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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
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während einiger Sekunden sah man seine Augenlider zittern, als wollten sie eine Träne zurückhalten oder weinen. Als die Karren sich wieder in Bewegung setzten, klammerte sich eine andere Frau, welche, nach ihrer Kleidung zu schließen, der Bürgerklasse angehörte, an den Wagen, so daß sie beinahe gerädert worden wäre, und rief:
    »Steige zur Hölle, Verbrecher, beladen mit dem Fluch aller Gattinnen und Mütter!«
    Robespierre schien sie nicht zu hören. Man riß sie mit Gewalt fort, denn sie wollte den Wagen nicht loslassen, und der Zug setzte sich wieder in Bewegung.
    Es war ein viertel auf sieben Uhr, als er auf dem Platze der Revolution anlangte. Die Verurteilten stiegen aus. Gobeau, ehemaliger Stellvertreter des öffentlichen Anklägers beim Kriminalgericht und Mitglied des Gemeinderats, wurde zuerst hingerichtet. Maximilian Robespierre blieb gegen den Karren gelehnt stehen und kehrte dem Schafott den Rücken zu. Sein Bruder wurde von Gendarmen unterstützt; wegen seiner Wunde konnte er sich nicht auf seinen Beinen halten. Man hatte Couthon einen Stuhl hingestellt, auf welchem er bereits saß. Als Saint Just an der Reihe war, hinaufzusteigen, umarmte er den Gelähmten, und bei Robespierre vorübergehend, sagte er nur die Worte:
    »Lebe wohl!«
    Seine Stimme verriet keine Aufregung. Jener antwortete ihm mit einem Kopfnicken, wendete sich um und folgte ihm mit den Augen, bis er auf dem Fallbrett lag. Robespierre war der zehnte der Hinzurichtenden; er stieg allein, ohne jede Hilfe, hinauf. Seine Haltung verriet weder Prahlerei noch Feigheit. Seine Augen, der einzige Teil seines Gesichts, welcher Leben verriet, waren kalt, aber ruhig. Charles Henri hatte einen seiner Gehilfen beauftragt, den Verband, der den Kopf des Patienten umgab, wegzunehmen; dieser tat, wie ihm befohlen war, und zog die Leinwand mit den Bändern fort. Der Schmerz war entsetzlich, so daß der Patient einen schrecklichen Schrei ausstieß. Der lose Kinnbacken hing herab, der Mund öffnete sich weit, und das Blut floß heraus. Man stieß ihn eilig auf das Brett, und nach kaum einer Minute fiel das Messer nieder. Das Haupt Robespierres wurde dem Volke gezeigt, wie es mit dem des Königs und Dantons geschehen war; die Menge begrüßte es mit wiederholtem Beifallssturm.
Ende der Revolution
Coffinhal
    Das System der unerbittlichen Strenge hatte sich der Gemüter so sehr bemächtigt, daß der Gedanke an Gnade selbst den Männern nicht in den Sinn kam, welche behaupteten, daß dieselbe die nötige Folge der neuen Umwälzungen sein müsse.
    Während des 19. hatten die Verhaftungen ihren Fortgang gehabt.
    Alle Personen, welche das Dekret des Konvents außer dem Gesetz erklärte, waren nacheinander verhaftet und in die Gefängnisse geführt worden. Das barbarische Gesetz, welches jeden mit dem Tode bestrafte, der einem Geächteten eine Zufluchtsstätte öffnete, war noch nicht zurückgenommen worden. Die Robespierristen, die dasselbe erlassen hatten, fanden alle Tore verschlossen und keine freundschaftliche Hand der ihrigen geboten; wenige entkamen.
    Am 10. morgens gingen die Mitglieder des Revolutionstribunals, dem Konvent ihren Glückwunsch darzubringen. Fouquier begleitete die Deputation. Letzterer glaubte so fest an den erfolgreichen Eindruck dieser Maßregel, daß er unterwegs zu Soly, einem Gerichtsschreiber, sagte:
    »Das Volk muß zufrieden sein; die Guillotine geht ihren Gang, sie wird ihren Gang gehen und besser als früher.«
    Inzwischen hatte in der Sitzung vom 11. Elie Lacoste die Reinigung des Revolutionstribunals und die Einsetzung einer provisorischen Kommission für die Ausübung der Amtstätigkeit verlangt. Sein Antrag, von Thuriot und Turreau unterstützt, gelangte zur Abstimmung. Die Versammlung stimmte für die Aufhebung des Tribunals; gegen das Ende der Sitzung aber kam sie auf Billaud-Varenne's Bemerkungen wieder auf sein Dekret zurück und entschied sich für die Vertagung; endlich legte vor dem Schluß der Debatte Barère eine Liste der Mitglieder vor, die zu einem neuen Tribunal vorgeschlagen waren, womit zugleich die Abschaffung des alten einbegriffen war.
    Am 14. versetzte die gemäßigte Partei des Konvents der mörderischen Organisation der Schreckensherrschaft neue Schläge, indem sie verlangte, daß das Gesetz vom 22. Prairial zurückgenommen und die von ihr aufgehobenen Gesetze wieder in Kraft gesetzt würden. Der Antrag, den die Bergpartei selber unterstützte, wurde unter lebhaftem Beifall angenommen; Fréron bestieg

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