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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
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entging dem Tode nur durch ein Wunder.
    In seine Wälder zurückgekehrt, fuhr er ohne Aufhören fort, mit den Republikanern zu scharmützeln. Nach dem Rückzug von Puysaye war er zum Oberbefehl aller Truppen gelangt, und in dieser neuen Stellung zeigte er die außerordentlichen Eigenschaften eines Kriegsmannes. Er schlug die Blauen zu wiederholten Malen. In unaufhörlicher Bewegung, hielt er eine beträchtliche Zahl Truppen in Schach, warf sich auf sie, sobald er die Gelegenheit für günstig hielt, zog sich zurück, zerstreute seine Leute nach einer Niederlage und verlangte einen Waffenstillstand, um Zeit zu gewinnen, seine Leute aufs neue zu verproviantieren oder neue Banden auf die Beine zu bringen.
    Während eines solchen Waffenstillstandes und in der Absicht, von der englischen Regierung Waffen und Munition zu erhalten, ging er nach London und wurde den Prinzen vorgestellt, die ihn zum Generalleutnant ernannten und ihm das Ludwigskreuz und das rote Band verliehen. Endlich zwang ihn der General Brune, die Waffen zu strecken, konnte ihn aber nicht bewegen, sich der Regierung zu unterwerfen; er hielt noch ferner den Faden zu allen geheimen Schlichen, welche den Westen bewegten, in Händen; seine ehemaligen Soldaten zollten ihm eine Ergebenheit, welche frommer Verehrung glich; diese Gewalt über die Gemüter unterhielt er durch seinen Briefwechsel und durch sein persönliches Erscheinen in der Bretagne, wo die alten Chouans, indem sie ihre so lange Zeit brachgelegenen Felder bebauten, noch immer auf neuen Kampf sannen.
    In seinem unversöhnlichen Hasse gegen den, der den Thron der Bourbons beanspruchte, schreckte Georges Cadoudal vor keinem Mittel zurück, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Es ist nicht erwiesen, aber wahrscheinlich, daß er von dem entsetzlichen Unternehmen vom 3. Nivôse Kenntnis gehabt und es gebilligt habe. Das Mißlingen und die Bestrafung seiner Mitschuldigen konnte diesen eisenfesten Charakter nicht erschüttern; aber der Schrei der Mißbilligung, der von allen Seiten erscholl, machte ihn angesichts der Wahl der Mittel bedenklicher. Er entwarf einen Angriffsplan, welcher eine so ritterliche Seite hatte, daß der gehässige Charakter des Mordes dadurch abgeschwächt werden konnte.
    Jeden Tag begab sich der Erste Konsul nach Malmaison; ein Geleite von dreißig Reitern umgab seine Kutsche. In der Gegend der Schenke Chant du Coq, eine halbe Meile von Neuilly, war die Straße verödet; Georges nahm sich vor, sich in einer verlassenen Steingrube in der Umgegend mit einem Trupp Chouans, welcher der Zahl der Soldaten der Eskorte gleich wäre, zu verbergen; man wollte Vorkehrungen treffen, um die Straße zu versperren; er selbst wollte die Begleitung mit dem Säbel und der Pistole in der Hand angreifen und Bonaparte im Kampfe töten.
    War der Erste Konsul tot, so konnte Moreau nicht zaudern, seinen Einfluß auf die Armee geltend zu machen, um eine Restauration zu bewirken; es handelte sich also um nichts weiter, als Moreau zu gewinnen, wie man Pichegru gewonnen hatte. Aber der Sieger von Hohenlinden konnte nicht erbötig sein, seine republikanische Gesinnung ebenso billig zu verkaufen.
    Man hatte ihn ohne Erfolg durch den früheren General Lajolais, einen Freund Moreaus, und einen der Geächteten vom Fructidor, ausforschen lassen. Pichegru glaubte, er würde mehr Einfluß auf seinen ehemaligen Kollegen haben; er beschloß, nach Frankreich zu gehen, wohin Georges vor ihm abgereist war.
    Die Regierung war auf der Hut. Der Erste Konsul hatte geheimnisvolle Meldungen bekommen, die ihm Vorsicht anempfahlen. Einer dieser Briefe lautete:
    »Es schweben Dolche in der Luft; hüten Sie sich!«
    Die Küste war sorgfältig bewacht und eine Landung schwierig; sie wurde jedoch mit einer Kühnheit vollzogen, welche alle getroffenen Vorsichtsmaßregeln vereitelte.
    Einige Meilen von Tréport befindet sich das steile Gestade von Bréville, dessen Fuß mit Felsenriffen bedeckt ist, an welchen das an sich ruhige Meer sich mit Heftigkeit bricht, und erhebt sich zweihundertfünfzig Fuß senkrecht über das Meer; es schien unmöglich, daß ein Mensch, wenn er nicht Flügel hätte, einen Versuch unternehmen sollte, auf den Gipfel zu gelangen. Und doch drang Georges mit seinen Leuten auf diesem Wege der Reihe nach auf das französische Gebiet. Der englische Kutter, welcher sie trug, lavierte, solange die Sonne am Horizont stand; bei Nacht näherte er sich der Küste, auf die Gefahr hin, an den Klippen zu scheitern; eine

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