die Erfahrung so vielfachen Verrats verletzt ist, halte ich es für notwendig, die Rechtschaffenheit und alle edlen Empfindungen zur Hilfe der Republik anzurufen. Ich fühle, daß, wo immer man einen edlen Mann findet, an welcher Stelle er auch sitze, man ihm die Hand reichen und ihn an sein Herz drücken müsse.«
    In der Besorgnis, diejenigen, die sich zur revolutionären Strenge bekennen, beleidigt zu haben, wendet er sich gleich an diese und spricht zu ihnen:
    »Lasset nur einen Augenblick die Zügel der Revolution nach, und ihr werdet sehen, wie der Despotismus sich derselben bemächtigt und die Parteihäupter, die Volksvertretung

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