Tagebücher der Henker von Paris
des Staates unter gewissen Umständen Strenge nötig mache; aber ihre Trabanten erlaubten sich niemals ähnliche Gewalttätigkeiten, ohne dazu von ihrem Herrn ermächtigt worden zu sein.«
Die Bürger von Nantes wurden freigesprochen. Beifallruf und der Ruf: »Es lebe die Republik!« begrüßten den Urteilsspruch, der ihnen die Freiheit gab. Nach dem, was vorgefallen war, gewann diese Begeisterung die Kraft eines volkstümlichen Anklagedekrets. Bald darauf wurde Carrier noch unmittelbarer unter Anklage gestellt. Die Mitglieder des Revolutionskomitees zu Nantes, die Vollstrecker von Carriers blutdürstigem Wahnsinn, welche vor dem Sturze Robespierres verhaftet worden waren, erschienen am 29. Vendemiaire vor dem Tribunal, und die Tatsachen, welche den Zuhörern enthüllt wurden, trieben den öffentlichen Unwillen auf die höchste Spitze. Die schreckliche Legende von Nantes wurde eine Wahrheit; es schien, als sei die Loire nach Paris hinaufgestiegen und habe ihren scheußlichen Inhalt, der ihre Fluten vergiftete, an den Uferplätzen ausgespült. Ich werde nun den öffentlichen Ankläger sprechen lassen:
»Am 15. Frimaire werden neue Opfer bezeichnet: hundertzweiunddreißig werden dem Tode geweiht; es wird Befehl gegeben, sie zu erschießen, und Goullin, Grandmaison und Mainguet unterzeichneten diesen Befehl, der im Original vorliegt.
In der Nacht vom 24. zum 25. Frimaire werden 129 Gefangene aufs Geratewohl aus ihren Kerkern gerissen, gebunden und geknebelt nach dem Hafen geschafft, auf ein Lichterschiff gebracht und im Wasser ertränkt. Goullin führte das scheußliche Verzeichnis, Joly band die unglücklichen Opfer, und Grandmaison stürzte sie in die Loire.
Unschuldige Opfer, Kinder, die erst aus den Händen der Natur hervorgegangen, wurden von diesem neuen Caligula auserwählt; sie wurden den Fluten geopfert; die Bitten der Bürger vermochten die Herzen dieser Barbaren nicht zu rühren. Mainguet ist der einzige, welcher erklärte, er habe gegen fünfhundert der Ertränkung entzogen und ohne Wissen des Komitees der wohltätigen Pflege der Einwohner anvertraut.
Man werfe einen Blick auf ihr Privatleben, man betrachte sie einzeln: man sieht Goullin, der seine Kollegen despotisch beherrscht und sie zwingt, zu unterzeichnen, was seine Grausamkeit ihm eingibt. Man hörte ihn einer unglücklichen Gattin, die ihn um Nachricht über ihren Gemahl bittet, antworten:
›Ei, was geht das mich an! je eher er stirbt, desto eher werden wir sein Holz haben.‹
Überblicket das Leben von Chaux! Ihr werdet sehen, wie er in seinem Bezirk alle diejenigen, welche als seine Konkurrenten erscheinen, einschüchtert und bedroht, wie er sich die Meiereien des Gutes de la Barossière zusprechen läßt, ihr werdet ihn über ein Lokal, das ihm zusagt, äußern hören:
›Ich kenne ein Mittel, es mir zu verschaffen; ich werde den Eigentümer verhaften lassen, und er wird sich glücklich fühlen, mir sein Besitztum zu überlassen, wenn er nur wieder aus dem Gefängnis entkommen kann.‹
Perrochaux treibt kaltblütig Handel mit der Freiheit der Bürger. Die Tochter Brettenville bittet um ihren Vater. Als Preis seiner Freiheit fordert er, daß ihm die Bittstellerin ihre Ehre opfere. Er fordert von der Bürgerin Ollemard-Dudan 50 000 Franken, wenn sie nicht verhaftet werden wolle.
Grandmaison war ein Mörder vor der Revolution; nachher mißhandelte er alle Opfer, die er verhaftete; er eignete sich das sequestrierte Silbergerät an; er vollführte die Ertränkungen und unterschrieb die Todesurteile.
Joly vollstreckte die Hinrichtung; er bemächtigte sich alles dessen, was er fand: Kleinodien, Silberwerk, Kostbarkeiten, alles kam seiner Raubsucht gelegen. Er war der große Vollstrecker; er war es, der die zum Tode verurteilten Unglücklichen fesselte.
Bachelier, als Präsident, leitete alle Operationen des Komitees; er ließ alles, was seinen Vorteil beeinträchtigte, einkerkern; er eignete sich das Silbergeld, welches man als Spenden bot, zu und leitete alle nächtlichen Unternehmungen.
Naud allein legte die gerichtlichen Siegel bei den Privatpersonen an und hob sie auch wieder; er stellte in den Häusern der Gefangenen nächtliche Haussuchungen an und bemächtigte sich alles dessen, was ihm zusagte.
Pinard war der große Lieferant; er diente bei den ländlichen Expeditionen; er raubte und stahl ungestraft und lieferte jedem Mitglied des Komitees, was zum täglichen Hausgebrauch nötig war.
Gallen eignete sich das Öl und den
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