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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
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die sie von der Tribüne aus und durch die Presse mittels ihrer Reden und Schriften verbreiteten, sich an die Spitze der Verschwörung gestellt hatten.
    Die Armee war niemals der Restauration anhänglich, und das war gerade das Unglück dieser Regierung. Der durch die ruhmerfüllte Erinnerung an das Kaiserreich geblendete militärische Geist konnte sich nicht unter eine Fahne gewöhnen, die man erst infolge unserer verlorenen Schlachten entfaltet hatte. Im Jahre 1821 war Napoleon durch seinen Tod auf dem Felsen von Sankt Helena verklärt und zu einer Art Prometheus geworden, dessen sagenhaftes Andenken das Herz des Soldaten mit Begeisterung erfüllte. Die geschickten Werber für den Karbonarismus benutzten diese günstige Gelegenheit, die Regimenter zu bearbeiten, um in ihre Verschwörung auch ein militärisches Element zu bringen.
    Nur zu wohl gelang es ihnen mit dem 45. Linienregiment, in welchem sich einige Veteranen aus der Loirearmee befanden, ehemalige Unteroffiziere, welche die Restauration nicht in ihren Ämtern belassen hatte. Aber nicht diese hatten es am schlimmsten zu büßen, daß sie jener gefährlichen Aufregung Gehör gegeben hatten.
    Im 45. Regiment befand sich ein junger Sergeant, dessen feurige Seele von ehrgeizigen Bestrebungen erfüllt war; mit einem verführerischen Äußern und einer hinreißenden Beredsamkeit begabt, übte er einen unwiderstehlichen Einfluß auf seine Kameraden aus. Bories, so hieß er, nahm die ihm gemachte Eröffnung mit Begeisterung auf und organisierte bald im 45. Regiment eine Militärventa, deren Beistand für die beabsichtigte Empörung von großer Wichtigkeit gewesen wäre. Er stellte mehreren seiner Gefährten den Dolch des
carbonaro
, das Sinnbild der Gesellschaft, zu, welchen diese an ihre Brust drückten, ohne zu bedenken, was sie bereits bei dem Degen, den sie an der Seite trugen, geschworen hatten.
    Trotz der heiligsten Verschwiegenheit, welche die Verschworenen über ihr Geheimnis bewahrten, wurden sie doch durch gewisse Anzeichen entdeckt. Zu jung zu Verschwörungen, konnten sie ihre Gefühle nicht verhehlen, und dies genügte, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Im Augenblick, als das Unternehmen des Generals Berton auf Saumur fehlschlug, war Bories schon auf unbestimmten Verdacht verhaftet. Der Verrat krönte das Werk; einer der Vertrauten, schwächer an Geist und leichter zu entmutigen als die übrigen, ein gewisser Goupillon, ließ sich durch seinen Obersten das Geheimnis der Venta entlocken. Noch an dem Abend, wo dieses Geständnis stattgefunden, wurden alle Verschworenen nach dem Appell mitten unter der Kameradschaft verhaftet und in das Stadtgefängnis abgeführt.
    Fast alle machten mehr oder weniger umfassende Geständnisse, ohne jedoch die Schwäche Goupillons zu zeigen; Bories allein verharrte in hartnäckigem Leugnen. Von dem General Despinois, Kommandanten der Division, einem eifrigen Royalisten, besonders ins Verhör genommen, blieb er ebenso taub gegen Bitten wie gegen Drohungen. Besser gelang es dem General mit zwei anderen Mitgliedern der Venta, den Sergeanten Pommier und Goubin, gegen welche er jedoch, wenn man einem demokratischen Geschichtschreiber glauben darf, gewisse Untersuchungsmittel anwendete, die sich schlecht für einen Militärrichter schicken.
    Alle Angeklagten wurden nach Paris gebracht, um vor den Assisenhof der Seine gestellt zu werden, in dessen Bereich die meisten von ihnen ihren Wohnsitz hatten. Dies war übrigens der Gerichtshof für die bürgerlichen Verschworenen, die sich ebenfalls in diese Angelegenheit verwickelt sahen; denn da man damals kein Ausnahmegesetz hatte, so mußte man wohl alle Schuldigen vor denselben Richter stellen.
    Als sie sich in der Conciergerie vereinigt sahen, schlug Bories wieder den Weg der geheimen Beratung ein, weniger, um eine gewagte Verschwörung zur Ausführung zu bringen, als um das Leben der unglücklichen Opfer dieser Unbesonnenheit zu retten, und namentlich, um der Sache, welcher sie sich gewidmet hatten, eine Zukunft zu sichern. Bories wollte alles auf sich nehmen, um seine Mitgefangenen von der Schuld zu befreien und die Zentralventa, die Oberventa und endlich das leitende Komitee zu retten; denn letzteres hielt ja das Geschick der politischen Partei in Händen, welcher er den Sieg wünschte, und sollte die Morgenröte desselben erst sein Grab bescheinen.
    Dieses System einer verabredeten Verteidigung befolgten alle Angeklagten unwandelbar während der öffentlichen Verhandlung,

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