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Tagebücher: Jahre 1982-2001 (German Edition)

Tagebücher: Jahre 1982-2001 (German Edition)

Titel: Tagebücher: Jahre 1982-2001 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz J. Raddatz
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zu erweisen.
    Ich klemmte mich – auch das typisch für meinen «Seelenzustand»? – lieber zwischen die alten Freunde, rechts neben mir Ruth’chen (gegenüber der geradezu verstörend seinem Großvater, dem «Papa» ähnelnde Sohn) und links Gerd Schneider. Der hatte mir ein nun wiederum verstörendes kleines Portfolio mitgebracht mit alten Fotos, die ich alle nicht kenne und nicht habe; dazu bemerkte er: «Nein, die kannst du nicht kennen – die hat Dieter Dahnke gemacht.» Das war ein spießiger Kommilitone, dem ich eine Art «Nachhilfeunterricht» (in was eigentlich? In Benehmen?) gegeben hatte, der Professor wurde und nach der Wende als IM denunziert wurde; und zwar in der ZEIT. Pointe: Ich KANNTE eben doch EIN Foto – es war in meiner STASI-Akte, und seit Jahren wunderte ich mich, wie dieses Foto, ein Originalabzug, keine Kopie, in diese Akte gekommen sein kann, woher die eine echte Fotografie von mir hatten, die ich nie besaß und nie gesehen hatte. War das in der ZEIT also doch keine Denunziation? Mir fiel ein, daß dieser Dahnke damals Gerhard Schneider ängstlich gefragt hatte, ob ICH dahinterstecke (was der, richtig, emphatisch leugnete, da ich auf derlei auch gar keinen Einfluß hätte). Irgendwas stimmt da nicht. Wie angenehm, daß es nur noch historisch interessant ist.
    Heute brachte (als «Voraus» für mein morgiges Diner) ein Bote DREI wahrlich «phantastische» Kaltnadel-Portraits von Wunderlich. Was für ein bezauberndes Siegel unserer jahrzehntelangen Freundschaft. War sie vielleicht das Beste von allem?
    25. September
    Vergangenen Sonntag also mein «kleines, aber feines» Privat-Abendessen für den «harten Kern»: Grass, Wunderlich, Joachim Kaiser (dessen «Laudatio» auf mich von allen gepriesen wurde, während mir unisoni die Gäste in Berlin sagten, übrigens unter Berufung auf einen entsprechend wörtlichen Ranicki-Satz: «Wenn du solche Freunde hast, brauchst du dich um Feinde nicht mehr zu bemühen!»), Antje Landshoff brachte mir als Gastgeschenk einen Steinpilz mit, Kerstens und, natürlich, Gerd.
    Es war einerseits ein schöner Abend, alles fein geschmückt mit Blumen und Kerzen und dem feinsten Porzellan und, und, und, tatsächlich genossen auch alle alles, merkten sogar, daß es ein besonderer Bordeaux war – – – – – – und dennoch war es auch wieder, nun sagen wir: sonderbar.
    Wunderlichs Zauber-Portraits FJR wurden doch eher «mit Staunen» angesehen, nur der neuerdings seine Umgebung mit einem Schutzwall aus Lob einmauernde Grass hielt eine kleine Bewunderungsrede auf Wunderlich. Der wiederum saß fast den ganzen Abend stumm bei Tisch, hörte sich unser Altmänner-Gebrabbel «Weißt du noch, wie’s damals war?» an, mischte sich nur auf direktes Befragen à la «Wo waren SIE eigentlich in Gefangenschaft?» ein, schaute stumm auf das Grass-FJR-Portrait, mit dem ich die Menukarte geschmückt hatte – – – – und beobachtete doch ALLES ganz genau; wie sich nexten Morgen am «Vielen Dank»-Telefon herausstellte: Er hatte jeden Satz von Kaiser im Gedächtnis und auch, daß der eigentlich nur von sich sprach, sich gerne und reichlich Lob spendete; hatte genau Grass’ Empörung im Ohr, daß Kaiser – was er gerne und wiederholt berichtete – mit seiner Kolumne in der BUNTEN DM 2 MILLIONEN verdient hat; hatte genau die abstruse Pilz-Gabe Antjes beobachtet wie die «Ich fühle mich vernachlässigt»-Klagen der schönen Kersten-Frau Jacqueline (da er, einer der besten und gefragtesten Anwälte der Stadt UND ein hochgebildeter Schöngeist, der jeden Abend bis in die Nacht hinein liest, wohl kaum viel Zeit für die ihm neue Ehe-Situation aufbringen wird).
    So war eigentlich Wunderlichs Kommentar-Beschreibung des Abends fast das Beste dran. Er ist nun ein sozialer Voyeur – er WAR mal, damit tue ich ihm, der gerne Triolen lebte und zeichnete, wohl nicht unrecht, ein erotischer Voyeur.
    4. Oktober
    «Abschlußrezension» (wie Bilanzabschluß) Geburtstag: Zum einen war’s etwas komisch, wie ganz ungeniert hier bei Tisch in meiner Gegenwart erörtert wurde, welches denn nun mein «bestes Buch» sei (was ja immer besagt, alle anderen taugen eigentlich nichts). Das täte man doch bei Grass, mit Grass auch nicht? Grass würfelte dann für die Marx-Biographie, Kaiser, glaub ich, für die Heine-Biographie, Paul sagte gar nichts, und Kersten euphorisierte über die Tucholsky-Biographie. Im ganzen: taktlos.
    Nun also am Freitag die Abschluß-«Veranstaltung» im Hamburger

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